GPS / Fehlerquellen

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Seemannschaft

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Trotz der hohen Genauigkeit und Zuverlässigkeit, sowie der leichten Handhabbarkeit der modernen GPS-Geräte, birgt das System zahlreiche Fehlerquellen. Man kann Fehlerquellen grob in vier Kategorien unterteilen: Anwendungsfehler, Störungen, Systemfehler und Zufallsfehler.

Anwendungsfehler

Anwendungsfehler stellen mit Sicherheit die häufigste Fehlerursache dar. Typische grobe Fehler sind:

  • Falsches Ablesen der Werte
  • Falsches Übertragen der Position
  • Verwendung eines ungeeigneten Kartendatums

Diese Fehler lassen sich nur durch besonders sorgfältiges Arbeiten vermeiden. Vor jeden Ablesen oder Übertragen von Positionen sollte man sich vorher sorgfältig überlegen, in was für einer Position man sich mit größter Wahrscheinlichkeit befinden wird.

Ablesefehler

Typische Fehler beim Ablesen sind:

  • Vertauschen von Länge und Breite
  • Verwechseln von Nord und Süd, bzw. Ost und West
  • Zahlendreher

Ein typischer Fehler beim Übertragen der Position zusätzlich zu den Fehlern, wie sie schon beim Ablesen auftreten können, ist die Verwechslung von Ost- und West-Längenangabe: Die Distanz zum vollen Längengrad, die man mit dem Zirkel am Kartenrand abnimmt, wird an der Position in die falsche Richtung abgetragen. Bei Karten die auch den Nullmeridian enthalten (z.B. die Übungskarte mit dem Englischen Kanal) ist hier besondere Sorgfalt angebracht, das sich die 'Denkrichtung' auf der Karte ändert. Gleiches gilt natürlich auch für die Breitengrade.

Fehler bei der Zeitbewertung

Navigation nach guter Seemannschaft findet grundsätzlich, von der Logbuchführung bis zum Karteneintrag, nach UTC statt. Es muß klar festgelegt sein, ob Wachpläne nach Bordzeit geführt werden. Das ist bei "kurzen" Mittelmeer-Törns die von zu Hause mitgebrachte Zeit (Uhrenumstellung erspart) oder die Landzeit. Hier kommt es immer wieder zu Verwechslungen oder fehlerhaften Umrechnungen.

Zu warnen ist vor allem vor fehlerhaften Eintragungen im Logbuch oder in der Karte. Bei Havarien ist dies ein erster Hinweis, das der Schiffsführer die Situation möglicherweise nicht beherrscht.


Fehler durch Nichtbeachtung der Kartendatums

Ein weiterer möglicher Fehler besteht in der Verwendung eines anderen Kartendatums. Ältere deutsche Karten verwenden zum Beispiel das System ED 50 (European Datum), während GPS ausschließlich mit WGS84 (World Geodatic System 1984) arbeitet. Der Unterschied von WGS84 zu einem anderen Kartendatum kann bis zu einer Seemeile betragen (in dem Fall von ED 50 sind es bis zu 500m). Der abgelesene Wert muss also von WGS84 in das jeweiligen andere System übertragen werden. Informationen dazu finden sich in der Regel auf der Karte. Oder in einem Dokument der IHO : 'User’s Handbook On Datum Transformations Involving WGS 84' (S-60) [1]. Viele Geräte lassen sich auf ein anderes Kartendatum umschalten. Dies hat verschiedene Vor- und Nachteile, so dass jeder Skipper für sich entscheiden muss, welchem Kartendatum er den Vorzug gibt. Wichtig ist nur, dass sich die ganze Mannschaft darüber im Klaren ist, auf welches Kartendatum das GPS-Gerät eingestellt ist. Im folgenden ein paar Argumente:

  • Wird das Datum der Karte im GPS benutzt, so kann der abgelesene Ort direkt in die Karte übernommen werden, Umrechnungsfehler werden vermieden.
  • Die meisten Geräte zeigen nicht direkt an, welches Kartendatum sie verwenden. Diese Einstellung lässt sich meist nur in dem entsprechenden Konfigurationsmenü erkennen. Es muss auf anderem Wege sichergestellt werden, dass jeder mit der Navigation betraute weiß, welches Datum verwendet wird.
  • Wird das jeweilige Kartendatum verwendet, so muss bei Kartenwechsel sicher gestellt werden, dass ein eventuell neues Kartendatum am Gerät eingestellt wird. Dieses ist aufgrund der schon oben angesprochenen Anzeigeproblematik sorgfältig zu dokumentieren und der Crew zu kommunizieren.
  • Bei Übertragung der Position vom GPS an andere Geräte wird das Kartendatum in den meisten Fällen nicht mit übertragen. Dies geschieht allerdings bei einigen Geräten mit proprietären Protokollen oder NMEA-Datensätzen. Gerade in Verbindung mit einem DSC-Funkgerät kann es bei einigen Funktionen wie Notrufen oder positionsabhängigen Anrufen zu Fehlinterpretationen kommen, da das verwendete Kartendatum nicht mit übermittelt wird.

Probleme mit ungenauen Karten

Beispiel für einen Fehler bei einem Kartenplotter mit GPS. Das Boot lag festgemacht an der Mole. Durch ungenaue Karte oder eine ungenaue GPS-Position scheint es an Land zu liegen.

Ein wichtiger Punkt, der meist vergessen wird, ist auch die Genauigkeit der Karten. Im allgemeinen kann man sogar davon aus gehen, dass die Karten ungenauer sind als das GPS. Viele Vermessungen stammen noch aus Zeiten, zu denen GPS noch nicht in Betrieb war. Es gibt Karten, die auf über 100 Jahre alten Vermessungen beruhen. Gerade in solchen Gebieten sollte man unbedingt terrestrisch navigieren, denn beim Segeln ist nicht die absolute Position nach Länge und Breite interessant, sondern die Position des Bootes im Verhältnis zu Land und sonstigen Hindernissen. In der terrestrischen Navigation kann man diese Daten auch gewinnen, wenn die Karte nicht genau mit dem Koordinatensystem übereinstimmt. Ein typisches Beispiel kann man bei Kartenplottern sehen, wenn man im Hafen liegt. Häufig - gerade bei älteren elektronischen Karten - wird das Boot weit an Land liegend angezeigt, auch wenn die GPS-Position dank DGPS oder WAAS/EGNOS auf wenige Meter genau sein sollte. Würde man hier ausschließlich nach GPS navigieren, wäre das Unglück vorprogrammiert. Während im Hafen der gesunde Menschenverstand noch die Diskrepanz aufzeigt, so dass man nach Sicht navigiert (die einfachste Form der terrestrischen Navigation), ist das auf See in der Nähe von Untiefen leider ein häufig vernachlässigtes Problem. Jede Position sollte immer mit mehreren Navigationstechniken überprüft werden! Eine dieser Techniken sollte wo immer möglich die terrestrische Navigation sein.

Störungen

Die Laufzeiten der Satellitensignale können durch externe Einflüsse gestört werden:

  • Abschattung: Die GPS-Antenne kann durch Schiffsaufbauten oder Bauwerke abgeschattet oder reflektiert werden. Kurzzeitige Ablagen von bis zu 0,5 sm sind möglich
  • Störquellen: In der Nähe von Radiosendern, Flughäfen oder sonstigen Funkanlagen können Störungen auftreten
  • Atmosphärische Störungen: Durch die Atmosphäre können die Signal-Laufzeiten verfälscht werden. Der GPS-Empfänger versucht, die Satelliten zu nutzen, die hoch am Horizont stehen damit die Signalstrecke durch die Atmosphäre so kurz wie möglich ist. Störungen lassen sich trotz allem nicht ausschließen.

Systemfehler

Systemfehler sind Fehler, die in dem komplexen elektronischen System, das GPS bildet, auftreten. Auch wenn das System für Militärzwecke entwickelt wurde und daher großer Wert auf die Zuverlässigkeit gelegt wurde, ist es natürlich nicht gegen Fehler und ausfälle gefeit. Während ein Gesamtausfall des Systems recht schnell auffällt, da keine Position angezeigt werden kann, gibt es zahlreiche weitere Fehler, die nicht so eindeutig zu erkennen sind - zum Beispiel Fehler in den Uhren des Systemes. Viele Systemfehler sind ohne weitere Hilfsmittel nur zu erkennen, wenn sorgfältig mit gekoppelt wird und die GPS-Positionsdaten kontinuierlich durch andere Navigationsmethoden überprüft werden.

Werden solche Fehler bekannt, so werden diese über Navtex und SafetyNet bekannt gegeben. Tatsächlich wurden jedoch in der Vergangenheit immer wieder größere Abweichungen beobachtet, ohne das die Betreiber des GPS dies bekannt gegeben hätten. Das wurde von den Planern von GALILEO auch als einer der wichtigsten Gründe für die Einführung dieses alternativen Satellitennavigationssystems genannt.

Typische Systemfehler sind:

  • Ausfall von Satelliten: Dies führt in der Regel nur zu einer Vergrößerung des möglichen Aufenthaltsbereichs, da meist genügend alternative Satelliten in Sicht sind.
  • Fehler in den Uhren der Satelliten: Da die Positionsbestimmung die präzise Zeit voraus setzt, können Fehler in den Uhren der Satelliten Fehler bei der Positionsberechnung zur Folge haben. Normalerweise sollte der Rechner des Systembetreibers dies erkennen und die Uhren entweder korrigieren oder die Satelliten als "schlecht" markieren.
  • Computerausfall im Kontrollzentrum des Betreibers. Ein solcher Fehler führt nicht unmittelbar zu einer Störung auf der Empfängerseite, weil die Satelliten weiter senden, allerdings werden die Satellitendaten nicht mehr korrigiert und es kommt nach einiger Zeit zu einer Verschleppung von Fehlern.
  • Fehler in der Empfangseinheit: Oft kann es durch Abdeckung der Antenne oder aber durch defekte Kabel zum Ausfall der Empfangseinheit kommen.
  • Fehler in der Empfängeruhr: Auch hier können Zeitfehler zu Fehlern in der Positionsbestimmung führen.

Während Fehler in der Empfangseinheit durch Dopplung der Geräte kompensiert werden können, muss man bei Ausfällen im Bereich der Satelliten oder ihres Kontrollsystems darauf warten, dass der Fehler durch den Betreiber behoben wird. In der Zwischenzeit ist man auf andere Navigationsverfahren angewiesen.

Zufallsfehler

Wie bei jedem elektronischen System besteht immer die Möglichkeit, das kurzzeitig durch Übertragungs- oder Softwarefehler Fehler in der Positionsbestimmung auftreten. Diese Fehler sind am schwierigsten nachzuvollziehen, treten jedoch meist nur sehr kurze Zeit auf. Bei der nächsten Positionsbestimmung sollte der Fehler wieder verschwunden sein. Moderne Geräte bestimmen die Position mehrfach in der Sekunde. Daher sind diese Fehler in den meisten Fällen vernachlässigbar, sofern diese nicht regelmäßig und häufig auftreten.

Beispiele von Fehlfunktionen

http://www.nasa.gov/pdf/148072main_DART_mishap_overview.pdf
Wie man an diesem Report sieht, ist nicht einmal die NASA vor GPS-Fehler sicher. Auch wenn die sicherlich die höchste Genauigkeit zur Verfügung haben dürften, sind sie nicht vor Softwarefehlern gefeit. Wenn man sich klar macht, wie hoch die Sicherheitsbestimmungen und Qualitätsmaßstäbe dort sind, wird man sich über die Fehlerfreiheit von Software für Sportboote sicherlich keine Illusionen mehr machen.
BSU-Untersuchungsbericht 276/14
Zwei nachweislich miteinander kollidierte Frachtschiffe waren auf sämtlichen AIS-Aufzeichnungen der GPS-Signale, also auch auf der AIS-Anzeige der jeweiligen Brücke, 566 Meter auseinander. Vermutet wird die Abschattung und dadurch Umwegempfang eines Satelliten bei einem der Schiffe.