Benutzer:M Dietrich/Törnbericht 2021 Ostschweden: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Segeln, soviel steht für uns fest, ist die bei Weitem beste Form, Abstandsregeln einzuhalten. Und was die hochgelobten entspannten Dänen und Schweden angeht: Ja, Deutschland ist etwas krampfhaft im Umgang mit der Pandemie, viele Regeln, viele Maßnahmen ... Das ist in Skandinavien tatsächlich etwas anders. Da sieht man, wie fast alle Leute sich absolut risikogerecht verhalten. Abstand, auch unter Freunden, Warten vor Geschäften oder Restaurants, bis die raus sind, die gerade raus wollen, kein Gedrängel an der Supermarktkasse usw. Offenbar ist den Leuten irgendwann letztes Jahr gesagt worden, worauf es ankommt, und jetzt halten sich die meisten dran. Das ist tatsächlich entspannter als in Deutschland, wo bereits im Alltag der Glaubenskrieg "Maske oder nicht" tobt. Vielleicht sind wir einfach so. Umso erholsamer ist es, nach Skandinavien zu segeln.
Das Segeln, soviel steht für uns fest, ist die bei Weitem beste Form, Abstandsregeln einzuhalten. Und was die hochgelobten entspannten Dänen und Schweden angeht: Ja, Deutschland ist etwas krampfhaft im Umgang mit der Pandemie, viele Regeln, viele Maßnahmen ... Das ist in Skandinavien tatsächlich etwas anders. Da sieht man, wie fast alle Leute sich absolut risikogerecht verhalten. Abstand, auch unter Freunden, Warten vor Geschäften oder Restaurants, bis die raus sind, die gerade raus wollen, kein Gedrängel an der Supermarktkasse usw. Offenbar ist den Leuten irgendwann letztes Jahr gesagt worden, worauf es ankommt, und jetzt halten sich die meisten dran. Das ist tatsächlich entspannter als in Deutschland, wo bereits im Alltag der Glaubenskrieg "Maske oder nicht" tobt. Vielleicht sind wir einfach so. Umso erholsamer ist es, nach Skandinavien zu segeln.
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Aktuelle Version vom 30. Mai 2022, 16:24 Uhr

Vorbereitung


Noch steht das Boot in der Halle. Glücklicherweise ist letztes Jahr nichts, aber auch gar nichts kaputtgegangen, sodass wir im Winter nichts machen mussten. Wäre auch schwierig gewesen, nach SH einzureisen als „Ausländer“. In einer Woche wird gekrant, dann verproviantieren – und los. Aber halt: Vorher noch zum Impfzentrum und 2. Covid-19-Spritze abholen. Dann wäre das auch geklärt.


Letztes Jahr hatten wir ein bisschen Manschetten, in unser Lieblingsrevier Schweden zu fahren, weil die das ja doch ein bisschen anders gemacht haben als alle Anderen. Also haben wir uns den ganzen Sommer in Dänemark rumgetrieben und viele Ecken kennengelernt, an denen wir sonst immer vorbeigefahren sind. Jetzt aber wieder Schweden, und vielleicht sogar Finnland. Mal sehen, wer so welche Pandemieregeln hat. Der aktuelle Stand sieht extrem unübersichtlich aus, nämlich so : Pandemieregeln.pdf


Mal sehen, was sich alles unterwegs noch ändert.


21. Mai - On the road again ...


Willie Nelson hat es damals auf den Punkt gebracht, nur mit der Musik hapert es bei uns ein bisschen. Aber wir sind unterwegs!


Gestern war am Boot wirklich alles in Ordnung, alle Checks waren 100 % OK, wir beide sind frisch Covid-negativ getestet und haben seit gestern unsere zweite Impfung - mit kaum Nebenwirkungen, nur ein bisschen müde.


Und heute: Pünktlich um neun durch die Brücke in Kappeln, viel Wind aus Süd, deswegen nur die nagelneue Genua. Und Schweinewetter: Kalt, Nieseln, tiefhängende schwarze Wolken ... Bekleidungsliste: Musto-Unterwäsche, darüber Faserpelz-Nicki, darüber Faserpelz-Jacke, darüber Ölzeug, Handschuhe, Pudelmütze.

Kurz hinter Schleimünde mit Kurs auf Bagenkop ein Sonnenstrahl. Wo kommt der denn her? Tatsächlich ein kleines Wolkenloch. Das wird immer größer und bis 1 Std. vor Bagenkop segeln wir in der Sonne. Wärmer wird's dadurch nicht.

In Bagenkop alles leer. Wir stellen fest, dass wir von dem bisschen Segeln doch einigermaßen geschlaucht sind. So 'ne Impfung lässt sich offenbar doch nicht ganz locker wegstecken. OK, Schiff aufklaren, der Blick zum Himmel sagt: Kuchenbude, bitte. Bevor deren letzter Reißverschluss zu ist fallen die ersten Tropfen. 10 min später 18 m/s aus Süd und Wolkenbruch. Aber so was von Timing, wir freuen uns und machen verspäteten Mittagsschlaf. Und abends dann noch ausgiebiges Gewitter. das soll morgen nicht anders werden und wir freuen uns auf die Reize von Bagenkop , denn wir bleiben hier.


23. Mai - Bagenkop


Mann, war das ein Wetter gestern! Ein Schauer jagte den nächsten. Wind immer über 12 m/s und stark böig. Das Schiff lag auf der Backe, man hatte wirklich keine Lust, auch nur auf's Landklo zu gehen. Aber das wurde dann in der Nacht noch getoppt. Ein Höllenkrach im Rigg, Seegang unter dem Heck, man rollte in der Koje immer zur falschen Seite. Mal irgendwann gegen 02:00 h ein Blick auf die Instrumente: 18 m/s. Die Nacht war für nix und musste durch einen ausgiebigen Mittagsschlaf heute ausgeglichen werden.


Überhaupt sind wir noch gar nicht richtig fit, wie wir merken. Aussichtsturm hoch ging letztes Jahr noch zwei Stufen auf einmal, jetzt darf aber kein weiteres Stockwerk mehr kommen, wenn man oben ist. Das geht auf die Puste. Das ist aber sicher nicht nur der Impfung geschuldet, da steckt auch eine Menge Trainingsmangel drin. Kein Skilaufen diesen Winter, kein Fitnesstudio, nur immer wieder Fahrradfahren und lange Wanderungen im Moor. Das bringt's nicht wirklich.


Hier haben wir uns heute auch dem Wandern gewidmet. Ist schön hier.


Im Gegensatz zu gestern füllt sich heute der Hafen. Mola und 1. Klasse Yachten sind schon mit mehreren Booten da.


24. Mai - Immer noch Langeland


Heute in Spodsbjerg. Nach unfreundlichem Vormittag klarte es rasch auf, und wir sind los. Strahlende Sonne (die natürlich immer noch nicht wärmt), 10 - 12 m/s Wind, und ab ging die Post. Mit voll gerefftem Groß, also ganz ohne, haben wir die neue Genua mal getestet, wieviel Höhe die so alleine schafft. Im glatten Wasser der Abdeckung von Langeland waren das sagenhafte 35°. Aber dann nach Rundung von Keldsnor ging es gleich raumschots wieder nach Nord, immer mal wieder 7,5 kn auf dem Tacho. Wozu braucht man eigentlich Großsegel?


In Spodsbjerg toteste aller toten Hosen. Zwei deutsche Boote liegen hier, sonst niemand. An Land der Brugsen ist dicht für immer - also geht nix mit Einkaufen. Ist egal, denn wir sind noch voll proviantiert. Jetzt sind wir auf's Wetter gespannt, denn die Dänen haben schon wieder viel Regen vorhergesagt. Mist.



25. Mai - Fejö


Heute ein Wetterfenster - wir fahren ins Smalands Fahrwasser. Ein perfekter Raumschotskurs, sehr schnell, aber immer noch dichte Wolken, saukalt. Unterwegs, kurz nach Verlassen des Langeland-Belts, besuchen uns die ersten Tümmler dieses Jahr. Es sind ziemlich kleine Tiere, vielleicht Junge. Immer wieder preschen sie von achtern heran, schnauben kurz neben dem Cockpit und tauchen dann unter dem Schiff weg. Hübsches Spiel, nur wir wissen nicht, wie wir mitspielen sollen.


Fejö ist leer, nur ein dänisches Gastboot ist da.



Auf diese Weise ist das saugemütlich hier. Und gleich nach dem Anlegen kommt auch noch ein Wolkenloch und bleibt eine Stunde. Im Hafen nix, aber auch gar nix los. Einige alte Männer sitzen vor dem Bootsclub in der Sonne, andre schleifen und schrauben an Oldtimerbooten, von denen es hier viele gibt.



Und dann ist Fejö ja auch noch die Apfelinsel. Deswegen sind wir hier. Hoffentlich sehen wir noch einige späte Sorten in Blüte. Aber morgen wird's wohl nichts mit Inselrundtour. Dauerregen ist angesagt. Dann halt übermorgen.


27. Ma - Fejö II


Gestern zwar kein Dauerregen, aber ein Schauer jagte den nächsten. Da passte gerade mal ein kurzer Einkauf beim Kaufmann dazwischen, dann wieder Hundewetter. An Segeln nicht zu denken. Heute Morgen beim Aufwachen Vollflaute, aber immer noch vollständig bewölkt. Also auch nicht ablegen. Was sagt denn der Wetterbericht des DMI?


Meteorologens kommentar: Sol og varme på vej til Danmark


Das hört sich ja gut an. Da freuen wir uns drauf. Also heute noch mal körperliche Aktivität mit Radrundfahrt über die Insel. Alles blüht und wächst. Ein Mischgeruch aus Flieder und Raps hängt überall. Praktisch jeder, dem man begegnet, grüßt einen freundlich. Nette Insel! Bei einem Bauernhof bekommen wir frische Eier, tatsächlich in drei verschiedenen Farben.



Der Lagerschuppen am Hafen ist umfunktioniert. Zu was, zeigt diese nette Laubsägearbeit an der Wand:



Morgen geht's weiter nach Osten.


28. Mai - Klintholm


Sogar weit nach Osten. Allerbeste Windverhältnisse, 6 - 10 m/s immer raumschots oder halber Wind, sauschnell.


Klintholm ist natürlich noch leer, nur ein deutscher Segler hier, keine Holländer. Aber die Infrastruktur ist voll geöffnet, alle Duschen, Toiletten, der Brugsen - bestens.


Aber hier ändert sich einiges. Schon die Einfahrt lässt einen stutzen, denn die kennt man so gar nicht. Da sind sie dabei, südwestlich einen Wellenbrecher davorzubauen. Ob der später Anschluss zur Hafenmole kriegen soll, ist noch nicht zu erkennen. Und im Gästehafen gibt es die Längsseits-Liegeplätze an der Westkaje vor den Ferienhäusern nicht mehr. Dort stehen jetzt Pfähle - alles also Boxen. Die sind aber sehr kurz und breit und scheinen besonders geeignet für Motorboote.


Nun, wir wollen nicht lange bleiben. Morgen sehr früh geht's los nach Ystad. Das ist das einzige Zeitfenster für 4 Tage, wo es Wind gibt.


30. Mai - Ystad


... und was für Wind! Gestern sind wir früh los, es war fast noch Nebel. Kurz hinter den Kreidefelsen gab es dann ausreichend Wind, wenig später sogar viel: 10 - 11 m/s aus NW. Da war dann schon ein Reff fällig. Aus dem Dunst tauchten dann Windgeneratoren auf. Das sind die ersten, die auf Kriegers Flach schon ihren Betrieb aufgenommen haben. Und gleich danach wurden wir über die Funke angeblafft, uns bitte aus der Baustelle herauszuhalten. Glücklicherweise haben wir allerneueste Karten, wo die betreffenden Tonnen eigezeichnet sind, und konnten so zielgenau fahren. Waren nur ein paar Grad, die wir anluven mussten. Später haben wir gesehen, dass dort wohl noch mindestens zwei Jahre gebaut wird, so viele Fundamente stehen da schon.


Jedenfalls war es eine tolle Rauschefahrt nach Ystad, bis querab von Smygehamn der Wind plötzlich immer weniger wurde, weniger, und schließlich ganz weg. "Aber da vorne kräuselt sich doch das Wasser!" Richtig. Und als wir dort waren kam der Wind wieder, 180° entgegengesetzt aus SE, 14 - 16 m/s. Überraschung.


Und heute in Ystad Vollflaute. Manch einer legt ab und motort weiter - wir bleiben und machen eine Radtour Richtung Kabusa. Eine sehr schöne Gegend mit feinem Sandstrand, lichten Kiefernwäldern mit viel Waldmeister, Harzgeruch.



Zum Thema Pandemie übrigens: In Dänemark hat keiner etwas von uns gewollt. Deutsche Maßnahmen (Schnutenpulli, gesperrte Hafenduschen, Ellbow-Shake usw.) kennt man dort nicht. Auch nicht in Schweden. Hier ist Handschlag üblich. Ein bisschen Kontrolle am Eingang von Restaurants, die sind aber voll. Hier ein Bild der Innengastronomie:



31. Mai - Simrishamn (Au weia!)


Herrlicher Schlag heute. Der Wind kam spät und wir sind erst gegen 11 Uhr los. Schöne Backstagsbrise entlang der Küste Schonens. Im Schießgebiet Kabusa war nix los, also konnten wir mitten durch. Dann kam erst ein Gleitschirmflieger an der Steilküste in Sicht (tatsächlich nur einer)


und dann Ales Stenar


Diese "steinalte" (Achtung: Wortspiel) Schiffssetzung lassen wir heute mal links liegen und fahren weiter, vorbei an Leuchtturm Sandhammaren


und dann die Küste Schonens hoch nach Norden. Man sieht, dass die Bauern hier nicht arm sein können.


Und was ist jetzt mit "Au weia"? Simrishamn! Der Hafen mit seinen Stegen ist in Ordnung wie immer. Und wie immer muss man erst mal 300 m zum Hafenmeister, um dort aus dem Automaten sein Ticket und die Tally-Card zu ziehen. Falsch! Beim Hafenmeister ist natürlich keiner da (Dienstschluss 16:00 h). Und der Hafengeldautomat ist auch weg!! Presspanplatte stattdessen. Und ein Schild: Bitte bezahlen Sie online, und ein QR-Code - mehr nicht. Ich wieder zurückgeflitzt, Smartphone geholt, QR-Code gelesen, einigermaßen kapiert, was die wollen, und dann ging's ans Bezahlen. Kreditkartendaten wie beim Online-Shopping, und schließlich von meiner Bank die Frage nach einer online PIN mit Flicker-Code. Ab zum Boot (300 m!) , Kartenlesegerät rausgeholt - der Flicker auf dem Smartphone viel zu klein, ließ sich auch nicht vergrößern. OK, dasselbe nochmal mit dem Laptop - jetzt gings. Die Website meldet: "Alles OK. Geben Sie bitte die Nummer der Steckdose ein für Strom". Mein Stecker war in Nr. 1. 1 ist aber falsch, sagt die Website. Nach vielen Überlegungen: An der Stromsäule ist doch ein Tastenfeld mit 9 Ziffern, es gibt aber nur 4 Anschlüsse. Sollte man vielleicht da irgendetwas .... ? Aber was? Da war doch irgendwo auf der Website eine Zahl gewesen, so eine Art Buchungsnummer. Nein! Das ist der Code, den man an der Stromsäule eingeben muss, und dann kann man eine Steckdose wählen.


Das Ganze hat mich incl. Wegezeit 50 min gekostet. Eine Frechheit! Simrishamn sieht uns nie wieder.


1. Juni - Hanö


Erst noch mal ein Nachtrag zu dem Ärger mit den Harbour-Authorities in Simrishamn. Heute Morgen sah der Ex-Standort des besagten Ticketautomaten so aus:

Danach sind wir aber los, freundlicheren Zielen entgegen: Unserer Lieblingsinsel Hanö. Wenig Wind gegenan, also Kreuzen, aber insgesamt bestes Segelwetter. Die Regatta gegen zwei weitere deutsche Boote mit gleichem Ziel verlieren wir glatt. Beide mit nackten Masten, dafür 7,2 kn auf dem AIS - eine Oceanis 43 DS und eine Sirius 40, auch DS. Und dann kam Hanö in Sicht.


Schnell noch ein kurzer Walk zum Leuchtturm hoch, dann gibt's Abendessen.


Das Wetter ändert sich jetzt sowieso grundlegend.


2. Juni - Hanö II


Wir sind noch in Hanö. Ostwind mit 12 - 16 m/s macht keinen Spaß in der Hanö-Bucht, wenn man nach Osten will. Wollen wir aber. Hier im Hafen auf der Westseite ist es währenddessen schön gemütlich. Die Leute hier richten die Hafenumgebung ja unglaublich liebevoll ein. Überall sind kleine Sitzecken, kleine optische Überraschungen bis hin zu einem regelrechten Turistbyro. Hier einige Impressionen:

Die Frischwasserversorgung ist gewöhnungsbedürftig. Ein einziger Wasserhahn für die gesamte Außenmole. Aber der Schlauch reicht tatsächlich bis zur Hafeneinfahrt.

Morgen geht's nach Utklippan.


3. Juni - Utklippan


Was für ein Segeltag! Früh los, den ganzen Tag Sonne, beständiger Ostwind um 5 - 8 m/s - eine fabelhafte Kreuz nach Osten. So lieben wir das. Nur Kaaaaahhlt ist es immer noch. Sämtliche lange Unterwäsche an, Faserpelzpullover, Faserpelzjacken, zeitweise Handschuhe.


In Utklippan nur zwei Boote: ein Schwede im Stil eines Taiwan-Klippers und wir. Dann kommt noch eine deutsche Luffe 42 - das war's.


Die Vögel haben zumeist schon fertiggebrütet und verhalten sich auffallend still. Nur auf jedem einigermaßen hohen Felsen sitzt eine Wachmöve und passt auf die gar nicht mehr kleinen Jungen auf.


Der Leuchtturm und die ganzen Gebäude stehen ja auf einer separaten Insel im Süden. Aber dort kommt man mit dem hafeneigenen Ruderboot hin:


Sonst ist hier nichts los. Es kommt kein Hafenmeister, die Steckdosen sind stromlos. Aber es stehen alle 100 m nagelneue, äußerst modern designte Müllsammelbehälter herum. Die kann man offenbar mit einem großen Handgriff bedienen oder - ganz schick - mit einem Fußpedal. Allerdings: Beides geht nicht. Die Behälter bleiben zu. Oben blinkt in einem Display ein geheimnisvolles rotes Lämpchen, Der Deckel des Ganzen ist ein Solarpaneel. Brauche ich vielleicht eine App, damit ich meinen Müll loswerden kann?


Morgen müssen wir zusehen, dass wir in den Kalmarsund kommen, denn es ist tagelange Flaute angesagt.


4. Juni - Grönhögen


"Da capo" könnte man sagen. Genau wie gestern perfekter stabiler Wind aus ENE mit meist 6-8 m/s. Das ergibt eine schöne Kreuz in glatter See rüber zum Kalmarsund. Die Sonne scheint wie gestern, aber wärmt immer noch nicht. Nur in der Gegend von Utlängan frischt es bis 12 m/s auf, was uns für eine Stunde ein Reff einbringt, dann ist alles wieder wie gehabt. Das lange Bein führt uns bis zur Südspitze Ölands mit dem großen Leuchtturm Södra Udde.


Und weil es von da nicht weit ist, entscheiden wir uns für heute Abend für Grönhögen. Das ist ein etwas eintöniger Hafen mit hohen Betonmolen. War wohl früher für Fischerei und Industrie geplant. Jetzt ist er für Yachten ganz gut hergerichtet mit holzverschalten Mauern, Strom, Wasser und guten Sanitäranlagen. Das dazugehörige Dorf ist hübscher. Wir hatten mal gelesen, dass sich ein Ausflug an Ölands Södra Udde lohnt. Das wollen wir morgen machen mit den Fahrrädern, denn für morgen sind max 2 m/s Wind angesagt. Das ist was für SUPs, nicht für uns.


4. Juni ... und da war doch noch Pandemie


Es wird ja viel gerätselt, ob und wie man nach Schweden oder Finnland könnte. Hier deshalb unsere bisherigen Erfahrungen:


Aus Sicht der Vorschriftenlage


Vor der Einreise nach Schleswig-Holstein (aus Niedersachsen) waren wir 8 Std. vorher negativ getestet. Vor dem nächsten fälligen Test haben wir S-H seewärts verlassen. Dieser Test galt auch noch bei der Einreise in Dänemark. Vor Fälligkeit des dortigen 2. Tests haben wir Dänemark in Richtung Schweden verlassen.


Am Abend vor der Abreise nach Schweden haben wir mit bordeigenem Material und creweigenem Medizinpersonal wieder zwei Tests gemacht, beide wieder negativ.


Zur Kontrolle: Weder in S-H noch in Dänemark noch in Schweden hat uns bis jetzt irgendjemand angesprochen.


Aus Sicht der eigenen Gesundheit


Für uns das Wichtigste sind nicht die Tests, sondern die Tatsache, dass wir beide zweimal geimpft sind, und zwar vor über zwei Wochen inzwischen. Mit Masken fallen wir in Dänemark und in Schweden extrem auf. Abstand halten muss man schon selber. Die Dänen oder Schweden kommen nicht auf sowas. Die Hafenmeisterin in Hanö - die wir gut kennen - wollte uns sogar umarmen. Aaaaber: Hände desinfizieren. Da legen die Schweden und ganz besonders die Dänen Wert drauf.


Fazit: Wir fühlen uns in Schweden eigentlich sicher. Man muss nur ein bisschen auf den Abstand achten.


5. Juni - Grönhögen II


Und tatsächlich: Heute Vollflaute. Wolkenloser Himmel. Der Sommer ist da. Der Hafen ist leer.


30 Boote seien dieses Jahr erst hier gewesen, sagt der Hafenmeister. Ein äußerst freundlicher Mensch übrigens. Und es ist Sommer.


Wir machen jetzt unsere Radtour nach Süden. Dort beim Leuchtturm befindet sich ein Vogelbeobachtungszentrum, was die vielen Menschen mit extrem teuren Spektiven erklären kann, die da rumlaufen. Außerdem ist Sommer.


Bei genauerem Hinsehen beobachten die aber keine Vögel, wohl weil keine da sind. Das Interesse gilt den Seehunden auf den Steinen draußen. Einige Heuler heulen noch. Sagte ich schon, dass jetzt Sommer ist?


Auf den massiven Leuchtturm darf man nicht hoch. Eine der wenigen sichtbaren Pandemieschutzmaßnahmen.


Morgen soll es etwas mehr Wind geben, etwa aus Südwest. Da können wir vielleicht mal unseren Gennaker lüften.


6. Juni - Färjestaden


Heute ging's weiter nach Norden, zunächst mit gerade mal 3 m/s. Aber aus der richtigen Richtung, und der Genni kam tatsächlich raus.


Mit der Zeit kam der Wind auf Touren, wie so ein 100 Jahre alter Trecker, der erst sein Schwungrad hochdrehen muss. Zum Schluss lagen wir bei 12 m/s platt von achtern. Kalmar Schloss kam in Sicht.


Wir sind aber nicht nach Kalmar rein. Dort ist es uns zu laut, und - ehrlich gesagt - auch zu viele Menschen auf einem Haufen. Is ja man immer noch Pandemie, nich. Stattdessen Färjestaden genau gegenüber auf Öland. Ein geräumiger Hafen, gut geschützt. Der eigentliche Grund, weswegen wir hierher gegangen sind, ist aber, dass es hier einen absolut genialen Supermarkt geben soll, also mit


Delikatessenabteilung und allem. Und da wir in den Proviantschapps mittlerweile schon erkennbare Lücken haben, bietet sich das an. Morgen also die großen Rucksäcke, und Einkaufen.


7. Juni - Stora Rör


Gestern Abend haben wir noch mal bestätigt bekommen, dass die Häfen auf der Ölandsseite die bessere Aussicht haben. Abendsonne gibt es eben nur hier, und dann noch gleich mit Kalmarsundsbro.


Heute das Einkaufen war nicht ganz so toll, wie von anderen beschrieben. Keine riesige Delikatessabteilung mehr, aber doch noch ein Frischfischhandel (frischer Dorsch, hmmm!), Serrano-Schinken, frisch geschnitten, Pecorino-Käse - Immerhin.


Voll verproviantiert sind wir los - mitten in die Flaute. Vor Kalmar und unter der Brücke musste dann der Motor an, aber auch gleich wieder aus, als der Wind wiederkam. Und wir wollten ja nicht weit, nämlich nach Stora Rör. Das ist knapp nördlich von Kalmar auf Öland. Sehr schnuckeliger Hafen. Hier liegen wir das erste Mal an Heckboje. Herrliche Aussicht über den Kalmarsund. Und im Hafen blüht der Mohn.


Es gibt hier ein Kaffee und einen kleinen Laden, aber alles ist noch zu, öffnet erst nächste Woche. Und ein Hafenmeister lässt sich auch nicht blicken. Und noch ein Nachtrag: Der Hafenmeister kam dann doch und mit ihm der Code für nagelneue Sanitäranlagen. Allererste Sahne, die Duschen. Und eine Sauna gibt's dort neuerdings auch.


8. Juni - Kiddeholmen


Unser erster Schärenliegeplatz dieses Jahr. Eine kleine Bucht knapp südlich Oskarshamn, in der man exzellent ankern kann. Draußen hört man die leichte Brandung des Kalmarsundes, hier drin ist Ententeich.


Das war mal ein Tipp aus Skipperguide, dort aber als kompliziert anzulaufen beschrieben. Ist nicht wahr. Es gibt eine einwandfreie Betonnung. Aus Stora Rör los war erst mal sehr, sehr wenig Wind - wir schlichen. Wir waren fast schon dabei, in Borgholm einzulaufen, da sprang der Wind an. Immer schneller ging es vorbei an Schloss Borgholm


und dem bescheidenen Sommerhäuschen des Königs Solliden.


Beim alten Leuchtturm Dämman

Bid:8 6 4.JPG


dann richtig gut Wind knapp raumschots. Gennaker raus, und das Boot machte einen Satz. In wenigen Minuten 8,4 kn - Rumpfgeschwindigkeit. Und das in glattem Wasser, die reinste Raserei. Später mussten wir immer mehr abfallen und den großen Blauen schließlich ausbaumen. Lief aber immer noch perfekt.


Jetzt hier in der Bucht sind wir alleine, das heißt natürlich Schwäne, Eiderenten, Reiher, Seeschwalben usw sind auch noch da.


9. Juni - Figeholm

Es war nur ein kleiner Hupp von Kiddeholmen nach Figeholm. Der erste Hafen mit einer klassischen schwedischen Einfahrt - Massen von Tonnen.


Im Hafen selbst erst mal Achtung auf Wegerecht, denn die Segelschule unterrichtet gerade.


Gut, dass wir hier schon um die Mittagszeit sind. Hier gibt es gute Waschmaschinen, und von denen werden jetzt erst mal 4 Ladungen gewaschen. Alles wieder sauber! Und ab jetzt ist Schärensegeln. Also wird die Genua verpackt und stattdessen kommt die Selbstwendefock drauf. Und außerdem wird das Gummiboot aufgebaut und ab jetzt hinterhergezogen.


11. Juni - Stora Vippholmen


Nicht weit von Figeholm - nur knapp 4 Std - liegt St. Vippholmen, ein Schärenensemble mit vielen, vielen Liegeplätzen. Auf dem Weg dorthin rauscht es hinter uns ungewohnt - das Dinghi.


Und irgendwie scheint sich das Wetter ändern zu wollen.


Noch ist strahlende Sonne, wie auch die letzten Tage, und sehr gleichmäßiger Wind aus beständiger Richtung. In St. Vippholmen ankern wir erst alleine, später kommt noch eine deutsche Yacht dazu. Das Wasser ist sage und schreibe 21° C warm Das erzeugt ausgiebige Schwimmtouren in die Umgebung. War es nicht noch vor kurzem ziemlich kalt?


12. Juni - Västervik


Weiter nach Norden. So langsam zeigen die Gewässer ihre Eigenheiten. Es gibt nicht nur Leuchtfeuer und Tonnen, sondern auch Baken. Wie z.B. die hier an der Durchfahrt bei Förö:


Und dann kommt die beeindruckende Sparö Bake vor Västervik in Sicht, gegen die sich der zugehörige Leuchtturm regelrecht mickrig ausmacht.


Hier geht es dann noch durch den engen Sparö-Sund, wo die Felswände fast in Bootshakendistanz stehen, und dann sind wir auch schon da. Wir fahren nicht nach Västervik rein, wo der große kommunale Yachthafen liegt und noch etliche andere, sondern nehmen gleich im Südosten den Hafen Solbergsudde, einen Clubhafen mit wenigen Gästeplätzen. Dort liegen wir super-ruhig. Die Gastgeber sind äußerst angenehme Menschen. Und mit den Rädern in die Stadt ist es nur 1/4 Stunde. Ein herrlicher Platz.


14. Juni - Covid-19-Maßnahmen in Schweden


Jetzt gibt es zu dem Thema was zu berichten. Nicht von uns direkt, aber gestern Abend kam noch ein deutsches Boot in unseren kleinen, schnuckeligen Clubhafen. Eine 13-14 m lange Holz-Sloop, frisch vom perfektesten Refit. Sah aus wie frisch vonner Werft. Und diese Leute waren zuvor eigentlich in ihrem Zielhafen gewesen, das hier war sozusagen der Nothafen.


Sie wollten in Västervik City in Björn Ulväus seinen Slottsholmen-Hafen. Waren auch dort, dann kam aber die Polizei. "Pandemiekontrolle". Sie wollten die Dokumente sehen, mit denen das Einhalten der schwedischen Regeln belegt wird. Testung vor Einreise? "Braucht man das?". Logbuch zum Nachweis der mehr als 14-tägigen Anwesenheit in Schweden in Quarantäne? "Wir sind erst 9 Tage hier". Wenigstens geimpft? "Drei von uns haben die erste Impfung". Und daraufhin hieß es "Legen Sie bitte ab und fahren Sie weiter. Sie können noch Wasser voll tanken".


Daraufhin sind sie hierher in der Hoffnung, dass auf diese Halbinsel ans Ende einer Sackgasse so schnell keine Polizei kommt. Wollte ich nur erzählen.


14. Juni - Västervik II


Hier in Solbergsudde haben wir uns jetzt einige Tage aufgehalten. Tolles Wetter, herrliche Natur, weite Radwanderwege - hier kann man's aushalten. So sieht der Hafen von der gegenüberliegenden Insel aus



und so die Insel vom Hafen


Das sind die typischen Sommerfelsen in Schweden, wo sich auf jedem irgendwelche Grüppchen bilden. Mal wie hier ziemlich angezogen, mal ganz ohne. Auf dem Weg in die Stadt hat man einen guten Blick auf das neue Hotel von Björn Ulvaeus (ABBA) Slottsholmen.



Dazu gehört auch ein Yachthafen bei dem die Preise aber bei SEK 300,-- anfangen und ein äußerst arrogantes Jüngelchen im Hafenbüro mitteilt, dass man sich bitte online anzumelden habe. Bei ihm geht das nicht. Wir sind sehr zufrieden mit unserem Solbergsudde, wirklich.


15. Juni - Häfsö


Na, das war noch eine Nacht. Gut, dass wir im Hafen geblieben sind und noch nicht in die Schären aufgebrochen. Der Wind legte zu und legte zu. In der Nacht bin ich dann vom Lärm im Rigg aufgewacht und habe mal nachgesehen: 19 m/s auf dem Windy, und das in Lee vom Solberg und der ganzen Stadt Västervik. Da lieg ich doch lieber an einem Fingersteg und hänge nicht an zwei Felsnägeln an der Schäre.


Auch heute hat's noch gekachelt, so im Mittel mit 12 m/s. Aber wir sind dann mal los, wollten zu "unseren" Felsen. Da immer halber Wind haben wir nur das Vorsegel gesetzt, hat trotzdem für 6 kn gereicht, was hier in diesen engen Fahrwassern fast schon zu schnell ist. Und über allem wieder strahlende Sonne, nur kalt ist es plötzlich wieder. Dicke Jacke an, Wassertemperatur gar nicht ansehen (12,5° C).


Aber jetzt ist auch die Zeit der kurzen Trips angebrochen. Nach 17 nm sind wir schon da, eine schnuckelige Ankerbucht bei Häfsö, was nicht weit von Loftahammar ist. Und hier sind sie, die Felsen.


Aber das ist doch binnen! Wie kommt man da denn raus? Ich kann versichern, es gibt sage und schreibe 4 Ausfahrten!


16. Juni Harstena


Heute Morgen beim Aufwachen: Stille! Absolut nichts zu hören. Kein Vogel, keine Welle plätschert, kein Wind macht irgendein Geräusch, denn es ist Vollflaute. Kein Außenborder läuft in der Ferne, schon gar kein Auto zu hören. Das ist Ankerbucht vom Feinsten. Dann aber: Ein Kuckuck. Hat der sich verkuckuckt? Es ist Mitte Juni, wo will der denn jetzt noch ein Weibchen herkriegen. Beim ersten Rundumblick ebenfalls nichts außer Wasser und Inseln. Aber dann doch - ein Reiher beim Frühstück.


Nach Anker Auf und erstem Wind geht's nach Norden, immer dem Fahrwasser lang. Das nannte man früher wegen seiner Verkehrsdichte "Die E4 zu Wasser". Dieses Jahr ist es leer, komplett leer. So sieht das aus, die weißen Strukturen sind Leuchtfeuer.


Praktisch alle 2 Meilen steht da so ein Ding, und es möchte beachtet werden. Man sieht, warum.


In Harstena selbst fahren wir nicht in den Dorfhafen. Dort ist es immer sehr eng und auch umtriebig. Stattdessen fahren wir weiter nach Norden in den großen Flisfjärden zum Ankern. Und diese Bucht ist leer. Als wir das letzte Mal dort waren lagen da rund 100 Boote. Langsam wird’s unheimlich.


Mit dem Schlauchi an Land und ein Spaziergang durch die wunderschönen Wälder zum Dorf und zum Hafen. Und auch dort: Keiner da, der Laden zu, das Restaurant im Umbau. Nur vor dem Stegende liegt ein riesiger Schwimmponton mit Müllcontainern drauf – Super hässlich. Nächste Woche ist Midsommarafton. Was ist hier los?


17. Juni - Clubhafen Bråvikens Segelsällskap


Noch vorgestern Abend im Flisfjärden ein Ereignis: Ein zweites Boot kam rein - unter Segeln durch die enge Einfahrt hochkreuzend und dann unter Segeln an den Anker gehend. Eine kleine Spaekhugger unter dänischer Flagge mit zwei Leuten an Bord. Wie lange ist das her, dass ich sowas auch gemacht und auch gewollt habe? 45 Jahre? Fest steht: Wir sind alt geworden. Heute wird in so eine Bucht reinmotort. Hm.


Nach Anker Auf mit mäßigem Südwind ab weiter nach Norden. Zunächst zur Erholung über freies, unbetonntes Wasser nach Kompass, und dann Einbiegen in den sog. Kronleden. Was und wo das ist haben wir einer alten Broschüre des Svenska Kryssarklubben entnommen, die wir mal vor rund 20 Jahren von einem Schweden bekommen hatten. Ein in den offiziellen Sportbootkarten nicht definiertes Fahrwasser, das aber tiefe und reine Ufer an den unzähligen Schären hat und parallel zum eigentlichen Fahrwasser läuft. Spektakuläre Landschaft, sehr schön. Hier begegnen wir auch unserem ersten Adler, der prompt von zwei Möven attackiert wird.


Am Ende ist man dann schon in Arkösund, und dort wollen wir erst mal tanken. 20 l Diesel fehlen schon. Automatentanke. "Leider keine Quittung möglich". Na ja! Dabei fällt der Blick auf den benachbarten Yachthafen, in den wir eigentlich wollten. Was soll man dazu sagen? Unattraktiv? Nö, hässlich. Wir machen uns auf den Weg zu einem kleinen Clubhafen, den uns mal eine sehr nette Motorbootfahrerin vor Jahren auf einer Schäre empfohlen hatte. Das ist nur 2 nm weg. Und siehe da: Wunderschön gelegen zwei Stege, sehr nette Leute, Ja, Gäste sind willkommen. Wer sagt's denn. Und dann kommt die Hafenmeisterin. Es ist dieselbe Frau, die uns seinerzeit weiter im Norden diesen Tipp gegeben hatte. Eine herzliche Begrüßung - aber auf Distanz. Hier bleiben wir erst mal. Später stellt sich raus: Die haben eine holzgefeuerte Sauna. Ja, nix wie rein!


18. Juni - Snedskär


Des Rätsels Lösung für die extrem wenigen Boote unterwegs erfahren wir hier von den Clubmitgliedern: Es sind noch keine Schulferien. Heute war noch Unterricht! "Wartet mal ab. Nächste Woche geht's los". Wieder schlauer.


Der Hafen hier heißt übrigens Snedskär und hat drei (nicht zwei) Stege. Alles sehr schön hier mit Clubhaus, Badeplatz, unzähligen kleinen Sitzplätzen, und alles top gepflegt. Die Leute hier geben sich Mühe. Wir sind mit den Rädern nach Arkösund gefahren zum Einkaufen, aber dort sind die Regale noch leer. "Ist aber alles schon bestellt. Kommt bald". Wenn man an Land will (ja, das hier ist eine Insel), muss man übrigens eine kleine Seilfähre selbst betätigen.


Jetzt ist hier die deutsche Hitze angekommen, so etwa 35° C. Bis gestern noch bitter nötig müssen jetzt die Daunendecken aber wirklich weg und durch Sommerdecken ersetzt werden. Vorher nochmal kräftig lüften.


19. Juni - Snedskär II


Hier gehen wir nicht so schnell weg! Das ist ja herrlich! Heute ist Samstag, und wie angekündigt geht hier der Betrieb richtig los. Eine Crew nach der anderen kommt mit Taschen und Beuteln und bezieht ihr Schiff. Plötzlich ist überall ein Geschnatter, Kinderstimmen, auch vereinzelt Hundebellen. Und gegen Mittag fangen dann die ersten an, abzulegen. Es ist eine Art Wochenendgeschwaderfahrt, vielleicht auch Ansegeln, das kriegen wir nicht so richtig raus. Die, die nicht losfahren, schauen von einem der vielen Sitzplätze in den Felsen zu.

Plötzlich ist der halbe Hafen leer. Bei all diesen Manövern fällt auf: Niemand benutzt ein Bugstrahlruder. Und von den Hauptmaschinen hört man außer Leerlaufdrehzahl rein gar nichts. Passt vielleicht dazu, dass es hier kein einziges Boot gibt mit Rollgroßsegel.


Wir machen nochmal in der jetzt einsetzenden Flaute eine kleine Radtour. An Land gibt es frische Eier von einem kleinen Hühnerhof zu kaufen. Direkt an der Straße, Geld bitte in den Beutel.

Und dann lernen wir, wie die Schweden mit besonders schützenswerten Bevölkerungsgruppen umgehen:

Für diejenigen, die besser Griechisch als Schwedisch können: "Fahr vorsichtig! Spielende Rentner!"


Überlegungen zum Begriffspaar "Segelsport" und "Fahrtensegeln", in der Sonne liegend


Min Fru und ich haben nachgedacht. Was wir machen, heißt ja allgemein "Segelsport". Jeder Segelverein ist ja auch Mitglied im Deutschen Sportbund. Aber was ist am Fahrtensegeln "Sport"? Ja, natürlich: Segel setzen, Schoten dichtholen - OK. Aber die Pinne festhalten beim Kurshalten? Oder ist etwa den Kartenkurs in Kompasskurs umrechnen Denksport?


Doch! Fahrtensegeln ist Sport, nur nicht auf den ersten Blick. Hier unsere überraschenden Erkenntnisse zu den unbemerkt ausgeübten Sportarten:


  • Schwimmen (Immer am Anker von der Badeplattform)
  • Radfahren (Zum Einkaufen oder einfach so)
  • Gewichtheben (Fahrräder aus Backskiste und an Land und vice versa / Schlauchboot unter Vorschiffskojen rausholen und zu Wasser / Segel an- und abschlagen)
  • Bodenturnen (In die und aus der Koje krabbeln / Boiler unter der Backskiste reparieren / Bratpfannen unter dem Herd vorholen)
  • Bergsteigen (Auf den Schären herumkrabbeln / Bei 15° Lage von Lee nach Luv / Niedergang rauf und runter)
  • Expandertraining (Festmacher dichtholen bei Wind / Heckanker mit Kettenvorläufer aufholen)
  • Schachsport (Bei Regen unter der Kuchenbude)


Ist doch so, oder?


21. Juni - Broken


Wieder ein Uthamn eines Segelclubs, diesmal der Nyköpings Segelsällskap.


Wir sind bei wenig Wind, aber aus der richtigen Richtung (SE) gemütlich hierher gefahren. Im Umfeld von Arkösund waren noch viele Boote unterwegs, und wir dachten schon, die Einheimischen am Steg hatten Recht und die Saison geht jetzt los. Je weiter wir nach Norden kamen, desto weniger Boote wurden es, schließlich nur noch drei im Blickfeld. Sehr dunstiges Wetter verhinderte aber weite Sicht, was recht gut war, denn so sah man den riesigen Stahlwerkskomplex von Oxelösund erst knapp 3 Meilen vorher. Muss man nicht haben. Aber dran vorbei, und schon ist man wieder in herrlichen Schären.


Der Anleger Broken liegt in einer Bucht, die doch ziemlich flach ist. An den Ufersteg kommen wir mit unseren 1,90 m nicht ran.

Es gibt aber noch in tiefem Wasser einen Schwimmsteg, wo wir dann mit Heckanker angelegt haben. Perfekt. Wasser gibt es hier natürlich nicht, Strom schon. Man braucht aber komischerweise einen Adapter von CEE auf Schuko. Der Blick auf das vorbeiführende Fahrwasser zeigt übrigens einen Teil der gut betonnten Einfahrt.

Die Insel selbst ist sehr schön. Ein Highlight ist - tatsächlich - die Plumpskloanlage. Toll gelegen mit perfekter Aussicht hat die doch tatsächlich eine Wasserspülung.

Am Südufer gibt es eine Sauna - pandemiebedingt geschlossen - mit herrlicher Aussicht.

Und direkt neben dem Schwimmsteg erste Futterübungen der frisch geschlüpften Schwäne.

Was sagt der Wetterbericht? Flaute und Nebel. Wir bleiben erst mal hier. Und was sagt der Hafenmeister in Broken zu der Frage, wann denn die Saison beginne? "In Sweden you have got 6 weeks vacation and you can take it whenever you want, if it's only in July"


22. Juni - Nyköping


Tschüs, Broken! Das war sehr nett hier. Und hier haben wir uns von den Einheimischen überzeugen lassen, dass wir nach Nyköping müssen. Nein, das sei keine gesichtslose moderne Stadt, wie der Name vielleicht suggeriert, sondern uralt. Und da wir sowieso Wasser brauchen und mal wieder Bargeld und Einkaufen - ab nach Nyköping. Ist nicht gerade der tolle Segeltrip, denn das letzte Viertel der Strecke geht's über Flachwasser durch eine Baggerrinne, also Motor.


Der Gästehafen liegt gleich zu Anfang des Hafenkomplexes. Alles Fingerstege, nur die Hälfte davon tief und breit genug. Und: Der Hafen ist mal wieder leer. Ein Boot liegt zwischen den Auslegern, drei deutsche Yachten jenseits der 40 Fuß außen längsseits. und direkt neben de, Hafen ein seltsames, gigantisches Schwimmbecken.


Wie sich herausstellt ist das eine Kanurennbahn, 1 km lang. Das Kanu-Leistungszentrum Schwedens. Warum ist das denn ausgerechnet hier? Aus Nyköping stammt der mehrfache Goldmedaillengewinner und Weltmeister im Paddeln Gert Fredriksson. Der hat noch mit 41 Jahren seine letzte Goldmedaille gewonnen. Das isser:



Die Stadt selber ist tatsächlich sehr nett, gelassene Atmosphäre. Entlang des Flusses gibt es einen herrlichen Weg unter riesigen, alten Bäumen. Dabei geht es an der mächtigen mittelalterlichen Burg Nyköpingshus vorbei, dem Kern der Stadtgründung.



Der Hafen ist übrigens sehr teuer: SEK 330,-, allerdings all in. Nach der Begründung gefragt meint der Hafenmeister, der Hafen sei sehr beliebt und stark nachgefragt. Wie bitte? Kurz vor Mittsommer sind gerade mal 4 Gästeboote da? Ja, aber die gute Flugverbindung nach Deutschland, die werde gerne genutzt. Flugverbindung? Nyköping? Des Rätsels Lösung: Der Flughafen Stockholm Skafsta liegt nicht bei Stockholm, sondern bei Nyköping - 25 min mit dem Bus entfernt. Ryan Air fliegt von dort zweimal pro Woche nach Deutschland.


24. Juni - Aspö


Weg aus der Stadt, nachdem wir alles erledigt haben. Wieder die langweilige Baggerrinne raus, immer der Blick ins Wetter, denn gestern Morgen hat es ziemlich gegossen, und die Wolken hingen noch ziemlich dick in der Gegend rum. Und dann hat es uns doch erwischt, es regnete. Schnell das Kartenpaket von Hydrographika (1:10.000), das wir hier benutzen, in die Plastikhülle gesteckt. War nicht nötig, wie sich später herausstellte. Denn erstens war die Hülle nicht dicht und das Wasser lief rein, und zweitens macht das den Karten nichts aus. Die sind nämlich aus irgendeinem Plastik.


Auf dem Weg nach Landsort kommt man an vielen schönen Buchten vorbei, wir nahmen die am besten geschützte bei Aspö. Heckanker runter, Hupp an Land, Felseisen gekloppt - fest. Gleichzeitig kam die Sonne. Sehr schön. Wassertemperatur 20,5° C.


Das sind die Felsen, die hier Windschutz geben - höher als der Masttopp.



Bis zum Abend lagen hier 4 deutsche Boote und nur ein Schwede. Dieses Folke wurde einhand von D hierher gesegelt:



Heute weitersegeln? Hm! Kein richtig eindeutiger Wetterbericht, das Barometer hängt fest, sehr schwarze Wolken im Norden, nur bei uns Sonne. Und dann plötzlich das Nebelsignal von Landsort, was ja nur ein paar Meilen im Osten ist. Da bleiben wir doch und sehen uns die Gegend an. Es gibt hier nämlich tolle Wanderwege an Land, Verbindung der Inseln durch Hängebrücken.



Diese Kiefer hier hat sich auf nacktem Fels tapfer geschlagen:



Und dann macht das Wetter doch ernst - ab unter Deck!



25. Juni - Soviken


Heute nach dem Morgenkaffee Wetterbericht geguckt: Heute brauchbares Wetter in der Gegend mit wenig Wind, morgen und übermorgen aber Dauerregen und ergiebig. Pfui Deibel! Dann aber los und in Nynäshamn verkrümelt. Wo es ging haben wir die breiten Gewässer ausgekreuzt wegen - wenn überhaupt - Ostwind. Und dieses "wenn überhaupt" führte dann doch zu mehreren Motorstrecken. Kurz vor der Durchfahrt zwischen Torö und Öja aus Jux und Tollerei nochmal aktuellen Wetterbericht abgerufen. Und was sagt der plötzlich? Nix Regen. Also ganz aktuell Projekt Nynäshamn abbrechen, Haken schlagen und in der Soviken ankern. Schöner Platz, obwohl dicht am Fahrwasser.



In der Ferne sieht man von hier die äußersten Teile des Hafens in der Norrviken von Landsort und dahinter den berühmten Leuchtturm.



Jetzt ist der Wind weg, die Sonne sticht - Badetag.


27. Juni - "Landsort" oder Norrviken / Öja


Gestern mal wieder umlaufende Flaute. Dabei aber immer wieder Gewitter in allen Himmelsrichtungen, nur bei uns nicht. Sowas wollen wir nicht haben und blieben in unserer Bucht. Was richtig war, denn



diese eine einzelne Gewitterbö kam dann doch. Danach wieder eitel Freude und Sonnenschein.


Heute wollten wir uns Landsort ansehen, weil viel davon gehört. Sind nur zwei Meilen, also Motor. Vorbei an den Resten des Mittsommerfestes. Auch Motorboote können also gut aussehen.



Und dann in Landsort böse, böse Überraschung: Der Hafen ist hässlich und ungepflegt. Zwei Betonpiers. Von den Heckbojen, die Gerti Claußen in ihrem Führer erwähnt gibt es nur 4. Und nur an deren Position gibt es den versprochenen Strom - ganze 4 Steckdosen. Wasser soll es angeblich auch geben. Gibt es auch: 10 m vom Kai weg ein einziger Wasserhahn ohne Schlauch. Und WLAN auch?


Nein, gibt es nicht. Dafür eine Liegegeldtafel: SEK 370,- !! Die spinnen doch. Nix wie weg. Durch das Motoren haben wir volle Batterien und der Boiler ist heiß. Wir gehen wieder in die Schären


27. Juni - Boviken


... und wohin in die Schären? Na, gleich um die Ecke, da soll es tolle Gegenden geben, allerdings mit grenzwertigen Wassertiefen. Also, schnell mal beim DMHI den Wasserstand in der Gegend gecheckt: Hurra! 10 cm über normal. Dann mal los!


Gleich im Konabbsfjärden links ab und nach Norden. Da jetzt ausreichend Südwind auch mal die Fock ausgerollt. Und da geht es nach wenigen Meilen in den Dragfjärden, die Zufahrt zum berühmten Dragetskanal. Wir fahren aber in dem Fjärden nicht zum Kanal, sondern nach Norden in die Rassa Vikar, ein eigenes, geschlossenes Buchtensystem. Waaas?? mit 1,90 Tiefgang wollt ihr da rein? Gerti Claußen schreibt doch, dass die Zufahrt nur 1,70 hat, und der schwedische Kreuzerklub schreibt das auch! Ja, aber sehr erfahrene Segler aus Nynäshamn haben uns vor einigen Jahren erzählt, dass da definitiv 2 m sind. Sind wir mutig? Sind wir Hasardeure? Haben wir zu viel Geld? Nee, nur neugierig, und die Schweden damals waren wirklich nett und erfahren.


Die Einfahrt naht. Sie ist enorm schmal, links und rechts Schilf. Fahrt reduzieren durch mal Maschine einkuppeln und mal auskuppeln. Immer schön Mitte halten. Da, wo es schon längst 1,70 sein sollte, haben wir noch 1,20 m unter dem Kiel. Und das wird erst kurz vor dem Fahrtbegrenzungsschild weniger, dort aber schnell. Zack! steht auf dem Echo +0,0 m. Plus immerhin. Aber nix dockst, nix schabt. Und sofort zeigt das Echo wieder 0,5 m, dann schnell mehr. Diese angebliche 100 m lange Flachstelle von 1,70 (Claußen) ist also tatsächlich 2 m tief und nur eine Barre von wenigen Metern. Herzklopfenmodus aus!


Innen drin eine Traumlandschaft. Zahlreiche Buchten mit hohen Felsen zum Aussuchen.



Wir ankern alleine auf 4 m Tiefe. Phantastisch! Und dann kommt doch mal wieder ein Gewitter.



Schnell vorher noch einmal das Badewasser genossen. 26° C! Wenn sowas im Winter im Wohnzimmer vorkommt, heißt es "Dreh doch mal die Heizung runter."


28. Juni - Järflotta


Heute noch vor dem Frühstück Besuch:



Der schwamm gemütlich die ganze Bucht ab. Auch Frühstück - gewissermaßen.


Wir sind dann wieder los, obwohl es hier wirklich schön war. Aber kein Windhauch und die Wassertemperatur, das mussten wir ändern. Und außerdem prophezeite das SMHI sinkende Wasserstände. Also raus aus dieser Mausefalle - und gleich wieder Adrenalin. Wir sind nämlich durch den Dragetskanal.


Aber erst noch mal ein Rückblick auf die Einfahrt in die Rassa Vikar



Natürlich geht sowas nur mit Motor, vorher kräftig Tuten, und dann die Luft anhalten und oben sehen, ob die Salinge mit den Ästen der Bäume kollidieren.



Und gleich hinter der Südausfahrt des Kanals geht es straks in unsere heutige Badebucht im Norden von Järfotta. Wassertemperatur nur noch 23° C, etwas Wind, hier kann man's aushalten.



1. Juli - Nynäshamn


Vorräte zu Ende, Wasser zu Ende, Akkus knapp - wir brauchen einen Hafen, und der nächste ist Nynäshamn. Trotz sehr schwachen Windes gibt es eine schöne Segel-Schleich-Tour nach Norden bei bestem Wetter. In Nynäshamn laufen wir gerne den gemütlichen Clubhafen der NSS in Fagerviken an, so auch diesmal. Da ist auch Platz, aber nicht viel. Stattdessen Massen von Lasern und Optis auf dem Wasser, 3 Trainingsbahnen in der Bucht ausgetonnt. Es ist Kinder- und Jugendtraining. Entsprechende Massen von Kiddies bevölkern dann auch das Clubgelände. Die Nachfrage ergibt: Ja, die übernachten auch hier. Hm, ob man da nicht in der großen Gästemarina Trehörningen ruhiger liegt? Also parken wir um.


Und siehe da: Alles bestens in Trehörningen. Maximal die Hälfte der Plätze belegt, Landgastronomie stark reduziert, keine Musikveranstaltung. Man liegt hier tatsächlich ruhiger, überraschenderweise. Hier wird es jetzt international: Finnen, Polen, Schweizer, Dänen - nur kein einziger Holländer. Weil der Wetterbericht bis Sonntag Nordwind 10 - 16 m/sec verspricht incl. Regen werden wir hier wohl etwas bleiben. Zeit, alles zu erledigen, auch mal zum Friseur zu gehen und einige Ausrüstungsteile zu besorgen. Letzteres scheitert aber, denn im Hafen steht zwar wie immer ein großes Schild "Båttillbehör", der dazugehörige Laden "Norberg & Nilsson" ist aber zu. Ein Schild sagt an, man sei umgezogen in den Oljehamnsvägen. Wir also die Fahrräder gesattelt und dorthin gefahren - 10 min. Ein riesiger neuer Laden mit sehr, sehr smarten jungen Verkäufern. Zubehör? Nein, wir handeln nur noch mit Booten. Wo man denn sonst noch Zubehör kaufen könne? Nicht in dieser Stadt, sagt er. Ein riesiger Yachthafen, und du kannst nirgends einen Schäkel kaufen - prima! Schöne neue Internetwelt.


Dann kachelt es los aus Nord, wird saukalt. "Pohjantuuli" meint schulterzuckend der Finne neben uns, der Nordwind eben.


2. Juli - Utö


Wie war das noch in Nynäshamn, es kachelte? Am Außenschwimmsteg jedenfalls lag keiner mehr freiwillig.



Wir haben die Zeit genutzt, und noch eine wirklich gute Einkaufsmöglichkeit gefunden. Früher sind wir immer zum COOP oben in der Stadt. War beschwerlich, weil man diese steilen Berge schlecht mit dem Fahrrad bewältigen kann. Und jetzt die große Entdeckung: ICA Maxi - direkt an der Straße zum Ölhafen, 8 min mit dem Fahrrad. Ein Riesending, in dem es wirklich alles gibt.


Heute dann aber los. Zwar die falsche Windrichtung, nämlich genau gegenan, aber es gab trotzdem eine schöne Kreuz bei blankgeputztem Himmel. Endlich waren auch andere Boote zu sehen. Ein Anblick fast wie in früheren Jahren. Uns stand der Sinn nach einer Ankerbucht, und die gibt es auf Utö südlich des eigentlichen Hafens. Es ist ja immer so eine Frage, ob man seinem Ankergeschirr vertraut. Wir tun das, und so ankern wir hier in Luv eines felsigen Kirchhofs, keine 15 m von unserem Heck.



Nein, Spaß beiseite. Das ist eine Moorigboje des Svenska Kryssarklubben (unseres Clubs) auf 3 m Wassertiefe.


3. Juli - Utö II


Wir sind geblieben, mit Schlauchi an Land und zum Hafen Gruvbrüggan gewandert. Dort waren wir früher einmal, allerdings Anfang Juni und alleine. Jetzt ist der voll, überwiegend mit Motorbooten. Nicht schön. An jedem dritten Boot geht der Grill auf dem Steg, verschiedenste laute Musik, etliche "Männer"crews sind schon besoffen. Nix wie zurück.


Den Weg zum Hafen haben wir über die staubige Schotterstraße gemacht, ständig irgendwelchen Geländewagen, Quads oder Mofas ausgesetzt. Der Hafenmeister verrät: Geht über den Campingplatz, dann den blau-gelben Markierungen folgen, das ist ein Wanderweg. Und das ist er, und wie schön. Herrlicher Waldspaziergang.


Zurück an Bord erleben wir in der Bucht Mord und Totschlag. Erst kommt ganz harmlos ein Pärchen Haubentaucher angeschwommen in Richtung Schilf - aber: Das ist das Revier eines andren Pärchens. Jetzt geht's los: Erst lautes Fauchen, dann Keckern, dann den Hals flach aufs Wasser und mit Full Speed auf den Gegner los. Damit nicht genug. Ein Hauen und Stechen, Beißen, Flügelschlagen. Dann greifen die Weibchen ein und machen's genauso. Einer taucht und attackiert seinen Gegner von unten, packt ihn an den Beinen und zieht ihn unter Wasser, und all das geht minutenlang, bis die Endringlinge abziehen.


Wieder wird's laut: Entengeschnatter. Eine Ente jagt ihre beiden Küken über's Wasser, die in Windeseile zum Schilf paddeln. Was hat die Alte gegen Ihre Kinder? Nix, aber oben kurvt eine Möve und will sich so ein Junges packen. Sturzflug auf das eine, Entenmama startet zum Kurzstreckenflug und rammt fast die Möve, die haut ab. Jetzt sind alle im Schilf - Uff!


Und dann 18:00 h zur Beruhigung aller fängt das Glockengeläut der Kirche an. Dreistimmig, toll für so eine kleine Kirche. Was für ein Abend.


4. Juli - Grönskär Södra Fladen


Wenig Wind heute, daher früh los. Zwischen Utö und Ornö die Enge Durchfahrt mussten wir kurz den Jockel nehmen, weil exakt Wind gegenan. Dann aber schönes Segeln immer hoch am Wind durch das tiefe Wasser östlich von Ornö nach Norden. Jetzt sind die Schweden aber doch auf dem Wasser. Viele Boote zu sehen, manchmal stellten sich tatsächlich Wegerechtsaufgaben. Aber es ist Sommer. Keiner hat viel an, alles brät in der Sonne, alles schleicht gemütlich dahin, sogar große MoBos nur mit Leerlaufdrehzahl. Wir wollten eigentlich Richtung Möja, aber nördlich von Fjärdlang war da StB plötzlich so eine Dreieckspeilung. Wenn da gar keine Durchfahrt ist, was soll die dann da? Eine Einfahrt? Da sowieso fast kein Wind mehr: Segel runter, Motor an, in Peilung getuckert. Dann Bb eine gleichartige Querpeilung und - drin waren wir in der großen, schönen Bucht zwischen Grönskär und Grenskär. Da kann man doch bleiben. Felsliegeplätze allerdings alle besetzt, also Ankern. Auch gut, weil garantiert keine Mücken.


6. Juli - Sandhamn


Nochmal zurück nach Grönskär mit einem uns - nun ja - etwas unangenehmen Bild.



Dieser Schärenkreuzer hatte uns draußen die ganze Strecke über genervt, weil er durch alle Fahrwasser, wo wir kreuzen mussten, einfach so geradeaus durchfuhr. Winkel am scheinbaren Wind geschätzt weniger als 30°. Und irgendwann war er dann hinter der nächsten Huk verschwunden. Und wie wir in die Ankerbucht einbiegen, da liegt der da schon friedlich. Alle Segel aufgetucht, Persenninge drauf, der Skipper lustig im Wasser schwimmend. Hm, irgendwie sind diese Dinger angepasster als wir.


Dann gestern ein schöner Weg in tiefem Wasser an Nämdö und Runmarö entlang. Hier gibt es auch Großschiffahrt.



Und dann nach Osten Richtung Sandhamn. Und hier geht der Verkehr los: Wasserbusse alle 10 min, große und starke Motoryachten, Wassertaxis, und alles mit Höchstgeschwindigkeit und Maximalschwell. Aber wir wollen nicht rein in den Haupthafen auf Sandön, sondern in den neuen Hafen auf Telegrafholmen. Gibt es erst seit zwei Jahren. Der ist sehr gut gebaut mit schweren Schwimmstegen, allerdings wird mit Mooringleinen festgemacht, und das ist bekanntlich eine Riesensauerei. Außerdem sind die Leinen dermaßen dick und steif, dass sie sich nur mit Fußtritten auf unseren kleinen Klampen belegen lassen.


An jedem Steg gibt es 25 Mooringleinen, also könnten 25 Boote anlegen - oder auch nur drei, wenn die groß genug sind und längsseits liegen.



Insgesamt ist der Hafen hier sehr ruhig und auch gut organisiert. Das aus Lökholmen bekannte Shuttle nach Sandön fährt auch von hier. Völliger Blödsinn ist allerdings das Buchungssystem Dockspot. Wir hatten über deren Website gebucht, bekamen Platz Nr. 13 zugewiesen. Wir fahren in die Gasse - Platz 13 ist besetzt. Also machen wir an Nr. 10 fest und suchen den Hafenmeister. Das ist eine sehr kompetente Meisterin, die uns sagt, eine Reservierung von Dockspot für Nr 13 liege ihr nicht vor, wir könnten aber auf Nr. 10 bleiben. Ok. Wenig später kommt eine weitere deutsche Yacht rein und sucht Platz Nr. 12 - den hätten sie gebucht. Da liegt aber schon eine große Charteryacht, also gehen auch die in einen anderen Platz - den letzten freien. Fazit: Das Buchungssystem von Dockspot ist völlig wirkungslos und damit sinnlos. Zumindest in Telegrafholmen geht es auch auf die ganz klassische Methode: Reinfahren - freien Platz suchen und festmachen - zum Hafenmeister und bezahlen. Fertig!


6. Juli - Klassiker


Heute Vormittag kam noch eine finnische Yacht rein. Ein Oldtimer offensichtlich, schon von weitem zu erkennen als Sparkman & Stevens-Riss oder zumindest eines deren Schüler. Wirklich schön. Als der fest war und seine Segelpersenning drauf war, gingen mir die Augen über, da stand "Prospect of Whitby". Tatsächlich, die hatte verdammte Ähnlichkeit mit der Prospect of Whitby III von Arthur Slater. Kennt die noch einer? Zusammen mit der Morning Cloud von Sir Edward Heath und noch einer S & S-Konstruktion Gewinner Admirals Cup in den Siebzigern, Sydney-Hobart-Teilnehmer usw.


Die war das wirklich. Der Eigner, ein finnischer Spitzenmanager, stellte sich heraus, hatte sie vor 4 Jahren gekauft und top wiederhergerichtet. In Finnland gibt es offenbar einen Club der Sparkman & Stephens-Enthusiasten, weil ja die ersten Swans auch von denen gezeichnet waren.


Na, und um das Maß voll zu machen, fahren wir mal mit dem Shuttle und den Rädern rüber nach Sandön, in den Haupthafen sozusagen. Verdammt, das sieht aber sehr nach Regatta aus. Aber Gotland Runt war doch schon, oder etwa doch nicht? Doch, war, aber etliche Boote lagen hier noch und fuhren erst heute nach Hause. Unter denen auch die Teilnehmer der Klassik-Regatta. Deren Bilder will ich euch nicht vorenthalten:





Nein, der hier nicht. Der lag zwar auch an dem Steg, war - abgeschritten am Steg entlang - 28 m lang, formal komplett einer Spitzenyacht der 50er-Jahre nachgeahmt, aber mit modernsten Materialien, riesigen Elektrowinschen und all dem Chichi - ein Angeber eben.


7. Juli - Norrviken


Also, jetzt ist erst mal Sommerunterbrechung und Schlechtwetter. Aber gestern, gestern kam nochmal ein besonderes Schiff hier in den Hafen. Wir haben ja vom Liegeplatz freie Sicht auf die Durchfahrt zwischen Telegrafholmen und Lökholmen und die hat 1,40 m Tiefe. Nur was für Motorboote. Es kommt aber eine mittelgroße Segelyacht da durch aus Richtung Haupthafen auf Sandön. Mann, was hat der denn vor, und dann auch noch deutsche Flagge, hat der keine Karten? Nix passiert, er kommt heran und legt an: Ein superschlankes Sperrholzschiff mit knapp 2 m Carbon-Bugspriet und - jetzt sieht man's - zwei aufholbaren Schwertern. Aha. Und hinten dran stand "Hooksiel", also unsere alte Heimat. Der Skipper entpuppte sich als der Erbauer, nämlich der Bootsbauer Wolfram Heibeck, soeben zurück von der Midsummer-Sail. Sperrholz ist übrigens Quatsch, das ist nur die äußerste Schicht der Verbundbauweise. Das Geschoss ist rundum aus Carbon, hat auch noch Foils usw - möchte nicht wissen, was der für einen Yardstick hat. Schaut euch diese irre "Black Maggy" mal an[1].


Trotzdem, wir sind ein Stück weitergefahren, immer ein Auge auf dem Regenradar, denn der Himmel sah so aus. Wir blieben aber fast trocken. In der Norrviken von Runmarö wollten wir eigentlich in den kleinen, spartanischen Anleger des Kryssarklubben, aber zu unserem Erstaunen war dort alles rappelvoll. Keine Boje mehr frei, zwischen die Boote am Steg hätte nicht mal ein Schärenkreuzer gepasst. Aber in der Bucht liegen auch einige Mooringbojen des Kryssarklubben, und von einer (alle andren besetzt) legte gerade einer ab. Schnapp - das war unsere. Kaum hatten wir das Boot fertig, ging der Regen los. Wer noch später kam und vielleicht ankern wollte, sah dann so aus:



8. Juli - Napoleonviken


Na also, der Regen hat aufgehört, der Wind aber auch. Deswegen laufen wir erst gegen 10:00 h aus, als es schon wieder ein bisschen weht. So ist ja nur eine kurze Strecke möglich, also machen wir uns auf in Richtung Napoleonviken, was in der Einfahrt nach Saltsjöbaden liegt. Napoleon? Was hat der denn hiermit zu tun? Angeblich hat dessen Flotte in dieser Bucht geankert im französisch-schwedischen Krieg. Wer's glaubt. Die Einfahrt ist so eng, da hätten die drei Tage gebraucht um wieder auszulaufen. Man hätte sie da in aller Ruhe zusammenschießen können. Aber etwas stimmt: Ganz in der Nähe gab es tatsächlich eine Seeschlacht zwischen Franzosen und Schweden.


A propos enge Einfahrt:



Und davon hat die Hälfte der Breite auch noch weniger als 2 m. Aber drinnen ist die Bucht groß und bietet viele Anlege- und Ankermöglichkeiten. Weil der Wind während der Nach rund 100° drehen soll ankern wir lieber.


Hatte ich eigentlich schon mal erwähnt, dass es auch schöne Motorboote gibt?



9. Juli - Malma Kvarn


Regen ist angekündigt, und deswegen fahren wir nicht weit. Es ist ja ohnehin die Zeit der kurzen Etappen.


Aus der Ankerbucht müssen wir natürlich rausmotoren, weil fast genau gegenan. Aber dann: Segel gesetzt und durch diese breiten, tiefen Gewässer nach Nordosten gekreuzt - herrlich. Hier zeigt sich wie so oft, was eine Selbstwendefock wert ist. Einmal die Segel getrimmt, und dann immer nur Ruder gelegt. Erstmals den ganzen Tag keine Sonne - das mit dem Regen wird glaubhaft.


In Mama Kvarn biegen wir um die Ecke und - der Hafen ist leer. Das gibt's doch nicht. Eines der beliebtesten Nahziele im Raum Stockholm und keiner da. Wir suchen uns den besten Platz für den kommenden Wind aus und machen fest. Und dann geht es Schlag auf Schlag. Von 12:00 h bis 16:30 h ist jeder Platz besetzt, allerdings auch von vielen großen Motoryachten bis 46 Fuß. Die brauchen dann zwei Bojen. Eigentlich hat der Hafen ja ein Anlegeverbot für Boote mit > 8 Tonnen.


An Land hat das "Restaurant Le Grand Malma Kvarn" wieder eröffnet, nennt sich jetzt aber Bistro und im Namen ist das "Grand" weggefallen. Schon besser. Ansonsten ist das dieselbe Spelunke wie vor drei Jahren mit dreckigen Vorratsräumen, Kühlschränken, die im Freien stehen, Hunden, die in der Küche rumlaufen usw. Das hindert den Maître nicht daran, seine Show abzuziehen: Damen bezirzen, überwiegend Franßösisch zu simulieren, permanent Champagner anzubieten usw. Der Laden ist trotzdem voll - merkwürdig.


Und dann fängt der Regen an und es schüttet aus Kübeln. Morgen mal Schlauchi leerkippen.


10. Juli - Malma Kvarn mit Sonne


Letzte Nacht noch heftiger Regen, heute Sonne. Schön!



Allerdings gibt es morgens beim Aufstehen kein Wasser, weder am Steg noch in den Sanitäranlagen. Wann es wieder geht? Weiß keiner. Das etwas nervige Restaurant hängt ein Schild raus: Wegen Wasserproblemen kein Lunch. Das verspricht Ruhe. Das erinnert aber daran, wie wichtig es in den Schären ist, bei jeder Gelegenheit Wasser zu tanken. Wer weiß, wann wieder was bekommt. Auch in Sandhamn Telegrafholmen war ja die Wasseranlage tot.


Wir gehen erst mal vor dem Frühstück schwimmen im nahen Waldsee.



Später eine Waldwanderung über ziemlich steile Hänge.



Die Blaubeeren sind schon fast reif - bald gibt's leckeren Nachtisch.



Morgen geht's weiter nach Norden. Finnland soll jetzt für voll Geimpfte offen sein. Wir testen das mal.


11. Juli - Stora Jolpan - das Paradies


Malma Kvarn verabschiedet sich von uns auf die denkbar unangenehmste Weise. Das neu und vergrößert wieder eröffnete Bistro war ja ohnehin schon etwas störend mit seinen rund 50 Gästen direkt vor unserem Bug. Aber sowas gibt es ja im Mittelmeer auch, muss man abkönnen. Und immerhin stand da ja auch, dass nur bis 22:00 h geöffnet ist. Da gingen auch die meisten Gäste, das heißt, sie fuhren mit ihren übermotorisierten Booten weg, gerne auch mal unter Aufheulen der Maschine. Wir schon in der Koje. Gleich ist ja hier Ruhe. Von wegen! Jetzt fing die Bistro-Belegschaft mit ihrer after-work-party an, drehte die Musik an, drehte sie lauter, fingen dann selber an zu singen, besoffen wie sie waren. Das ging so bis nach Mitternacht. Dieser Hafen unter diesen Bedingungen ist nach unserer Meinung indiskutabel. Früher mochten wir ihn sehr, das war jetzt unser letzter Besuch.


Etwas übermüdet heute dann los, aber kräftiger Süd machte die Reise schnell, die Fahrwasser waren übersichtlich, und - schwupp - waren wir in Stora Jolpan im Djupfladen. Die Schweden nennen das hier "Paradiset". Das scheinen andere Schweden wieder sehr ernst zu nehmen, denn das Buchtenkonglomerat hier war schon zu Mittag rappelvoll. Kein Platz mehr am Steg, keine für den jetzigen Wind (immerhin 14 m/s) geeigneten Felsliegeplätze, kein Ankerplatz mehr mit genug Schwojraum. Hm! Mal ein bisschen rumfahren und gucken. Da, im Westen, war noch eine kleine Seitenbucht. Und wie wir hinkommen, liegt dort nur eine Motoryacht am Felsen, sonst leer und ideal zum Wind gelegen. Anker klar und zum Ankerplatz gelaufen. Da kommt eine deutsche Bavaria mit Brassfahrt an uns vorbei, und während unser Anker fällt steuern die doch glatt exakt dieselbe Position an. Das gelingt natürlich nicht, aber wir ernten böseste Blicke. Was hatten wir falsch gemacht?


Die Bucht ist herrlich. Weit ab vom Trubel im Djupfladen, wo sich jetzt wohl so um die 100 Boote tummeln. Von hier aus kann man das gut sehen.



13. Juli - Norrpada


Jetzt sind wir in den äußeren Schären. Eigentlich wollten wir nach Rödlöga, und beim Einlaufen waren da auch am Seglarberget nur so 6, 7 Masten. Aber als wir um die Ecke kamen: Alles voll. Zwischen den Seglern lagen Massen von Motorbooten am Felsen, auch kleine, die mit Sicherheit nicht über Nacht bleiben wollten. Aber mal eben an den tiefsten Stellen des Sundes mit 50 cm Tiefgang festmachen, mal eben rüber zum Dorf laufen und Eis essen, dann in der Sonne sitzen, und wenn kein Segler mehr kommt und versucht anzulegen, dann mit Fullspeed nach Hause brettern, das wird man wohl noch dürfen, oder?


Für uns war es trotzdem von Nutzen, denn wir sind gezwungenermaßen weitergefahren nach Norrpada. Das liegt weiter draußen, erreichbar nur über unbezeichnete Fahrwasser. Mit den hochdetaillierten Karten von Hydrographika geht das aber ganz ausgezeichnet.


Das hier ist eine andere Welt: Flache Felsen, viele von ihnen kahl, trotzdem ist das Gewässer bestens geschützt, denn diese Felsen liegen versetzt gestaffelt, da kommt keine Welle rein. Wohl aber Wind, nur den haben wir gerade nicht.



Hinter jedem Felsen sieht man irgendwelche Masten (hier z.B. uns). Die Motorboote daneben bleiben natürlich unsichtbar, sind aber da.



14. Juli - Stärbsnäsviken


Frühschwimmen, Frühstück, und dann los, raus aus dem Norrpada-Archipel. Das muss man ja nochmal sagen: Eine traumhafte Inselansammlung, muss man einfach hin. Erst mal mit Ostwind gut voll und bei durch die unbezeichneten Gewässer nach Nordwest. Dann stoßen wir auf den von Süden kommenden Kudoxafjärden mit schon einigen Seezeichen, und bald darauf auf den Granhamnsfjärden. Hier schalten wir nach langer Zeit mal wieder unseren AIS-Transponder ein, denn das hier ist das Revier der Finnlandfähren. Wir wollen nicht übersehen werden. Geschafft! Ohne solchen Riesen zu begegnen sind wir auf der Nordseite wieder raus und steuern Gräddö an. Dort gibt es alles: Diesel (brauchen wir nicht), Wasser (brauchen wir ganz viel), Strom (brauchen wir), Lebensmittel (brauchen wir wirklich viel). Der Schwimmsteg ist ziemlich leer, füllt sich dann aber in den folgenden drei Stunden. Der Einkauf gelingt, Wasser gibt es genug und der Stromanschluss funktioniert auch. Ansonsten ist der Hafen unglaublich nervig mit einem irren Motorbootverkehr. Hier wollen wir nicht bleiben.


Also ablegen. Dabei zeigt sich, dass die Ketten der Heckbojen sehr lang sind und unter Wasser in der selben Richtung weiterlaufen wie die Bojenleine über Wasser, und - schwupp - liegt man auf so einer Kette mit Kiel vorne und Ruder hinten und Saildrive hoffentlich nicht in der Nähe der Kette. Bei wenig Wind zum Glück aus der richtigen Richtung treiben wir ganz langsam von dem Geschirr weg. Eine dämliche Anordnung.


Wir brauchen eine ruhige Bucht, und die scheint es gut 2 Meilen nördlich zu geben: Stärbsnäsviken. Wirklich sehr nett, sehr eng, es gibt dort sogar eine Boje des Kryssarklubben. Die nehmen wir. Der Blick in die Runde zeigt: Hier liegen wir in einer alten Ferienhaussiedlung. Alles ist bewohnt, überall wird geplanscht, überall lachen Kinder - schön.


Was wird aus Finnland? Nix. Der Wetterbericht murmelt was von Starkwind in den nächsten Tagen und Regen auf den Aalands. Das brauchen wir nicht. Wir bleiben hier in der Gegend.


15. Juli - Högmarsö


Unsere Bucht gestern zeigte sich am Abend von ihrer besten Seite. Das hier ist z.B. eine typische Uferbebauung. Etwas windschief zwar, aber sehr hübsch in der Abendsonne.



Nachbarn hatten wir auch - einen echten Oldtimer mit echter Oldtimerbesatzung (die waren gut 10 Jahre älter als wir). Wer genau hinsieht erkennt: Der alte Herr rudert nicht das Dinghi, er wriggt !! Wer kann das noch, hm?



Heute Morgen zwar bei uns strahlender Sonnenschein, aber der Blick auf See zeigte dicken Nebel. Wenn wir jetzt noch in Norrpada wären, kämen wir erst mal nicht los. Sind wir aber nicht und überdies wollen wir weiter etwas nach binnen, also los. Nach einer sehr schönen Kreuz gen Süden, unbehelligt vorbei am Fährhafen Kapellskär konnten wir dann im Granhamnsfjärden abfallen nach Südwest. Und wer kam uns da entgegen? Viking-Line mit der Fähre Stockholm - Turku. Dicke Pötte sind das.



Als der vorbei war konnte man auf dem Achterdeck zwei riesige Behälter sehen - Gasbehälter. Das Ding fährt mit Gas. Und tatsächlich: Es stinkt überhaupt nicht. Ein keiner Fortschritt.


Nachdem wir das heillose Gewirr bei Furusund glücklich überstanden hatten, gleich rechts abbiegen in die Schären dort. Schließlich liegen wir am Anker in einer Bucht im Norden von Högmarsö. Sehr schön, mitten im Wald, nur ein Nachbar noch am Anker. Das ist ein guter Platz, denn in der Nacht soll es Nordwind von 10 - 16 m /s geben, da kann man hohe Felsen mit dichtem Wald drauf in Luv gut brauchen. Badewasser übrigens 26° C (in Worten: Sechsundzwanzig).


16. Juli - Adlerhausen


Nein - wir ankern immer noch in Högmarsö. Aktuell meldet die Wetterstation Furusund 15 m/s aus Nord. Wir merken davon nix wegen der hohen Wälder ringsrum. Man muss sich das hier vorstellen wie einen Binnensee, vielleicht wie der Titisee, nur viel kleiner. Man liegt eben im Wald und der rauscht und der Wind kommt mal von hier und mal von da. Windy misst maximal 9 m/s.


Aber wir haben Besuch, bzw. wir sind bei denen zu Besuch - ein Adlerpärchen. So oft, wie die zur Jagd aufbrechen und mit Beute zum Horst zurückkommen, müssen die Junge haben. Man sieht aber nichts. Spannend ist es trotzdem.




17. Juli - Yxlan


Immer weiter rein Richtung Festland, immer dem Rat der Schweden folgend "In der Saison nach drinnen fahren, die anderen sind alle draußen." Nordwestlich des vielbefahrenen Furusundsleden mit seinen Großfähren gibt es ein schönes, unbezeichnetes Gewässer mit reinen, steilen Ufern. Das kreuzen wir gemütlich runter, bis es nicht mehr geht, bis wir eben doch auf den Furusundsleden stoßen - und prompt auf eine Viking-Fähre. Schnell noch vor der das Fahrwasser gequert. Wohin jetzt in diesem Gewirr? Ganz im Süden von Yxlan, bei Stornäset, gibt es eine passende Bucht für heute. Sieht auf der offiziellen Seekarte kaum befahrbar aus, unsere großmaßstäblichen Spezialkarten sagen aber: "Dat geit!"


Wir also reingetuckert, und: Bingo. Eine sehr schöne, hoch bewaldete Bucht mit wenigen Häusern. Kristallklares Wasser. Später sehen wir am Anker mit der Taucherbrille den Anker in 4 m Tiefe liegen. Die vielen Steine auf der offiziellen Seekarte gibt es zwar, navigatorisch ist aber nur einer von Bedeutung, und der wird von Gänsen bewacht. Wenn da der Anker vertreibt, dann schnattern die.



18. Juli - Gällnö


Auf dem Weg weiter nach Südwesten hat es gut geblasen, wir waren schnell. Unser Ziel Gällnö hätten wir auch durch den Klintsundet und dann Ticki-Tacki durch die Schären erreichen können, aber weil doch etliche Kreuzstrecken zu erwarten waren, haben wir uns für den Weg "außen rum" westlich von Ljusterö entschieden. Da muss man natürlich wieder auf die Finnlandfähren aufpassen und auch auf die hier - Kabelfähren.



Man sieht auch, was die ja europaweit geschützten Kormorane anrichten. Die gucken sich eine Insel aus und scheißen die zu. Da bleibt kein Blatt mehr am Baum. Irgendwann haben die dann genug und ziehen weiter. Die Insel sieht dann so aus:



Naturschutz eben. Das erinnert ein bisschen an den Film "Independance Day", wo der Präsident Thomas Whitmore per Telepathie mit einem Alien kommuniziert und erfährt, dass die durch's All ziehen, sich einen Planten ausgucken, den ausplündern, und dann weiterziehen.


Wir ziehen auch weiter und in der Gegend von Grinda beginnt dann das Chaos. Eine Unmenge von Booten, mehrheitlich Motorboote fährt in den verschiedenen Fahrwassern kreuz und quer. Geschwindigkeiten zwischen 2 kn (Segler in Windabdeckung) und ca. 40 kn (Rennboot mit 2 x 400 PS am Spiegel) müssen miteinander leben. Schnell links ab in den Hemfladen von Gällnö. Das ist eine große Ankerbucht, jetzt aber rappelvoll. Saison. Das Wetter wird schlechter, es regnet sogar.



19. Juli - Gustavsberg


Das Wetter soll ungemütlich werden, das Wasser ist alle, Strom schwach - wir brauchen einen Hafen. Hier in den Schären gibt es aber keine gescheiten, nach Stockholm wollen wir nicht. Von Gustavsberg ist viel die Rede, da soll es einen neuen Hafen geben. Also dorthin.


Nach wenigen Meilen gen Westen geben wir das Segeln auf. Zu viele Abdeckungen mit ihren Flauten, dazu der kreuz und quer laufende Schwell der Wasserbusse und Motorboote, in denen das Schiff immer wieder stehen bleibt - jetzt ist mal der Jockel dran. Damit kommen wir ganz gut voran, auch wenn das Gebrumm nervt. Vaxholm kommt in Sicht



und damit nochmal mehr Verkehr und Schwell.



Aber dann sind wir durch und biegen nach Süden in den engen Skurusund. Hier residieren dicht beieinander die Reichen und Bedeutenden.



Nochmal links ab, und wir sind in dem noch engeren Baggensstäket.



An dessen Mündung gleich östlich gegenüber geht es dann nach Gustavsberg. Der Hafen ist bei weitem nicht so groß, wie er im Hafenführer erscheint und wie er sich selber darstellt. Im Prinzip besteht er nur aus einem Schwimmsteg, von dem man auch nur die Innenseite mit Auslegern nutzen kann. Die Außenseite ist hochgradig schwellbelastet. Alle anderen Anleger sind privat und zum Land hin abgeschlossen. Die Hafenanlage allerdings ist sehr fein, perfekte Duschen, nettes Restaurant dicht dabei, und die Stadt bietet schon einiges.


Im Hafen übrigens konnte man dicht nebeneinander die Entwicklung des Motorbootbaus in 100 Jahren betrachten. Das ältere Modell hatte tatsächlich eine holzgefeuerte Dampfmaschine. Wie sagte man früher so schön? "Form follows function". Heute heißt es wohl eher "Design dich oder ich fress dich".



21. Juli - Nämdö Langvik


Kalt isses geworden. Heute keine kurze Hose, kein T-Shirt, stattdessen Faserpelzweste. Es bläst Nordwind. Wir starten wieder gen Osten, wieder in die Natur. Der Weg vorbei an Saltsjöbaden ist gespickt mit Motorbooten - das nahe Stockholm lässt grüßen. Aber dann sind wir draußen, queren den Nämdöfjärden, auf dem eine Menge Verkehr ist und erreichen unser Ziel: Die große Langvik im Norden von Nämdö. Obwohl sehr früher Nachmittag liegen dort schon etliche Boote, und - natürlich - an den besten und tiefsten Landliegeplätzen 6 Motorboote. Wir ankern etwas weiter im Nordwesten dicht vor einem enormen Felsen.


Der Wind dreht im Laufe des Nachmittags so, dass wir jetzt gut in Lee liegen, auch für die Nacht. Den Eingang zur Bucht haben wir gut im Blick und können so beobachten, wie aus 8 Buchtbewohnern zum Schluss 36 werden. Es ist halt Saison.



22. Juli - Tyresö


Heute mal ganz was Anderes.


Nach sehr frühem Aufstehen (05:20 h !!) ausgiebiges Frühschwimmen. Die Bucht und ihr Wasser sind herrlich. Dann kommen plötzlich im Tiefflug drei sehr große Vögel von der anderen Seite herüber. Sind das etwa Adler? Zu dritt? Nee! Reiher? Auch nicht, man sieht keine Beine. Fernglas noch schnell her, und bevor sie hinter den Bäumen verschwinden: Eulen! Wohl auf dem Heimweg nach der Jagd. Und tatsächlich hört man kurz danach noch einige Rufe aus dem Wald, die wie ein Waldkauz klingen. Morgenstund hat Eule im Blick - oder so ähnlich.


Nach dem Ablegen wieder zurück über den Nämdö-Fjärden, wieder gekreuzt, bis wir nördlich von Dalarö in den Vissvass-Fjärden einsteuern. Hier geht noch eine knappe Stunde Segeln, dann muss der Motor ran, denn das Gewässer ist zu schmal und der Wind genau gegenan. Im Grunde ähnelt das hier der Schlei, nur mit bedeutend (50 m) höheren Ufern. Mal ganz schmal, dann wieder große, seeartige Flächen.


Am Ende des Fjordes kommt Tyresö in Sicht.



Das ist im Grunde nur ein Steg mit Bojen. Von Hochsaison merkt man hier nichts, ziemlich viel ist noch frei. Man liegt hier urgemütlich in schöner Landschaft. Dicht dabei ist ein nettes Kaffee, es gibt Wasser, Strom, ausgezeichnete Sanitäranlegen. Eine Entdeckung.



24. Juli - Notholmen


Also vorab: Wir sind immer noch am alten Platz. Nur haben wir inzwischen eine Menge rausgekriegt. Der Hafen heißt z.B. gar nicht Tyresö, wie das Städtchen dahinter, sondern Notholmen. Bleiben wir also dabei.


Auf diesem Inselchen ist ein sehr gut besuchtes Kaffee, und dessen Besucher kommen zumeist von Land über eine kleine Fußgängerbrücke. Die haben wir dann auch mal genommen und fanden uns in einem riesigen, phantastischen Park wieder. Der gehört wiederum zum Schloss Tyresö, das mal der Herr Graf Oxenstierna gebaut hat (also der, der immer auf der anderen Seite stand im 30-jährigen Krieg).



Dann wurde uns in dem Kaffee noch Life-Musik geboten, gut zu vernehmen auf unserem Boot, und schließlich kam noch ein Ausflugsschiff und machte einfach mal so mit der Nase am Ufer fest. Gangway raus und warten. Worauf? Den Steg entlang kam eine Hochzeitsgesellschaft im feinsten Zwirn von der nahen Kirche und fuhr von dannen. Stilvoll.



25. Juli - Kolnäsviken


Nach so viel Zivilisation ist jetzt wieder Wildnis fällig. Wir suchen eine Ankerbucht. Aus diesem Fjord hier kommen wir dank günstiger Windrichtung gut raus, nur die beiden Engstellen motoren wir vorsichtshalber bei stehendem Groß. Es ist unglaublich viel los auf dem Wasser, aber fast alle fahren nach Norden. Sind das schon erste Anzeichen von Ferienende, dass alle nach Hause müssen? Wir behalten das im Auge. An den Ufern in den Wäldern gibt es jetzt ein neues Bild: Gelbe Blätter. Die Birken geben auf wegen der jetzt 6 Wochen dauernden regenfreien Zeit.


Im engen Ornö-Strömmen müssen wir dann nach Südwest kreuzen, aber das macht Spaß, weil man zwischen diesen sehr steilen Ufern tatsächlich erst eine Bootslänge vor dem Ufer wenden muss. Dann unsere Bucht, eine der wenigen an Ornös Westküste, die Kolnäsviken. Sehr enge Einfahrt, innen aber geräumig und allseits gut geschützt. In der Mitte - was ist das denn?



Da parkt ein komplettes Motorbootrudel an einem einzigen Anker. Preisfrage für die Kundigen: Wer von denen hätte hier den Ankerball setzen müssen? (Ich weiß, sind Schweden, die machen sowas nicht).


Am Rand gibt es einen hohen Felsen, der wohl die Badeanstalt darstellt. Ständig springt da jemand von oben. Eine gemütliche Stimmung hier, aber ziemlich voll.



26. Juli - Lacka


Was ist das denn? Wir tuckern aus unserer Bucht - und der Wind kommt NICHT von vorne. Kein Kreuzen! Mit sattem halbem Wind rauschen wir gen Süden und sind schon zur Mittagszeit da - in Lacka. Das ist eine kleine Insel am Rande des militärischen Sperrgebiets nördlich von Nynäshamn. Hier ist der Uthamn der Nynäshamns Segelsällskap. Der Hafen ist nicht besonders zu empfehlen bei West oder Nord, dann bläst es hier tüchtig rein. Heute aber ist Ostwind (auch kräftig), und da liegt man hinter dem Schwimmsteg ganz prächtig.



An Versorgung gibt es nichts, kein Strom, kein Wasser - ist ja auch klar. Aber eine tolle Sauna haben die, nur ist es dafür viel zu warm. Schöner Platz hier mit netten Leuten. Es gibt auch schöne Sitz- und Essplätze, also wird heute Abend mal gegrillt. Was? Gemüse und Weißwürste. Doch, das schmeckt vorzüglich.



Notwendige Ergänzung:

Wir liegen also friedlich am Schwimmsteg vor Heckboje, links neben uns niemand mehr. Da kommt eine Familie mit einer größeren Beneteau rein und steuert zwei Plätze links von uns an. Was auffällt: Die haben keinen Bojenhaken. Die Dame des Hauses steht an der Reling mit der blanken Leine in der Hand. Der Herr des Hauses steuert, ein zehnjähriges Mädchen steht mit Leine am Bugkorb, der kleinere Junge hält im Cockpit die Füße still. So, jetzt ist die Boje querab, und eigentlich kann man bei langsamer Fahrt in so einen Ring einen Palstek knoten. Ging aber nicht. Also hat der Skipper Vollstop gemacht, um seiner Frau Zeit für den Knoten zu geben. Das gelang dann auch. Und nun: Mittlere Fahrt voraus. Aber der Wind hatte das Boot inzwischen 90° rumgedreht und es nahm Kurs auf unser Cockpit. 6 oder 7 tons mit Bugspriet versuchen mich zu rammen. Alles brüllt, bei uns an Bord, 4 Mann am Steg, das Kind - ich kann gerade noch den Bugspriet erwischen und gegenhalten, und glücklicherweise gab ja unsere Boje auch noch etwas nach. Gut, da hatte der Mann schon ausgekuppelt, und vor Schreck gleich wieder eingekuppelt, rückwärts. Jetzt fuhr der Zossen rückwärts, aber rechts von seiner Boje, an der er immer noch fest war, das Gummiboot aber, was nicht kurz angebunden war, schwamm auf der anderen Seite. Ergebnis: Das Boot hing mit dem Heck zum Wind mittels Bojenleine und Schlauchbootschleppleine an der Boje. Andere Boote waren nicht mehr gefährdet. Jetzt stieg der Skipper mit Gummiboots Leine ins Wasser, schwamm einmal um die Boje, knotete die Leine wieder fest, löste die Bojenleine und verließ wieder den Hafen.


27. Juli - ... und wieder mal Nynäshamn


Die goldenen Tage sind vorbei, so scheint es. Obwohl der Luftdruck immer noch auf 2020 festgenagelt ist erzählt der schwedische Wetterbericht etwas von a) Regen ab heute Nacht, b) heftigen Gewittern, c) Starkwind bis 19 m/s die nächsten Tage und d) das Ganze aus West. Gefällt das jemandem? Uns nicht. Wir verkrümeln uns ins nahe Nynäshamn, und das füllt sich überraschend schnell. Scheint so, als ob die anderen das Wetter auch nicht mögen. Dann werden das eben Lesetage.


Als wir übrigens um die Ecke biegen in Nynäshamn sieht man nur die Hälfte der Stadt. Der Rest ist von MSC Seaview verdeckt. Die ist genauso hoch wie die Wohnblocks der Stadt. Macht aber - genau wie wir - nur mit einer Heckboje fest



29. Juli - Eingeweht in Nynäshamn


Natürlich nicht "richtig" eingeweht, aber Böen von 17 m/s hier im Windschatten der ganzen Stadt sind uns einfach zu viel. Gestern und letzte Nacht Gewitter, das Barometer hat es schon auf 999 geschafft. Segelspaß mit über 70 bedeutet was anderes als damals in den 70ern.


A propos 70er: Nynäshamn hat einen großen Hafen mit vielen, vielen Booten, viele davon sehr groß, viele auch sehr hässlich. Und dann kommt da einer um die Ecke: Klein, blau, vier Leute drauf. Rumpf und Rigg sagen: Der ist aus dem letzten Jahrhundert. Der Aufbau sagt: Das ist eine Arpège!



Manch einer kennt ja inzwischen meine Vorliebe für die Boote meiner Jugend. Die Dufour Arpège war seinerzeit mein Traum. Als Student in Kiel gab es in den 70ern noch keines dieser tollen Boote, aber in Zeitschriftenartikeln habe ich jeden Bericht über die verschlungen. Was für ein Schiff! Ganz aus Kunststoff gebaut, superleichtes Balsaholzsandwichdeck, enorm breit - und gewinnt dann jedes Halbtonnerrennen. Das war das Einstiegsmodell von Michel Dufour.


Heute sieht man die kaum noch, weil manches an der Bauweise eben doch nicht für die Ewigkeit gemacht war. Umso mehr erfreut der Anblick dieses toll restaurierten Exemplars, noch dazu in Schweden, wo es keiner vermutet.


1. August - Wie im Fernsehen - Wiederholungen


Jetzt war aber Schluss mit Stadtleben in Nynäshamn. Der Wind wurde weniger, der Regen verzog sich, das Barometer geruhte wieder über 1.000 hPa zu gehen. Wir sind los, und zwar wieder durch den Dragets-Kanal und wieder nach Rassa Vikar. Uns stand der Sinn nach Natur. Ausgewählt haben wir wegen Windrichtung und -stärke (nachts soll es noch mal 14 m/s geben) diesmal den Nordarm der Bucht.


Das passt hier: Wälderrauschen statt Verkehrsrauschen, Adlerschreie statt Kinderschreie, Auerhuhnrufe statt Hundebellen - Schweden zeigt sich von seiner besten Seite. Das Rauschen der Bäume zeigt an, dass es draußen wirklich fetzt, hier in der Bucht kommt dank der hohen Felsen und Bäume nur ein leichter Wind an.



Aber beim Reinfahren haben wir gelernt, dass man in solch engen Einfahrten keine eigenen Vorstellungen entwickeln sollte. Für mich sah es einfach an der flachsten Stelle so aus, als ob ich dem Schilf StB ein bisschen ausweichen sollte. Und - schwupps - wurde das Boot langsamer, es schleifte so ein bisschen, und dann ging es wieder. Wir waren eben doch kurz aufgesessen, glücklicherweise war es Sand, was man hier eigentlich nicht erwartet. Die Lehre daraus: Halt dich an den Kursstrich in der Detailzeichnung, eigene Vorstellungen sind Spekulation.


2. August - Fifång Sörviken


Was für ein Ententeich, in dem wir da geankert haben. Laut Wetterstationen fetzte es draußen gehörig, wir hörten auch die Bäume gewaltig rauschen, das Boot aber schwojte immer nur müde um seinen Anker. Heute morgen haben wir es tatsächlich geschafft, in der Flachen Ausfahrt immer schön im östlichen Drittel zu bleiben und nicht dem Drang nach der Mitte nachzugeben. Und, siehe da, wir kommen ohne Aufsetzer wieder raus.


Draußen wegen der hohen Felsen im Prinzip Wind aus allen Richtungen. Schoten dicht, Schoten fieren, halsen, wenden - alles drin. Dann sind wir an Öja vorbei und folgen nicht der Karawane gen Westen, sondern gehen nach Nordwest. Unser Ziel ist Fifång und dort ein kleiner Uthamn, den wir noch nicht kennen. Fifång liegt südöstlich von Trosa, eine ziemlich große Insel. Und der Uthamn gehört der Södertälje Båtsällskap, denn Södertälje ist auch nicht mehr weit weg. Der Hafen ist eigentlich kein Hafen, nur eine Steganlage, in der man mit Heckanker festmacht. Kein Strom, kein Wasser, aber saugemütlich und toll gelegen.



4. August - Langö


In Fifang sind wir einen Tag geblieben. Das ist eine ganz herrliche Insel. Das Ganze ist ein riesiges Naturreservat, war früher mal landwirtschaftlich bewirtschaftet. Das Bauernhaus ist jetzt das Klubhaus des Segelklubs. Die Insel bedecken ausgedehnte , uralte Wälder. Ein für Skandinavien ganz untypischer Mischwald, in dem nicht nur Kiefern, Fichten und Birken stehen, sondern auch Eichen, Ahorn, Kastanien und vieles mehr. Mal ein Beispiel für eine der uralten Eichen:



Vom Westufer der Insel hat man schon einen guten Blick auf da Fahrwasser nach Trosa:



Die heutigen Pächter (der Segelklub) haben wohl viel Verständnis für altes Gerät. Überall stehen noch die Gerätschaften des Bauern rum und rosten vor sich hin.



Jetzt aber weiter nach Westen. Bei Schlappwind langsam durch die vielen Engstellen, natürlich wieder durch die S-Kurve bei Stendörren, und dann raus aus dem Fahrwasser nach Norden. Dort, nördlich der Insel Langö, liegt eine bezaubernde kleine Bucht. Passt nur ein Boot rein, und das sind wir. Anker fällt auf nur 3 m Tiefe, und Ruhe ist.


Von wegen Ruhe! Nach der großen Schwimmtour beim Abtrocknen: "Was hast du denn da für eine rote Stelle? Da ist ja auch ein kleiner schwarzer Punkt drin." Eine Zecke. Mist. Pinzette geholt und raus damit. Dann gegenseitig abgesucht: Jeder hatte doch tatsächlich 4 von diesen Viechern, alle noch sehr klein und frisch. Wir haben vor denen ziemlichen Respekt. Vor 20 Jahren hatten wir uns hier einmal beide eine FSME eingefangen und seitdem gelernt, dass die Stockholmer Schären komplett mit Zecken und dem FSME-Virus durchseucht sind. Und gestern der große Waldspaziergang hat dann wohl gereicht, den Herrschaften den Weg zu uns zu ebnen.


5. August - Snedskär


... und wieder mal Snedskär. Das ist irgendwie wie nach Hause kommen, wenn man in diesen netten Hafen einläuft, freundlich begrüßt wird, zum Essen eingeladen wird - schön. Heute Morgen gings bei schwachem Wind raus aus der Bucht und ab nach Westen durch das hier ziemlich enge Fahrwasser. Wie eng? Na, so eng:



Der eingezeichnete Maßstab sind 250 m. Aber glücklicherweise haben die Schweden ein Herz für unsereins und schreiben an jedes Leuchtfeuer dran, wie es heißt.



Dann, bei Oxelösund im freien Wasser, dreht der Wind ganz brav auf Südost, frischt auf bis 8 m/s, und wir rauschen mit 7 kn trotz Kleinwinzig (unser Schlauchboot) im Schlepp gen Arkösund. 5 Std für 28 Meilen, das war Segeln vom Feinsten. Noch zu erwähnen, dass wieder keine Wolke am Himmel war.


7. August - Schweinewetter - Kuchenbude - Mehr sag ich nich.


8. August - Regen? - Sauna!


Das mit dem schlechten Wetter hört nicht auf und wir sind immer noch in Snedskär. Eine interessante Tierwelt haben die hier. Regelmäßig kreisen zwei große Seeadler über der Bucht, und etwas viel Kleineres beäugt uns neugierig auf unserem Steg: Ein Nerz. Der scheint an Menschen gewöhnt zu sein, denn seine Fluchtdistanz beträgt nicht mal 10 m. Er scheint auf dem Schwimmsteg mit seinen zahlreichen Zwischenbrücken zu wohnen, denn man sieht ihn da recht oft. Bei den schweren Regenschauern kann man auch beobachten, wieviel an so einem Tier wirklich Tier ist, und wieviel Fell. Wenn es nass wird schrumpft so ein Tierchen nämlich um etwa die Hälfte.


Was macht man bei einem solchen Wetter? Lesen, und - Sauna! Die hier ist mit Holz geheizt, das man sich erst mal mit der Schubkarre holen muss. Anheizzeit fast eine Stunde, dann aber gibt es 85° C. Schwitz!



Als wir nach dem Abkühlbad auf der Terrasse vor der Sauna sitzen, schwimmt was dicht am Ufer vorbei. Wieder der Nerz? Nein, viel größer. Sieht ein bisschen aus wie Nessie im Kleinformat. Das war doch tatsächlich ein Fischotter. Das ist ja hier fast wie im Zoo.


10. August - Stugvik


Gestern ging's weiter. Nach Süden. Von unseren Gastgebern hatten wir aber etwas gelernt. Unser Lieblingsfahrwasser südlich von Arkösund heißt gar nicht mehr "Kronleden", sondern "Yttre Skutleden". "Yttre"? Da muss es doch auch ein "Inre" geben, oder? Richtig, haben sie uns alles gezeigt. Es ist ein schönes TickiTacki parallel zum Hauptfahrwasser, etwa 2 sm weiter westlich. Und wie im "Yttre" ist es spärlich betonnt, aber tief und rein. Das war gut, denn bei dem überwiegenden Südwest war viel Kreuzen angesagt.


Und am Südausgang sagte der Blick zum Himmel: "Ankerplatz suchen. Schlechtwetter kommt". Das kam dann auch, deswegen gibt es hiervon keine Fotos. Aber einen schönen Ankerplatz gab es auch. Etwas unspektakulär, aber sehr ruhig. Einziges Boot in der großen Bucht. Sunnantäpsflagen ist der unaussprechliche Name dieser Bucht. Liegt nur durch Väggö getrennt westlich vom Hauptfahrwasser. Und dann fing es vielleicht an zu pladdern, der Regen hat richtig die Sicht eingeschränkt. Und dann kam im strömenden Regen noch ein Boot um die Ecke, ein Deutscher. Parkte direkt neben uns. Die Armen - nass wie die Pudel.


Heute dann bei bestem Wetter und fast Flaute, allmählich aber mehr Wind, weiter gen Süden. Und wie vorhergesagt kam der aus überwiegend Süd, also auch heute Kreuzen. In dem ruhigen Wasser ging das aber ab wie Schmidts Katze. Bis - ja bis wieder diese komischen schwarzen Wolken sehr schnell auftauchten. Das sah nicht gut aus. Dann wollen wir mal die Reise heute abbrechen und en trockenes Plätzchen suchen. In der Nähe ist Stugvik auf Stora Alö, ein Uthamn des Kryssarklubben. Dorthin also und für die letzten 1 1/2 Meilen Maschine an, denn es geht genau gegenan. Mist, der Regen erwischt uns doch noch kurz vor dem Anlegen, aber nur kurz. Wir verzichten auf Segelpersenninge, Leinen aufschießen und so, und erst mal unter Deck. Und dann geht das richtig los mit dem Regen, mehr als eine Stunde lang. Zeit für Mittagsschlaf.


Der Hafen ist nicht sonderlich ausgelastet, wie man an den vielen ungenutzten Bojen sieht. Die Saison geht zu Ende.



11. August - Kungshamn


Beim Aufwachen erst mal Vollflaute. 0,0 m/s. Das ändert sich erst gegen 09:00 h und wir legen ab - natürlich gen Süden. Der Wind ist so lala, immer so um 2 m/s. Wenn er das aus West macht, kommen wir gut voran, gelegentlich schaltet er um auf Nordwest, dann muss der Jockel mithelfen, sonst bleiben wir stehen. Das ist etwas mühsam, aber die schöne Umgebung entschädigt uns. Wie man sieht, wohnen manche Schweden auch recht hübsch, auch wenn ein Seezeichen in ihrem Garten steht.



Gegen Mittag verheißen die Wolken im Westen gar nichts Gutes, der Wind kommt immer noch nicht, und so geben wir unseren Plan Västervik auf und fahren rechts ab in eine Ankerbucht, die für alle drei Windrichtungen aus der Wetterprognose für die Nacht bestens geeignet ist. Kungshamn auf Kårö, direkt am Fahrwasser. Da sind wir jetzt erst mal alleine, auch im Fahrwasser ist kaum was los. Ringsherum viel Wald, nur einige nackte Felsen. Auf denen blüht die Heide. Ist denn bald Herbst?



Und dann machen die Wolken ernst, es grummelt um uns herum in drei Richtungen, nahe Wolken haben solche Schleier unter sich - wir tauchen mal ab unter Deck.


12. August - St. Vippholmen


Iiiiihh! Heute beim Frühschwimmen die erste Qualle dieses Sommers. Iiiiihh!


Gestern Abend kriegten wir übrigens noch einen Nachbarlieger, eine deutsche Amel 54. Größer geht immer. Dafür werden wir vom Wetter entschädigt. Statt vorhergesagte Flaute konstanter Westwind mit 3 - 7 m/s - ideal, um nach Süden zu kommen.



Unter solchen Idealbedingungen fahren wir natürlich nicht nach Västervik, wo wir eigentlich einkaufen wollten. Das kann noch warten. Die Gewässer um Västervik haben aber interessante Gäste auf ihren Leuchtfeuern:



Der Junge ist wohl irgendwie nass geworden. Ist doch kein Kormoran, aber sowas!


Wir rauschen weiter, an Idö (Hafen ist leer) und der Sparö Bak vorbei, ab nach Stora Vippholmen. Und dort: Leine an die Boje, Motor aus, platsch ins Wasser - denn hier gibt es keine Quallen, ätsch!


14. August - Figeholm


Gestern nach Figeholm, ein für jede Reiserichtung gesetzter Hafen. Und der Wind kommt von wo? Natürlich von Süd, also von vorne. Da gibt es keine Schärentour, sondern raus und ein langer Schlag auf die offene See. Und da, da kommt die Blå Jungfrun in Sicht, der Nordeingang zum Kalmarsund. Eigentlich geht der Kurs jetzt direkt in die Hafeneinfahrt von Sandvik auf Öland, aber Ziel ist Ziel, Wende, und ab nach Figeholm. Dort das vertraute Bild:



Anlegen ist ein bisschen schwierig. Für die erwarteten West- und Südwinde wollen wir eigentlich auf die Nordostseite des Anlegers, aber da ist zwischen den Schiffen immer nur Platz für vielleicht ein Folkeboot, nicht für uns. Eine Heckboje ist zwar frei, aber dazwischenquetschen geht nicht. Auf einem deutschen Boot ist die Crew an Bord. Also die mal angesprochen: "Könnt ihr die Boje nach Steuerbord nehmen, dann passen wir dazwischen?" Immerhin eine Dehler 34 mit hinten 3,60 m Breite. Da würde schon was passieren im Platzangebot. "Nee, dann kommen wir zu nah an das Nachbarboot, das will meine Frau nicht". Aha! Aber da wir den Hafen gut kennen und auch seine Untiefen am Ende dieser Brücke chinchen wir kurz die Bojenleine um, fahren einen etwas krummen Bogen und liegen nun neben diesem Kollegen, allerdings auf Fenderdistanz. Ob das jetzt seiner Frau gefällt? Nee. Eine Stunde später ist die Bojenleine auf Stb und die Vorleinen einen Ring weiter gerückt. Na sowas! Und dann erst mal für 3 Std. Gewitter.


Heute ging dann das volle Programm los: Fock runter und verpackt, Genua hoch. Das Schlauchboot geputzt (hatte doch tatsächlich Seepocken), zusammengerollt und wieder unter die Vorschiffskojen, Strecktaue (bzw. Streckbänder) gespannt, eine Waschmaschine nach der anderen, umschichten der letzten Vorräte von unter den Kojen in Reichweite. Wir bereiten sozusagen einen 5-wöchigen Segeltörn vor - nach Hause auf irgendwelchen Wegen.


Der Harbormaster of the Day hat übrigens ein hochinteressantes Auto: Einen Subaru SVX von 1991.



6-Zylinder Boxermotor, Allradantrieb, 230 PS, und das Ganze in einem exzellenten Pflegezustand. Eine absolute Rarität. Als ich mich für die Karosse interessiere, schmunzelt er.


15. August - Oskarshamn


Mann, war das friedlich heute Morgen.



Und dann erzählt der Wetterbericht auch noch was von zwar 10 - 12 m/s, aber aus West. Das passt. Da fahren wir heute doch los gen Süden. Großsegel wird wieder mal erst gar nicht ausgepackt, unsere Genua schafft sowas auch alleine. Raus aus den Schären, Genua ausgerollt, und ab ging die Post. Sofort gute 7 knots. Aber dann, als die Abdeckung langsam verschwand. kam die Kalmarsundwelle, genauer: der Kalmarsundhack. Das war ganz schnell 1 m. Aber was schlimmer war: Der Wind wollte nicht auf West, der blieb bei Süd-Südwest, und legte zu. Basiswindstärke 11 m/s, Böen bis 14 m/s. Da musste selbst die Genua noch etwas eingerollt werden, und trotzdem hatten wir grünes Wasser in Lee an Deck. Nee, keine Lust mehr. Als wir das große Fahrwasser nach Oskarshamn rein kreuzen steht fest: Hier wird abgebrochen. Segel weg, Motor an, und die gut 2 sm nach Orskarshamn reinmotort. Und hier, in der Abdeckung von 20 m hohen Felsen und einer Stadt, misst der Windy immer noch stundelang bis zu 16 m/s.


Der Stadthafen dort hat ein eigenes Ambiente.



Gegenüber sind dann die Gästestege, die komplett leer sind. Die wenigen Boote liegen längsseits an der - sehr gut mit Holz bewehrten - Mole.



Viel mehr als Boote gibt es hier allerdings Wohnmobile.



Das Städtchen selbst hat nette und blöde Ecken. Man muss das halt herausfinden. Eine Überraschung hat es parat: An einer Hausecke steht eine Bronzeskulptur. Ein hagerer Herr mit einem kleinen Ledertäschchen in der Rechten, links die Hundeleine, an der eine riesige Dogge hängt. Unverkennbar: Das ist Axel Munthe, der "Arzt von San Michele". Was soll der denn hier? Ganz einfach: Er steht gegenüber seinem Geburtshaus. Wieder was gelernt.


17. August - Oskarshamn


Also - gar nicht so blöd, das Städtchen. Versteckt seine Vorzüge am Anfang ein bisschen. Das ist etwa so wie in der losen Serie der ZEIT "Gestrandet in ...", wo es am Anfang immer hieß "Sie wollten nie nach ....... ? Jetzt sind Sie nun mal da."


Dicht beim Hafen versteckt sich eine sehr hübsche Wohnsiedlung mit verwinkelten alten Holzhäusern und sehr hübschen Gärten. Dann oben auf dem Felsen gibt es zwar viel moderne Bebauung, aber dazwischen immer wieder eindrucksvolle, sehr gepflegte Gründerzeitbauten, darunter auch eine sehr schöne, große Schule. Nur wenige 100 m vom Hafen bietet COOP einen riesigen, sehr gut sortierten Supermarkt, der auch - oh Wunder - nichtsüßes Brot hat!! Und schließlich: Der Hafen selbst ist erstklassig ausgebaut, alles funktioniert. Die Sanitäranlagen sind vom Feinsten und sehr gut erreichbar.


Also: Man kann ruhig mal nach Oskarshamn, nur hübsche Umgebung sollte man nicht erwarten. Und weil es heute regnet und für morgen noch mehr Regen angesagt ist, bleiben wir auch hier. Noch ist die Hälfte der Bordbibliothek ungelesen.


19. August - Kalmar



Es regnet nicht mehr! Und der Wind kommt aus der richtigen Richtung, nämlich West mit gaaanz leichter Südkomponente. Dafür aber mit Grundwindstärke 8 m/s und oft bis 11. Also: Schnelle Reise gen Süden, aber nur mit Genua. Das reicht im Mittel für 7 kn, und so sind wir auch schon kurz nach Mittag in Kalmar. Kurz vor dem Einlaufen kreuzt (im wahrsten Sinne des Wortes) noch diese Schönheit auf.



Richtige Old-School-Segelführung. Klasse. Im Hafen zeigt sich dann, dass der noch einen Holzrumpf hat, erstklassig gepflegt, über Deck alles neu. Tolles Schiff.


Wir machen im Gamle Hamn fest (dort liegt auch schon Lille Oe), denn im Ölandshamn liegen sie schon pickepackedicht, und außerdem steht dort immer noch der Wind rein, der vorerst nicht nachlässt.


Das ist unser erster Besuch hier seit 5 Jahren. In der Zwischenzeit hatten wir Kalmar gemieden wegen der Großbaustelle an der Uni, also direkt im Ölandshamn. Das ist jetzt alles fertig. Sieht ganz gut aus. Aber die nächste Baumaßnahme wird auch schon angedroht: Ein Hotel.


20. August - Kristianopel


Na, also! Wieder Westwind, wieder kein Regen, wieder so um die 10 m/s, wieder nur die Genua - und Rauschefahrt gen Süden, diesmal als Anlieger. Klappt aber. etwas Strom setzt gegenan, keine nennenswerte Welle.


In Kristianopel ist der halbe Hafen schon (oder noch) belegt, drei Viertel deutsche Boote. Der etwas skurrile Hafenmeister ist nicht da, stattdessen steht ein moderner Bezahlautomat neben seinem Büro. Ist vielleicht nicht das Schlechteste, denn immer wenn der sich einmischte, gab es in irgendeiner Form Stress im Hafen. Heute alles superfriedlich.



Wir selbst befinden uns nach dem Anlegen in einer bedrohlichen Situation:



Wir überlassen das Boot mal seinem Schicksal und schauen uns das Dörfchen an Land an. Wirklich sehr hübsch mit netten kleinen Häusern. Eines davon hätte gut das Vorbild sein können für Carl Larssons "Haus in der Sonne".



Von der Festungsanlage kriegt man nicht viel mit. Die ist zu einem gigantischen Campingplatz umgebaut, ein modernes Feldlager sozusagen.


21. August - Karlskrona


Gestern Abend war übrigens Vollmond. Alle guckten in dieselbe Richtung.



Heute - allerbestes Segelwetter. Das sahen alle so, und innerhalb einer halben Stunde war der Hafen leer, bis auf uns. Wir saßen noch beim Frühstück. Man würde sich ja wiedersehen, denn fast alle wollten nach Utklippan. Nach dem Ablegen sind wir hinter der Meute her, erst mit 55° am Wind und Vollzeug. Sehr schön. Den einen oder anderen haben wir dann auch rasch eingeholt. Blöd nur, dass der Wind immer mehr schralte und immer mehr zunahm. Erst konnten wir Utklippan nicht mehr anliegen, dann musste ein Reff rein. Und als wir mal einen Holeschlag machten stellte sich heraus, dass dieser genau auf das Schärenfahrwasser bei Torhamnsudde zulief. Also, in Utklippan waren wir ja dieses Jahr schon, in Karskrona noch nicht. Ausgedacht - ausgeführt. Rein ins Fahrwasser, aber vorsichtshalber die Genua weggerollt. mit 6-7 kn sollte man da nicht durchfahren.


Böse Überraschung bei der Fähre nach Ytterön. Wir platt vorm Laken mit 5 kn auf dem Weg nach Norden, als die plötzlich ohne Signal 5 Längen vor uns ablegt. Na und? Kannst doch Ruder gehen, oder? Hilft leider nix, das ist eine Kabelfähre. Also 180°Dreher und Aufschießer, dann langsam wieder abfallen - ja es geht, die Kabel hängen schon tief. Was für ein Knallkopp!


Ab der Baggerrinne von Bussevik geht dann nichts mehr. Groß runter, Motor an. Karlskrona ist ziemlich leer. Das Verhältnis Deutsche zu Polen ist etwa 5:1. Ein komischer Wasserheiliger wacht über unser Wohlergehen.



Und, ich muss sagen, die Katamarane werden immer größer.



Spaß beiseite: Den kennen wir aus Eckernförde. Ist irgendein Spezialschiff, das immer im Marinestützpunkt liegt. Auch hier in Schweden laufen da deutsche Marinesoldaten drauf rum.


22. August - Hanö


Wenig Wind hatten sie für heute vorausgesagt, aber so wenig?



Nein, natürlich konnten wir segeln. Gleich hinter dieser Tonne wurde 50° angeluvt, halber Wind mit 2-3 m/s, und los ging's gen Westen. Ohne Gennaker wäre das aber nix geworden.



Dennoch, nach etwa der halben Strecke war dann der Wind ganz weg. Unser Segelbootchen verwandelte sich zum Motorsegler. Wir haben ja noch runde 70 l Diesel im Tank, da kann man sowas auch mal machen. Auf dieser doch recht langen Strecke zeigte sich übrigens ein weiterer Nutzen unseres dreiflügeligen Flexofold-Propellers, den wir vor zwei Jahren gegen den zweiflügeligen Volvo getauscht hatten. Dass damit Hafenmanöver besser laufen wussten wir schon. Jetzt zeigte sich, dass der mit fast 250 U/min weniger dieselbe Fahrt macht wie der alte mit mehr. Das reduziert natürlich den Lärmpegel.


Dass wirklich Flaute war und dass man wirklich motoren musste mag dieses Spiegelbild untermauern.



Na, aber dann kam Hanö in Sicht mit seiner vertrauten Silhouette.



Im Hafen ziemlich voll, aber es ist ja Sonntag, da werden sicher noch einige Motorboote ablegen. Und so war's. Päckchen gab es trotzdem reichlich. Von wegen Nachsaison.


23. August - Simrishamn


Was für ein Misttag!!


Erst beim Ablegen noch schöner Wind, gleich den Gennaker hoch, ab die Post. Nach nur 3 Meilen dann - Schluss. 1,5 m/s von achtern. Da steht auch kein Spinnakertuch mehr. Also mal motoren bis der Wind wieder kommt. Der kommt aber erst nach 3 Stunden, wieder platt von achtern, aber gleichzeitig - woher auch immer - eine gut 1 m-Welle aus Ost. Das Boot rollt, die Segel schlagen, da helfen auch nicht 4 m/s. Entnervt bergen wir die Segel und fahren den Rest wieder mit Motor. Wohin? Ausgerechnet nach Simrishamn. Na ja, festmachen kann man da ja mal. Gegen Abend ist der Hafen voll mit deutschen Yachten. Es geht also nach Hause.


In Hanö übrigens hatten wir noch festgestellt, dass "Giselas Brygga" (das ist die Badebrücke gleich neben der Hafeneinfahrt) jetzt fertig ist. Sehr schön geworden. Und was macht meine Frau (die Gisela heißt)? Steigt da glatt ins Wasser, obwohl dort steht "22. August 9° C". Ist aber auch nur 30 m geschwommen.


Insgesamt wird es jetzt wirklich Herbst. Die Wassertemperatur ist jenseits von Gut und Böse, die Schwärme von Gänsen in der Luft mit Kurs Süd werden immer größer, die Zahl der Boote auf dem Weg nach Westen ist 10mal höher als in Gegenrichtung. Und übermorgen soll es Mistwetter geben. Mal sehen.


24. August - Ystad


Wind? Fehlanzeige. Ja, gut, ein bisschen, so 3-4 m/s, aber das exakt von achtern. Bei dem Restschwell von gestern kriegt man da kein Segel zum Stehen. Also, weil wir das ja schon können, Motorfahrt nach Ystad, und der Wind dreht brav immer hinter uns her. Da wir fast genau auf unserem Track vom Frühjahr zurückfahren, treffen wir auch alte Bekannte, z.B. den Leuchtturm Sandhammaren.


Ab hier geht es jetzt definitiv nach Westen, nix mehr nach Süden. Der Schwedenteil der Reise neigt sich dem Ende zu. Gleich westlich von Sandhammaren liegt noch das Schießgebiet Kabusa. Und das, so hatten wir auf der Website der Försvarsmakten (was die Armee ist) gelesen, macht heute ab 09:30 Schießübungen, also Schießgebiet gesperrt, also außen rum. Gut, ist ja nicht weit. Auf dem AIS sehen wir aber, wie ein deutsches Boot ziemlich direkten Kurs auf Ystad nimmt. Prompt meldet sich die Funke und ruft den an, sechsmal insgesamt. Keine Reaktion. Und was macht das Militär? "No answer. Out." Das war's. Allerdings fingen die dann auch zu schießen an.


Und dann die anheimelnde Ansicht von Ystad.



Schönes Plätzchen am Fingersteg erwischt, kleinen Mittagsschlaf gemacht, Radtour zum Strand. Morgen soll's schlechtes Wetter geben. Mal sehen.


25. August - Ystad? Ystad.


Gleich beim Frühstück werden wir mit 14 m/s beglückt. Und von wo? Von Südwest natürlich. Ein Blick von der Seebrücke zeigt: See mindestens ein Meter, wenn nicht mehr. So wird das nix. Stadt ansehen fällt aber aus, denn der Blick zum Himmel sagt: Kuchenbude aufbauen. Die steht gerade 1/2 Stunde, da geht das Gepladder los und bleibt erst mal 4 Stunden.


Am Nachmittag dann doch ein großes, großes Wolkenloch. Das Schiff trocknet, der große Stegrundgang ist dran, und wir treffen alte Bekannte aus der Schlei. Zwei wunderschöne Oldtimer.



Auf der anderen Seite des Steges (genau hingucken) liegt auch was interessantes. Zwei völlig unterschiedliche Bootskonzepte. Links eine "X", rechts eine "Hallberg Rassy". Der Vergleich lässt schmunzeln.


Und dann mal wieder nach oben gucken. Ja, da kommt schon wieder was.



Rasch an Bord, ab unter die Kuchenbude, Reißverschlüsse zu - und los geht das Gewitter. Zeit zum Abendessen.


28. August - Klintholm



Mann, war das ein öder Trip gestern. Erst ließ es sich ja gut an. Alle Wetterberichte (DWD, SMHI und DMI) sagten NNE-Wind mit 8 - 12 m/s voraus. Für Gennaker ein bisschen viel, also nur vor Genua losbritzen. Erst ging das auch ganz gut mit meist 7 m/s. "Bald ist die Landabdeckung weg, dann löppt dat." Die Landabdeckung fiel zurück und nix lief. Der Wind wurde immer weniger, schließlich, nach der Hälfte der Strecke, nur noch 5 m/s. Das muss man sich mal exakt von achtern vorstellen, das ist gar nichts. Also lief ab dann die Maschine erst mit, dann alleine. Radaddel, radaddel.


Ich weiß nicht, ob jemand von euch schon mal an Möns Klint war. Ich zeig hier vorsichtshalber mal ein Bild davon



und auch von dem hübschen Leuchtturm Mön



In Klintholm selbst drängt sich alles in die neu eingerichteten Pfahlboxen vor der Tankstelle und entlang der Ferienhäuser. Der Steg im Westen ist komplett leer. Da gehen wir hin, denn wir lieben die Aussicht aus dem Cockpit auf Mole und Strand.


Nach dem Hafenumbau gibt es Plätze um Längsseitsliegen also nur noch am Steg längs der Westmole und am Südwestkai bei den Ferienhäusern. Überall sonst stehen jetzt Pfähle.



Und die Wasserbaustelle außen vor ist jetzt fertig. Das ist also ein Wellenbrecher geworden gegen Südwestwinde. Verbindung zum restlichen Molenwerk hat der nicht. Die Hafeneinfahrt ist jetzt zwischen dessen Ostkopf, wo eine rote Bake steht mit einem roten Blinkfeuer, und dem Kopf der alten Südmole.



Und jetzt regnet's ohne Unterlass und wir haben Lesetag.


28. August - Was war denn eigentlich mit der Pandemie?


Heute ist den ganzen Tag Nieselregen, da kann ich auch mal was Ernstes schreiben. Ich hatte ja anfangs schon erwähnt, dass wir beide voll gegen COVID19 geimpft losgefahren sind. Trotzdem hatten wir noch am Starttag in Deutschland einen Test machen lassen - negativ.


In Dänemark hat uns niemand irgendetwas gefragt. Aufgefallen sind wir mit unseren Schnutenpullis beim Einkaufen, denn die Dänen haben sowas nicht. Wert legen sie aber - ebenso wie die Schweden - auf Händedesinfektion, die Dänen auch schon ziemlich nachdrücklich. Dass ein Desinfektionsmittel auf den Händen nicht das geringste bringt, wenn man es mal eben so schludrig drüberreibt, spielt da keine Rolle. Das öffentliche Leben, insbesondere in der Gastronomie, wirkte leicht reduziert. Vereinzelt waren Restaurants komplett geschlossen, andere hatten nur Außenbetrieb, wieder andere auch innen. Irgendwelche drastische Beschilderungen oder Verbote haben wir nicht gesehen. Offenbar ist das Notwendige irgendwann kommuniziert worden und die Leute halten sich jetzt dran.


In Schweden wurden wir ebenfalls nicht kontrolliert, haben aber eine Crew getroffen, die in Västervik von der Polizei des Hafens verwiesen wurde, weil sie weder Impfbeleg noch Testnachweis hatten. Das Publikum in den größeren Städten (Kalmar, Ystad, Västervik, Nynäshamn usw.) war deutlich ausgedünnt. Das galt nicht nur in Restaurants, sondern auch auf der Straße, auf Märkten usw. Im Vergleich zu früheren Jahren war das auffällig. Offenbar gibt es in Schweden eine nennenswerte Zahl von Menschen, die sich mit ihren Kontakten eben doch zurückhalten. Das hier im Forum vielfach gelobte "entspannte, normale Leben" dort wird wohl nur von einer Gruppe gepflegt, andere sind vorsichtiger. In den Gesprächen in den Clubs haben wir auch gehört "Aber so viele sind gestorben" oder "Es sind ja so viele immer noch krank". Durchaus also nachdenkliche Menschen, die nicht alles daransetzen, umgehend wieder ihren Spaß zu haben. Mittsommerfeiern z.B. sind auch dieses Jahr häufig ausgefallen, hat man uns erzählt. Und am Steg kommt es schon vor, dass an Land jemand wartet, bis man selbst vom Steg runter ist - nur um zu enge Begegnungen zu verhindern.


Und jetzt in Dänemark hören wir als erstes, dass Deutschland als "gelb" eingestuft wurde und man nur geimpft oder getestet nach Dänemark darf. In Deutschland wiederum hören wir, dass Tausende gegen die Eindämmungsmaßnahmen gegen die Pandemie demonstrieren. Und unsere beiden Lehrerinnentöchter berichten, dass sie jetzt auf jeden Fall Präsenzunterricht machen sollen. Das "Wie" muss man dann noch finden, am besten die Lehrer selbst. Froh und zuversichtlich stimmen die Vorgänge in Deutschland jedenfalls nicht.


30. August - Stubbekøbing


Schluss mit Regen, guter Wind - heute geht's weiter. 8-11 m/s aus Nordost sind angesagt und die kommen auch, sogar mal 13 m/s. Da reicht bei unserem Bootchen wieder alleine die Genua, um es zur wilden Sau zu machen. Durchgängig mit über 6 1/2 kn durch die Hjelm-Bucht, und dann im Grönsund höher am Wind auch 7 1/2 kn. Rauschefahrt. In Stubbekøbing sind wir dann die ersten aus Klintholm, im Laufe des Nachmittags kommen noch 6 Boote, die wir von dort kennen.


Der Hafen hat sich sehr positiv verändert. Alles bestens instandgehalten, sehr gute Sanitäranlagen. Das war früher deutlich anders. Hier kann man jetzt wieder hinfahren, und das ist gut so. Das Städtchen ist ja sehr hübsch, jedenfalls in seinem alten Teil. Ausgesprochen hyggelig. Traurig stimmt, dass im Zentrum - ungelogen - 2/3 der Geschäfte dicht sind. Einschließlich Friseurläden, Nagelstudios usw. Den Leuten hier geht's nicht gut.


Aber es gibt noch die Ida, die alte Holzfähre, die rüber nach Bogø fährt.



Im Hafen selbst gibt es neben den Yachties noch mehrere alte Männer. Die haben eine große, schöne alte Gaffelslup auf dem Slip und restaurieren die, Da wird gebohrt, Farbe gekratzt, kalfatert, es riecht nach Teer ... absolut Old School.



An der Nock des Klüverbaums könnte man mal einen kleinen Test machen, wer von uns dort noch jedes Stropp und jede Kette mit richtigem Namen benennen kann. Ich jedenfalls muss passen.



Morgen geht's weiter gen Westen. Die Farøbroerne sieht man schon.



31. August - Vejrø


Gestern Nacht haben wir noch unsere lieben Nachbarn kennengelernt. Irgendwann zwischen 11 und 12 wache ich auf. Stimmengewirr auf dem Nachbarboot und am Steg. Ich höre "So geht das nicht" - "... Vorleine ..." - "Achtung, ich mach das" usw. Wollen die mitten in der Nacht ablegen? Dann plötzlich ein lauter Ruf aus dem Cockpit: "Bist du an Bord, Heike?". Wieder Stimmendurcheinander und Geklapper. Dann springt der Motor an und geht sofort auf höhere Drehzahl. Aha, die legen also ab. Tun sie nicht. Der Motor bleibt auf Drehzahl, aber das Schiff fährt nicht weg. Jetzt reicht's. Ich raus, Niedergang auf. Was das soll? Die Antwort vom Skipper alleine im Cockpit: "Die Damen kommen nicht an Bord". Die Damen, wohlgemerkt, waren zwei Frauen Mitte 40, die durchaus sportlich trainiert wirkten. Und die konnten nicht auf ihr Charterboot! Oder seh' ich das falsch? Kann man wirklich nicht über so einen Bug an Bord steigen?



Verholt man wirklich ein Boot im Hafen nicht mehr mit Leinen an den Steg, sondern spannt die Achterleinen zu diesem Zweck mit der Maschine? Wahrscheinlich bin ich doch von gestern.


Aber heute! Heute war Segelwetter. Was möchte man denn? Wind so zwischen 5 und 8 m/s? Beständige Windrichtung? Wenig Welle? Sonne mit einzelnen Haufenwölkchen? Hatten wir alles. Rauschefahrt durch Smalands Fahrwasser. Die Bauarbeiten an der Storströmsbrücke gehen zügig voran.




Und dann kommt Vejrø in Sicht. Die teure Insel. Allerdings ist hier auch alles vom Feinsten: Steganlagen, Grillplätze, Sanitäreinrichtungen. Hat trotzdem einen hübschen Leuchtturm.



1. September - Vejrø II


Heute waren 6 - 10 m/s aus Nord angesagt. Erst sah es dann am Hubschrauberlandeplatz so aus:



... und dann kam der Wind auch noch aus West, bis er ganz einschlief. Manch einer versuchte doch zu segeln.



Wir schritten zur Inselerkundung. Das ist in Vejrø einfach, denn es gibt einwandfreie Mountainbikes kostenlos. Überhaupt kostet hier alles nix, selbst Grillkohlen liegen zur freundlichen Selbstbedienung bereit. Vor dem Hintergrund sind dann DKR 350,- pro Nacht auch wieder nicht viel.


Der Besitzer der Insel, ein Bankier, scheint einen Ökotick zu haben. Jedenfalls sieht man überall Anzeichen einer naturnahen Landwirtschaft. Hier mal ein paar Ziegen, dort einige Schafe, überall rennen Fasanen rum, einzelne Waldstücke sind komplett verwildert im Sinne eines Urwaldes, aber auch geordnete Äcker, Gewächshäuser. Und die Hühner rennen frei rum und deren Eier gibt's im Hafen zu kaufen. Zur Landwirtschaft gehören übrigens auch Massen von Sonnenblumen, die aber nicht auf einem Feld stehen, sondern in kleinen Grüppchen überall auf der Insel.



An den Brombeeren in den vielen Hecken haben wir uns so satt gegessen, dass heute das Abendessen wohl nur aus einer Butterstulle mit Gurkenscheiben bestehen wird.


4. September - Lohals


In Anlehnung an Hermans Hermits in den 60er-Jahren:


"No wind today, the Low has gone away."


Das war vorgestern - absolute Flaute aus irgendwo. Also: Inselwanderungen, Strandbaden, Grillen usw. Und gestern, weil immer noch kein brauchbarer Wind war, dasselbe nochmal. Schöne Inseltage waren das.


Heute aber Ostwind angesagt, deswegen los. Allerdings war das erst mal mit Fast-Nebel.



Unterwegs nach Langeland ist uns fast niemand begegnet, obwohl Wochenende. Und Platz gab es in Lohals im Fischereihafen auch. Wir liegen also unter dem charakteristischen Leuchtturm



und freuen uns über das typisch dänisch-fischige Ambiente.



So eine Umgebung gibt es in Schweden fast nirgends, höchstens vereinzelt an der Westküste. Ist was anderes und richtig nett.


So, und jetzt wird's langsam knifflig. Der Wind soll diese Woche ja weitestgehend wegbleiben, und wir wollen am nächsten Samstag im Winterlagerhafen sein. Das ist zwar in der Schlei und somit von hier aus eigentlich in einem Tag zu erreichen, aber auf welchem Weg? Mit welchen Häfen oder Ankerbuchten? Wir werden sehen.


5. September - Revkrog


Mensch, die Reise geht zu Ende und wir haben kaum noch geankert. Das geht nicht. Da Ostwind angesagt ist, ist unser heutiges Ziel also Revkrog.


Angesagt waren vom DMI auch 6-10 m/s, es wurden aber locker 12 m/s. Diese Ungenauigkeit ist man inzwischen ja gewöhnt. Und da wir den Wind immer halb oder raum hatten, konnten wir das gut in Speed umsetzen. Los gings also Richtung Svendborgsund. Und da trafen wir doch auf zwei kleine Rudel Tümmler. Die einen wollten spielen und schwammen minutenlang immer wieder unter dem Schiff durch, die anderen guckten nur mal und verschwanden dann wieder zum Fressen in der Tiefe. Nette Tiere.


Svendborgsund ansteuern ist einfach - immer nur auf Waldemars Schloss zuhalten.



Die Dänen haben da manchmal ziemlich hübsche Häuser stehen.



Mit ganz wenig Strom gegenan flutschten wir dann da so durch, und auf der Westseite dann wieder draußen gab's gleich wieder was auf die Mütze mit 12 m/s. Aber schnell eben. Revkrog ist die große Bucht westlich von Aerösköbing. Die ist eigentlich sehr offen und bietet wenig Schutz, außer eben bei östlichen Winden. Und wir haben Ost - Ätsch. Da haben wir einen schönen Platz unter der Steilküste gefunden, nur 50 m vom Ufer. Sehr ruhig.



Morgen soll es als Kontrastprogramm Flaute geben. Schaun wir mal.


6. September - Avernakö


Mann, was für ein Sternenhimmel heute Nacht. Wir sind beide aufgewacht, weil es uns unter den Daunendecken zu warm wurde. Sommertemperaturen. Und dann doch mal aus dem Niedergang geschaut Whow! Solche Sterne + Milchstraße sieht man vielleicht in Namibia in der Wüste, aber doch nicht in Europa. Nur ganz weit weg ein Lichtschein von Svendborg, sonst komplette Dunkelheit. Da lohnt sich doch das Ankern im September.


Na ja, wieder ins Bett mit dünner Decke, und natürlich verpennt bis morgens um 8. Da sah die Bucht dann so aus:



Sehr offen eben.


Weil wenig Wind versprochen ist geht's zum Nahziel: Avernakö. Ein gemütliches Dahinschleichen bei rund 2 m/s. Das geht, weil keine Welle da ist. Avernakö ist kurz nach Mittag überraschend voll. Und im Laufe des Nachmittags kommen immer mehr Boote - fast alles Deutsche - sodass am Abend nur noch wenige Plätze frei sind. Der Hafenmeister kommt und beklagt sich, dass die Deutschen eine ausgezeichnete Zahlungsmoral hätten, die Dänen aber müsste man auf der ganzen Insel suchen, um sie zum Zahlen zu bewegen. Die Geschichte habe ich allerdings auch schon mal umgekehrt gehört.


7. September - Mommark


Mommark! Mein Panikhafen aus den 70er-Jahren. Dreckig, heruntergekommen, übelster Schwell von der Fähre und den damals noch zahlreichen Kümos vor der Küste. Ich hab mir geschworen, da nie wieder hinzufahren und habe das Versprechen 50 Jahre gehalten. Und jetzt sitzen wir in Avernakö, es sind schwach windige Tage angekündigt, man kommt also nicht furchtbar weit, und mit Blick auf die Karte sagt die beste Ehefrau von allen: "Wir könnten doch nach Mommark fahren". Mommark! Ausgerechnet! Aber man kann ihr sowas ja nicht abschlagen.


Wir also los in Erwartung eines Motortörns, aber es erhebt sich ein Lüftchen - natürlich aus Südwest, wo wir hinwollen - und wir kreuzen gar nicht mal so langsam (3-4 kts) durch spiegelglattes Wasser. Und dann Mommark. Die Mole hat sofort Wiedererkennungswert: Verrostet an allen Ecken und Enden. Aber da sind Schwimmstege mit Auslegern der feinsten Art. Wir legen bequem an, schauen uns um.

Da gibt es tatsächlich ein Servicehaus mit gepflegten Sanitäranlagen, die Grünanlagen sind ordentlich, weiter südlich ein gut besuchtes Bistro. Aber hallo! Da hat sich wirklich was getan. Hier kann man bleiben. Das denken andere auch einschließlich der Boote von vier verschiedenen Charterbetrieben, und um 17:00 h passt hier kein Folkeboot mehr rein.



Gestern Abend übrigens noch ein Blick auf den Fähranleger in Avernakö. Hat auch seine Reize so ganz ohne Fähre.



9. September - Schleimünde


Eigentlich wollten wir gestern Abend noch mal ankern, aber für den jetzigen Wind gab es in der Nähe keine so günstigen Plätze. Also haben wir uns aufgemacht in Richtung Schlei. Eine sehr schöne Kreuz mit nur zwei Schlägen durch spiegelglattes Waser. Trotzdem so um die 4 m/s, die exakt dann zusammenbrachen, als wir die Schlei-Ansteuerungstonne erreicht hatten. Sowas von Timing!


Schleimünde ist Baustelle. An der Westmole werden neue Pfähle eingedrückt und die ganze Brücke ist gesperrt. Es dränget sich also alles vor dem Hafenmeisterbüro.



Schön, der Blick auf die Schleiprozession von den Sitzplätzen vor der Giftbude aus. Und ganz spät abends fährt noch einer alleine kappelnwärts.



Schließlich - Sternenhimmel! Es gab sogar eine Sternschnuppe, zufällig mitfotografiert.



Und noch etwas hat sich geändert. Die alte Hafenmeisterin ist nicht mehr da, und somit wird auch nicht mehr gehäkelt. Die neuen "Bezahlfädchen" sind aus zweifarbigem Garn geknotet. Unsere Sammlung der letzten Jahre, die wir wegen der Farbsicherheit unter Deck aufbewahren, ist somit abgeschlossen. Die neuen mögen wir da nicht dazuhängen.



11. September - ... und Schluss!


Wir sind am Winterlager angekommen. Weiter geht's nicht, jedenfalls nicht dieses Jahr. Da kann so viel goldener Oktober kommen wie will, wir haben auch noch anderes vor. Jetzt wird Winterlager vorbereitet, und dann geht's nach Hause. Nächsten Mai wieder dieselbe Tour rückwärts.


Wie war's? DER Segelsommer unseres Lebens. So viel Traumwetter haben wir wirklich noch nie gehabt. Allerdings sind wir jetzt verwöhnt und die nächste Saison wird's schwer haben. Selbst die Hochsaison in Schweden war moderat besetzt mit schwedischen Booten, wenigen deutschen und hier und da mal ein Holländer oder Finne. Die Pandemie zeichnete ihre Spuren. Na ja, haben wir ja schon alles aufgeschrieben. Weniger Leute haben wir kennengelernt als früher, dafür sehr nette, und nur einen Spinner.


Das Segeln, soviel steht für uns fest, ist die bei Weitem beste Form, Abstandsregeln einzuhalten. Und was die hochgelobten entspannten Dänen und Schweden angeht: Ja, Deutschland ist etwas krampfhaft im Umgang mit der Pandemie, viele Regeln, viele Maßnahmen ... Das ist in Skandinavien tatsächlich etwas anders. Da sieht man, wie fast alle Leute sich absolut risikogerecht verhalten. Abstand, auch unter Freunden, Warten vor Geschäften oder Restaurants, bis die raus sind, die gerade raus wollen, kein Gedrängel an der Supermarktkasse usw. Offenbar ist den Leuten irgendwann letztes Jahr gesagt worden, worauf es ankommt, und jetzt halten sich die meisten dran. Das ist tatsächlich entspannter als in Deutschland, wo bereits im Alltag der Glaubenskrieg "Maske oder nicht" tobt. Vielleicht sind wir einfach so. Umso erholsamer ist es, nach Skandinavien zu segeln.