Grundsätzliches zu Anlegemanövern

Seemannschaft

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Planung des Manövers

Bei jedem Manöver sollte man sich genau die örtlichen Gegebenheiten ansehen und möglichst alle Varianten des Manövers durch spielen. Lieber noch ein paar Runden im Hafen drehen oder sogar noch einmal heraus fahren, als ein verunglücktes Manöver zu fahren.

Die folgenden Punkte sollten bedacht werden:

  • Abdrift durch Wind
  • Abdrift durch Strom
  • Hat Wind oder Strom den größeren Einfluß?
  • Wieviel Platz ist vorhanden?
  • Tiefe des Liegeplatzes?
  • Größe des Liegeplatzes?
  • Wie wird man anlegen (Heck zur Pier, längsseits, in Boxen, Ankern)?
  • Hat die Pier Vorsprünge (Schäden bei versteckten Vorsprüngen unter Wasser!)
  • Mannschaftsstärke
  • Was kann schief gehen?
  • Was tun, wenn es schief geht?
  • Was sagt der Hafenführer?
  • Was steht in der Karte?
  • Kann man das Schiff geeignet abfendern?
  • Welche Leinen braucht man?
  • An welchen Plätzen darf man liegen?
  • Wie verhält sich das Schiff beim Rückwärtsfahren?
  • Wie schnell stoppt das Schiff auf?
  • Wie klein ist die Minimalgeschwindigkeit, bei der bei den gegebenen Umständen noch sicher manövriert werden kann?

Aus der Vielzahl der zu bedenkenden Punkte läßt sich leicht sehen, dass ein Anlegemanöver Zeit und Ruhe bei der Planung braucht. (Übrigens: Ein Schiff läßt sich leicht nahezu auf der Stelle halten, wenn man mit dem Heck zum Wind rückwärts einkoppelt und ggf. noch etwas Gas gibt).

Hat man sich auf ein geeignetes Manöver festgelegt muss danach die Mannschaft ausführlich informiert werden und nach Eignung auf die benötigten Positionen verteilt werden. Jeder sollte sich über die Aufgaben an seiner Position vollkommen im klaren sein. Wichtig ist auch, dass die Helfer nur auf die Kommandos des Skippers/Steuermanns hören! Keinenfalls dürfen Kommandos von an Land stehenden befolgt werden. Über den Sinn und Unsinn externer Tipps muss der Skipper/Steuermann entscheiden. Andernfalls könnte das ganze Manöver durcheinander geraten, was meist zum Fehlschlag führt. Aussenstehende sind nicht in die Manöverplanung eingebunden gewesen, wissen daher nicht, welches Manöver geplant ist und können somit nur schwerlich sinnvolle Tipps geben.

Des weiteren sollten klare Handzeichen vereinbart sein. Diese sind meist besser zur Kommunikation geeignet als Rufen.

Einteilung der Mannschaft

Folgenden Punkte sollten bei der Einteilung beachtet werden:

  • Im Hafen werden möglichst Rettungswesten getragen, aber keine Lifelines mehr verwendet. Dies gilt insbesondere für den Springer, für den das versehentliche Anleinen lebensgefährlich sein kann, wenn er wegen der Lifeline in den Spalt zwischen Bootsrumpf und Pier fällt und eingequetscht wird.
  • Es wird ein/e verantwortliche/r Leiter/in des Anlegemanövers bestimmt. Das ist prinzipiell immer der/die Skipper/in, kann aber auch an eine bestimmte Person wie zum Beispiel dem/der Wachführer/in delegiert werden. Wichtig ist, daß eine solche Delegation der kompletten Crew bekannt gegeben wird. Bei kleinen Booten ist diese Person meist gleichzeitig Rudergänger, bei großen Booten sollte sie besser einen Platz mit optimalen Überblick übers Boot suchen, z.B. neben dem Mast, seltener im Heck und dem Rudergänger Anweisung geben. Diese Person verständigt sich vor Beginn des Manövers sowohl mit dem Rudergänger als auch mit der Crew an den Festmachern über die verwendeten Handzeichen.
  • Der Rudergänger bedient meist gleichzeitig die Maschine und hat in der Regel direkten Kontakt zu dem Teil der Crew, der die Festmacher an Bord bedient und natürlich zur Manöverleitung (s.o.). Bei sehr großen Booten empfiehlt sich der Einsatz von Handfunkgeräten, deren Verbindung unmittelbar vor dem Manöver überprüft wird.
  • Von Festmachern wird die etwaige Part mit einem eingespleißten Auge durch eine Klüse nach außen geführt, über der Reling wieder an Deck geholt und in etwa passender Länge zum Werfen klar gelegt.
  • Der beste Springer 'springt' an Land. Das Springen ist nicht wörtlich zu nehmen - nach Möglichkeit sollte er/sie sicher an Land steigen, um Verletzungen durch unglückliches Aufkommen oder Ausrutschen zu verhindern, die nicht nur schmerzhaft, sondern auch schädlich für den Ablauf des Manövers sein können. Dies kann gegebenenfalls auch schon vorher bei einer Vorbeifahrt passieren. Wenn möglich, sollte der Springer ohne Leine an Land gehen. Er bekommt sie danach vom Boot aus zugeworfen. Falls keine weitere Crew zum Übergeben des Festmachers existiert, dann belegt er sie am äußersten Ende an Bord, nimmt er sie mit an Land und stellt die richtige Leinenlänge dort ein. Wenn es schnell gehen soll und kein Auge vorbereitet wurde, dann ist es kurzzeitig auch ausreichend, wenn man die Leine mit ein paar Rundtörns fixiert. Mit korrekten Knoten sollte man sich an dieser Stelle nicht aufhalten, aber später an eine Korrektur der Leine denken. Die Leine an Bord sollte unbedingt immer so belegt sein, daß sie auch unter Last jederzeit sicher losgeworfen werden kann. Augen, Achtknoten oder Palstek an der schiffsseitigen Part des Festmachers sind deshalb zu vermeiden. Sobald die Leine an Land fest ist, gibt der Springer Zeichen, z.B. durch Anheben beider Arme ("ohne Arbeit").
  • Es ist jemand zu bestimmen, der Abstände gut einschätzen kann, und diese per Handzeichen an den Leiter des Manövers (s.o.) weitergibt. In der Regel ist das der Werfer.
  • Der beste Werfer geht an die Luv-Leine und gibt nur soviel Leine wie nötig über. Keinesfalls wirft er den ganzen 'Leinenberg' an Land. Sobald die landseitige Part des Festmachers fest ist, stellt die Crew an Bord die nötige Länge des Festmachers ein und belegt an der Klampe (so vorhanden). Sobald der Festmacher an Bord belegt ist, gibt die Crew Zeichen an den Leiter des Manövers (s.o. unter Springer).
  • Das Hantieren mit einer Mooring-Leine erledigt man am besten zu zweit und mit festen Arbeitshandschuhen. Viele Boote halten extra Handschuhe für Arbeiten an Ankerketten und Moorings bereit.
  • Je nach Größe des Schiffs sollten ein bis zwei nicht mit Leinen beschäftigte Personen mit einem Fender in der Hand als laufende Fender bereitstehen, um notfalls das Schiff abzufendern, sich jedoch zwischenzeitlich hinsetzen oder hinter Schiffsaufbauten verstecken, um die Sicht der arbeitenden Crew nicht zu verdecken.

Während des Manövers

Während des Anlegemanövers sollten die folgenden Punkte beachtet werden.

  • Jeder, der gerade nichts zu tun hat, setzt sich hin und schafft so freien Blick für Skipper und Rudergänger.
  • Es sollte möglichst Ruhe herrschen, nur Kommandos und Rückmeldungen der jeweils unmittelbar Beteiligten dürfen kommen.
  • Aufforderungen oder Ratschläge von Personen an Land oder auf anderen Booten werden unabhängig von der Zahl der Streifen auf der etwaigen Uniform prinzipiell seitens der Crew freundlich ignoriert. Bei vermuteter Sinnhaftigkeit wird dem Skipper ein Zeichen gegeben, daß er die Kommunikation übernimmt.
  • Das Anrufen von Personen an Land oder auf fremden Booten übernimmt prinzipiell der Skipper, außer er beauftrag explizit einen Teil der Crew - z.B. zur Umgehung von Sprachbarrieren.
  • Leinen sollten erst auf Geheiss des Skippers fest gemacht werden. Vorher sind sie so auf Slip zu legen, daß man das Schiff gut halten, aber die Leine jederzeit zügig fieren kann.
  • Der Motor wird erst ausgeschaltet, wenn alle Leinen festgemacht sind.