Eindampfen in die Vorspring beim Anlegen

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Seemannschaft

Manöver > Anlegemanöver

Einleitung

Das Eindampfen in die Vorspring ist das sicherste Manöver für das Längsseits gehen. Es wird daher auch als Standardmanöver gelehrt. Grundsätzlich kann das Manöver immer beim Längsseitsgehen gefahren werden, nicht nur in den expizit genannten Situationen.

Das Eindampfen in die Vorspring ist in folgenden Situationen anzuwenden:

  • bei kleineren Crews, wo nur eine Leine zugleich ausgebracht werden kann,
  • wenn wenig Raum zum Manövrieren nach vorn und achtern bleibt, z.B. ein Liegeplatz zwischen bereits an der Pier befindlichen Booten angesteuert werden muss,
  • bei ablandigem Wind, wo der Radeffekt nicht mehr ausreicht, um das Schiff an die Pier zu ziehen,
  • wenn gegen den Radeffekt angelegt werden muss, weil die Schiffsrichtung z.B. durch den Strom bestimmt ist.

Es gibt kaum eine Anlegesituation längsseits, die mit diesem Manöver nicht bewältigt werden kann, sogar mit einer Crew von nur 2 Personen. Das Boot bleibt unter Leine und Motor zu jeder Zeit unter Kontrolle.

Vorbereitungen

Zwei Dinge müssen vorbereitet werden:

  • Fender an der Seite des Schiffes mit der angelegt werden soll. Diese müssen vorne bis mittig angebracht werden. Im Bugbereich wird idealerweise ein großer Kugelfender platziert.
  • Eine Bugleine, befestigt am Bug auf der Seite des Schiffes, mit der angelegt werden soll. Diese dient als Vorspring.
  • Eine Heckleine sollte bereits ebenfalls auf der Anlegeseite vorbereitet sein.

Das Manöver

Man steuert unter einem Winkel von 30-60 Grad zum Land auf die Stelle zu, wo der Bug des Schiffes an der Pier liegen soll. Zunächst bringt man den Bug so dicht an die Pier, daß die Person an Land springen kann, um dort die Leine an der Stelle zu belegen, die ungefähr in der Mitte der ausgesuchten Schiffsposition liegt. Bei Booten unter 30 Fuß kann sie auch in Höhe des späteren Heckbereichs befestigt werden. Bei Booten über 50 Fuß empfielt sich die Verwendung der dort meist vorhandenen Mittschiffsklampe und ein Belegen an Land in Hecknähe. Nach Möglichkeit sollte die Spring anschließend von Bord aus auf die passende Länge eingestellt und belegt werden.

Boot mit Motorhilfe aufstoppen. Landgänger oder Vorschiffsmann zeigt Rudergänger Distanz in Metern per Handzeichen an.

Landgänger gibt Leine an Land, geht an Land und belegt die Vorspring dort entweder gleich auf richtige Länge in Höhe der späteren Mittschiffs- oder Heckposition oder der Vorschiffsmann stellt sie an Bord auf die richtigen Länge ein. Sobald dies erledigt ist, gibt der Vorschiffsmann an den Rudergänger eine Fertig-Meldung "Vorspring belegt". Hat man nur ein Crewmitglied, so geht der Vorschiffsmann mit der Leine an Land und bedient sie von dort.

Sobald die Spring an Land belegt ist, Ruder hart seewärts legen, als ob man von der Pier weg fahren wollen würde, so dass man mit dem Heck so weit wie möglich parallel zur Pier legt. Im Standgas vorwärts einkuppeln.

Bis die Leine straff ist, nur soviel Gas geben, daß das Boot die Leine langsam strafft. Durch den per Ruderblatt umgelenkten Schraubenstrom wird das Heck dabei landwärts und der Bug seewärts gedrückt.

Wie bei allen Hafenmanövern gilt: So viel Gas, wie nötig, um die Leine straff zu halten und den gewünschten Dreheffekt des Hecks zu erzielen. Keinesfalls das Boot durch die Leine ruckartig abbremsen, auch weil dadurch das Boot zurückdreht, der Bug wieder landwärts zeigt und das Boot droht, in die Pier zu fahren. Langsam Gas erhöhen, so dass die Spring unter Spannung bleibt. Die Enddrehzahl ist abhängig von den Windverhältnissen.

Das durch die Schraube strömende Wasser wird durch das Ruder weg vom Land gelenkt. Durch den daraus entstehenden Rückstoß wird das Heck in Richtung Pier gedrückt. Nun kann das Schiff in Position gehalten werden und dabei die Ausrichtung der Bordwand parallel zum Land mit der Ruderlage bestimmt werden. In der Regel wird man das Ruder hart seewärts legen und belegen, bis die übrigen Leinen, als erstes die Achterspring, dann Bug- und Heckleine, ausgebracht sind. Bis dahin keinesfalls die Motordrehzahl senken.

Ist das Ruder sicher belegt und das Boot liegt längsseits, kann der Skipper nun der Crew helfen, die übrigen Leinen zu befestigen oder sich bei ausreichender Crew (auf größeren Schiffen) so positionieren, dass er einen besseren Überblick über das Geschehen hat.

Hinweise

  • Wie schon erwähnt, sollte die Vorleine nicht zum Abstoppen genutzt werden, sondern zum Gegenhalten gegen den Vorwärtstrieb des Schiffs, wenn es bereits steht, daher soll daß Boot bei der Leinenübergabe an Land stehen.
  • Das Manöver funktioniert umso besser, je näher die Schraube an dem Ruder ist. Das begünstigt meist Schiffe mit starrer Welle. Bei Schiffen mit Saildrive ist die Schraube meist weiter vom Ruderblatt entfernt.
  • In sehr seltenen Fällen, insbesondere auf manchen Langkielern, stellt man fest, daß der Schraubenstrom nicht durch das Ruderblatt umgelenkt wird. Hier ist das Drehen des Hecks über die Vorspring nicht möglich, weil man das Heck nicht durch Ruder hart seewärts an die Pier gedrückt bekommt. In solchen Fällen kann dennoch eine Mittelspring hilfreich sein, um das längsseitige Anlegen zu erleichtern (z.B. bei beengten Verhältnissen und/oder mit kleiner Crew. Ablegen über die Vorspring ist dagegen kein Problem.
  • Als Bugfender eignen sich besonders gut Kugelfender. Häufig wird das Manöver zu zaghaft gefahren, aus Angst, der Bug könne an der Pier beschädigt werden. Dafür ist der Fender da, dass das nicht passiert! Die meisten Manöver gehen dann schief, wenn der Skipper das Boot zu zaghaft an die Pier fährt und der Wind das Boot wegdrückt, so dass der Vorschiffmann nicht sicher aussteigen kann.
  • Der Bugfender sollte nach Möglichkeit aus der Hand gefahren werden und nur dann festgebunden gefahren werden, wenn es nicht anders geht (Zweimanncrew).
  • Das Ruderlegen kann erfolgen, sobald das Schiff zum Stehen gekommen ist. Die Leinenübergabe soll zugig (aber nicht hektisch!) erfolgen.
  • Dass man in einem "möglichst spitzen Winkel" anfahren muss, ist ein Gerücht. Auch bei 60 Grad Anlaufwinkel kommt das Boot sicher an die Pier, wenn man direkt vor der Pier zum Stehen kommt. Gegebenenfalls muss man leicht abdrehen, um dem Landgänger die Möglichkeit zum Übersteigen zu ermöglichen. Wenn man zu spitz, d.h. mit weniger als 30 Grad die Pier anläuft, ist es schwer, den Punkt zu treffen, wo der Bug zu liegen kommen kann.
  • Bei mehr als zwei Personen kann man auch im ersten Anlauf einen Mann an Land absetzen, der die Leine entgegen nimmt.
  • Die Länge der Spring ist nicht so wichtig, aber beim Anlegen sollte der Festmachepunkt an Land etwa mittschiffs liegen.
  • Sobald die Spring fest ist, hat der Rudergänger das Schiff voll im Griff. Daher kann der Rest des Manövers (Heranholen des Hecks, Ausbringen der Heckleine und weiterer Leinen, ganz in Ruhe erfolgen.
  • Bei ungeübten Crews empfiehlt sich, das Manöver vor Beginn des Törns einige Male zu üben und festzulegen, wer welche Position ausfüllt. Fast jeder Hafen besitzt irgendwo einen geeigneten Übungsplatz.

Bilder