Anlegen mit dem Heck zur Pier

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Version vom 14. Juli 2006, 13:04 Uhr von 84.152.46.97 (Diskussion) (Einhand anlegen mit Mooring)
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Einleitung

Schiff mit Heck an der Pier vor Mooring

In vielen Mittelmeerhäfen muss man sein Schiff mit dem Heck zur Pier fest machen. Der Bug des Schiffes wird dabei entweder mit dem Anker oder einer speziellen Mooring-Leine, befestigt. Diese Art des Anlegens ermöglicht das bequeme Ein- und Aussteigen über das Heck, bei dem weniger artistisches können verlangt wird, als beim Klettern über den Bugkorb. Meist wird zur weiteren Erleichterung eine Planke vom Schiff auf die Pier gelegt. Diesen Vorteil erkauft man sich allerdings mit einer reduzierten Privatsphäre, denn jeder Passant kann ins Cockpit und durch den Niedergang schauen. Das Wohnzimmer steht sozusagen den Blicken Neugieriger offen.

Ein weiterer seemannschaftlicher Nachteil des Anlegens mit der Heckseite zur Pier besteht im erhöhten Risiko, das Ruderblatt an Unterwasserhindernissen zu beschädigen. Man sollte sich also immer vergewissern, daß ausreichend tiefes Wasser ohne oder querlaufende Ketten bis hin zur Pier vorhanden ist.

Diese Art des Festmachens wird häufig auch als römisch-katholisch bezeichnet.

Vor dem Anlegen

Wie bei allen Anlegemanövern gibt es einige grundlegende Sachen zu beachten. Diese sind im Artikel Grundsätzliches zu Anlegemanövern zusammen gefasst.

Für das Anlegen mit dem Heck zur Pier sind folgende Besonderheiten zu beachten:

  • Von den anderen Schiffen genutzter Anker und Mooringleinen stellen ein zusätzliches Hindernis dar. Geraten sie in die Schraube ist das Schiff manövrierunfähig. Die Schraube muss sofort ausgekuppelt werden. Taucheinsätze zum Befreien der Schraube oder zum Reparieren zerstörter Mooringleinen sind teuer und zeitaufwendig.
  • Der Springer springt vom Heck aus an Land.
  • Die Luvseitige Heckleine ist die wichtigste Leine und sollte mit einem geübten Werfer besetzt werden.
  • Ist eine Mooring vorhanden, so muss deren Sorgleine am Heck aufgenommen werden und zügig, aber ohne Hast nach vorne gebracht werden. Es ist sinnvoll diese Position mit zwei Leuten zu besetzen.

Das Manöver

Leere Mooring in der Gasse

Ist das Manöver geplant und sind alle Leute einsatzbereit an ihren Positionen, muss zunächst rückwärts Fahrt aufgenommen werden. Da das Boot sich am besten Steuern lässt, wenn es so viel Fahrt hat, dass der Radeffekt vernachlässigbar ist, ist es sinnvoll, einen möglichst langen Anlauf zu nehmen. Unter Umständen kann es dabei sinnvoll sein in die Gasse bereits rückwärts rein zu fahren. Ist nur wenig Platz vorhanden ist es sinnvoll kurz vor dem Rückwärts fahren, während das Boot noch nach vorne gleitet, dem Schiff einen Schwung entgegen des Radeffektes zu verpassen, so dass der Radeffekt ein wenig abgefangen wird. Wenn immer möglich sollte man mit dem Heck zum Wind fahren, denn so kann der Bug nicht unkontrolliert ausbrechen. Steht der Wind in die Gasse rein, kann es auch sinnvoll sein, die Gasse bis zum Ende zu fahren, um von dort aus rückwärts zurück zum gewählten Liegeplatz zu fahren. Meistens hat man die Wahl zwischen zwei Liegeplätzen auf beiden Seiten des Steges. Dann sollte man den wählen, bei dem man den Wind ablandig hat, so dass man mit dem Heck zum Wind liegt. Der Liegeplatz lässt sich zum einen erheblich leichter ansteuern, zum anderen besteht nicht die Gefahr, das man bei rutschendem Anker oder Mooringklotz auf dem Kai/Steg gedrückt wird.

Mooringleinen in der Gasse

Wichtig ist es auch möglichst mittig durch die Gasse zu fahren. Das verringert die Gefahr mit dem Schiff in die stramm gespannten Mooringleinen oder Ankerketten zu gelangen (siehe Bild).

Ausrichtung mit Luv-Leine und Motor

An dem ausgewählten Liegeplatz dreht man ein und fährt mit dem Heck so nahe an die Pier ran, dass der Springer an Land gehen kann und die luvseitige Heckleine, die er zugeworfen bekommt, zügig fest machen kann. Dabei unbedingt darauf achten, dass der Bug nicht allzu sehr über schwingt. Auch darf man nicht vergessen, dass der Drehpunkt des Schiffes irgendwo in der Mitte liegt und somit der Bug in die dem Liegeplatz gegenüberliegende Seite schwingen wird. Auf der Seite darf man nicht zu nahe an den dort fest gemachten Schiffen sein. In den meisten Fallen kann man nun bereits mit Motorunterstützung das Schiff auf Position halten (Eindampfen in die Achterleine, siehe Bild). Dazu legt man das Ruder hart in Richtung des Windes und kann nun mit dem Gashebel die Ausrichtung des Schiffes zum Steg beeinflussen. Kommt der Wind direkt von vorn auf den Steg zu, sollten nach Möglichkeit beide Heckleinen zügig befestigt werden. In allen Fällen kann man sich danach in Ruhe daran machen, die Mooring-Leine zu greifen, nach vorne zu tragen und dort zu befestigen. Dabei immer darauf achten, das die Leine nicht in die noch drehende Schraube gelangt.


Einhand Anlegen mit Mooring

Während man häufiger Mannschaften ausreichender Stärke lautstark und mit viel Hektik an Bord anlegen sieht, legen gleichzeitig nebenan andere Seglerinnnen und Segler einhand oder zu zweit sicher und ohne Hast an.

Natürlich freut sich mitunter auch diese/r, wenn ihr/ihm jemand an Land eine Leine annimmt, aber ansonsten läuft es meist rund genug, daß man im Gegenteil auch mit ausreichend großer Mannschaft davon lernen kann.

Nachfolgend sei exemplarisch (!) ein Manöver beschrieben, daß ich mal in einem Hafen an der Westküste Korsikas bei über 40 kn aus NW auf See beobachtete. Das Boot war gut elf Meter lang. Die Besatzung bestand aus einem Skipper, einem Kleinkind und einer Frau, die auf das Kind aufpaßte, also de fakto einhand. Die Anlegestelle bestand aus einem festen Steg, an dem man mit Heck oder Bug voraus anlegt und das Boot seewärts an einer Mooringsboje vertäut. Dabei böige ca. 20 kn Wind schräg von der Seite.

  • Der Skipper hat die Segel bereits vor der Hafeneinfahrt geborgen, dreht unter Maschine eine Hafenrunde oder zwei und findet schließlich eine Lücke von ca. 8 m Breite im Lee einer größeren Segelyacht zum Schutz gegen den Seitenwind.
  • Er belegt das Ruder im relativ großen Hafenbecken auf hart Backbord und läßt die Maschine eingekuppelt, so daß das Boot langsame Kreise dreht. Derweil bringt er an beiden Seiten Fender aus, bugsiert ein Schlauchboot vom Vordeck ins Wasser und bindet es mit dessen Heck- und Bugleine quer zur Fahrtrichtung ans Heck der Segelyacht. Anschließend bereitet er noch eine lange Vorleine und zwei Heckleinen vor.
  • Der Skipper geht wieder ans Ruder und fährt rückwärts in die vorher ausgesuchte Lücke. Kurz vor der Pier stoppt er auf und legt dann wieder den Rückwärtsgang ein, so daß sein Boot das Schlauchboot gegen den Steg drückt. Das Schlauchboot dient also als Fender.
  • Der Skipper belegt das Ruder mittschiffs, wirft die beiden Heckleinen an Land und steigt gegebenenfalls selber über, um sie dort festzumachen, falls dies nicht bereits eine helfende Hand an Land erledigt. Anschließend entert er wieder seine Yacht und belegt die Heckleinen in einer Länge, die einer Distanz zum Land von etwa zwei bis drei Metern entspricht.
  • Das Ruder bleibt belegt, aber nun wird die Maschine ausgekuppelt und der Vorwärtsgang eingelegt. Hier kann je nach Windverhältnissen auch das Gas etwas erhöht werden. Nun "hängt" das Boot in seinen Heckleinen stabil und das Schlauchboot ist wieder frei.
  • Da in diesem Hafen keine Moorings am Steg liegen, sondern Mooringsbojen vorhanden sind, besteigt der Skipper sein Schlauchboot und verholt sich entlang seiner Yacht nach vorne, greift sich die Vorleine und macht die Yacht an der Boje fest. Anschließend geht er an Bord, holt die Vorleine gut durch und belegt sie wieder. Anschließend wird nochmal der Rückwärtsgang eingelegt, um zu prüfen, ob die Länge der Vorleine angemessen ist und die Heckleinen werden in geeigneter Entfernung zum Land verkürzt.

Man sollte sich bei diesem Manöver klar machen, daß es nicht universell ist, sondern von bestimmten Randbedingungen abhängt und sich vorher überlegen, bei welchen Verhältnissen es nicht funktioniert und welche Alternativen existieren. Man kann dabei aber lernen, daß es nicht notwendig ist, Dinge parallel zu machen, sondern die meisten Manöver einem streng seriellen Ablauf folgen können und meist auch sollten.


Verschiedene Beispiele

Im folgenden finden sich einige Beispiele. Bei all diesen Beispielen wurde ausser dem Wind keine weitere Größe zur Entscheidungsfindung genutzt. Sie sind gewissermaßen idealisiert. Oftmals ist man aufgrund der freien Liegeplätze oder aus Mangel an Platz zum Schwung holen für das Rückwärts fahren viel eingeschränkter in der Wahl des Liegeplatzes und des Manövers. Auch müssen die Manövriereigenschaften des Schiffes bedacht werden.

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