Törnbericht 2014 Ostschweden - Bottensee - Finnland - Aaland

aus SkipperGuide, dem Online-Revierführer über die Segelreviere der Welt.
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Das ist der Bericht über unsere erste große Reise. Ermöglicht wurde sie durch die Pensionierung der gesamten Crew im Vorjahr. Zu erwerbstätigen Zeiten waren wir unterwegs in den dänischen Inseln, in Kattegat und Skagerrak bis zur norwegischen Grenze, auch mal im Limfjord und einige Male in Ostschweden bis Aaland. Jetzt soll es weiter gehen.

Das Boot ist eine Comfortina 35, gerade 10 Jahre alt geworden. Sie fährt ein Großsegel mit 3 Reffs, davon Reff I und II als Einleinenreff. An Vorsegeln gibt es Selbstwendefock, 120%-Genua und Gennaker. Navigiert wird mit Papierkarten und parallel elektronisch mit MaxSea Time-Zero. Dazu gibt es einen NAVTEX-Empfänger, AIS-Transponder und DSC-Funk. Für Skandinavien hat das Boot Heckanker mit 8 m Kettenvorlauf und Ankarolina, Verschiedenste Felseisen, Schlauchboot mit Elektro-Außenborder, 2 Bojenhaken (offen und geschlossen).

Zum Schluss ist folgende Route dabei rausgekommen:



Und nun geht's los:


15. Mai - Warnemünde


Pintail ist unterwegs.

Seit gut zwei Wochen Rentner, und jetzt geht es endlich auf die lange Fahrt Richtung Nordosten so weit es geht. Kehrtwende wird etwa Mitte Juli sein irgendwo im bottnischen Meerbusen. Und von diesem Törn werden wir hier berichten.

Im Moment sitzen wir aber erst mal in Warnemünde im Yachthafen Mittelmole, und es regnet, regnet, regnet. Es ist Lesestunde. Der Hafen ist überraschend gut mit ausgezeichneten Sanitäranlagen, nettem Hafenmeister und ausgesprochen billig.

Dienstag sind wir in Eckernförde los und bei NW Bft. 7 gleich durchgerauscht nur mit kleiner Genua nach Orth auf Fehmarn. Dort ist es um diese Jahreszeit ausgesprochen gemütlich, leicht verschlafen noch. Nur die Kite-Surfer bevölkern schon in Normalzahl ihre urige Hafenspelunke.

Weiter ging's nach Travemünde zum Freunde besuchen. Da haben wir an einem Steg im Fischereihafen gelegen, gleich W-lich der Priwall-Fähre. Das ist nicht unbedingt zu empfehlen. Die Schraubengeräusche der dicht vorbei fahrenden Fähren haben doch erhebliche Lautstärke, und das geht bis kurz vor Mitternacht und fängt um 05:00 h schon wieder an. Fördert nicht gerade den Schlaf.

Und als nächstes wollen wir nach Hiddensee oder Rügen und schlängeln uns dann weiter gen Nordosten.


19. Mai - Darßer Ort

Das war wohl nix mit der Routenplanung! Der DWD hatte SE um 3 Bft geweissagt, es kam aber NE und außerdem meist 0 - 2, dazu im Wechsel Regenschauer und Pottennebel. So sind wir in dem sagenumwobenen Darßer Ort gelandet.

Ja, die Zufahrt ist ausgebaggert. Nein, sie hat nicht überall über 3 m. Kurz vor den Einfahrtsmolen schiebt sich von links der Sand herein. Dort reicht also nicht die Fahrwassermitte, man muss nach rechts ausweichen.

Im Hafen selbst als einziger Segler freundliche Begrüßung durch die Seenotretter. Von WWF-Hafenmeistern zunächst keine Spur.

Das Festmachen ist etwas anders als sonst. Keine Pfähle, sondern Heckbojen. Als alte Schwedensegler haben wir natürlich einen Bojenhaken. Wer den nicht hat, muss sich auf Verzögerungen gefasst machen, bis er die Boje hat. Die Ringe liegen sehr tief. Überraschungen halten auch die Befestigungsmöglichkeiten für die Vorleinen am Steg bereit. Ganz ökologisch korrekt und nur mit nachwachsenden Rohstoffen sind dort die Belegmöglichkeiten gestaltet (siehe Foto).

Wer bei hartem Wetter schnell mal das Boot unter Kontrolle kriegen will, sollte das vorher wissen.

Ansonsten ist der Hafen ganz toll, die Umgebung für Klappfahrradbesitzer grandios.

Und was ist nun mit dem Hafenmeister? Der ist morgens zwischen 0600 und 0900 da und kassiert auch Liegegebühren. Ganz freundlich, keine Kommentare zu Naturschutz oder was man hier wolle, nichts. Nur normales Hafenmeistergeschäft. Geht auch gar nicht anders, denn am Steg steht eine Tafel mit den offiziellen Liegegebühren.


20. Mai - Vitte-Langeort auf Hiddensee

Langeort ist schön, noch fast leer. Angeblich ist es hier bei Ostwind kabbelig. Wir merken nix bei SE 5 - 6 am äußersten Steg. Der Hafen ist teuer: 20,- € für 11 m, und dazu alles extra, Strom, Wasser, Dusche. Die Landschaft im Norden Hiddensees ist das aber allemal wert.

Mit den Fahrrädern haben wir auch die anderen Häfen abgeklappert:

Kloster: Da liegt derzeit ein Saugbagger mit Spülleitung auf die Westseite der Insel, wo Strand vorgespült wird. Auskunft des Hafenmeisters: Dieses Jahr wird das nix mehr mit Liegemöglichkeiten für Segler.

Vitte Stadthafen: Alles OK, aber laut. Die Saison geht los und alle 1/4 Stunde kommt 'ne Fähre.

Neudorf: Nun ja, ein etwas schmuckloser Hafen, aber leicht zu erreichen.

Zu den Zufahrten und Fahrwassern: Alles ausreichend tief. Wir hatten mit 1,90 Tiefgang immer min. 20 cm unterm Kiel.


22. Mai - Lohme (Rügen)

Wir sind bei strahlendem Sonnenschein und steifem ESE von Vitte nach Lohme in der Tromper Wiek gefahren. Reff II war schon nötig, aber das lief !!! Nur vor Kap Arkona eine Wende, und dann Anlieger nach Lohme.

Der Hafen ist ja nett! Unterhalb des enormen Steilufers und ohne eigene Straßenanbindung total ruhig. Eine nette kleine Kneipe mit gutem Eis liegt direkt darüber, etwa 60 Stufen einer ewig langen Treppe entfernt. Zum Königstuhl kann man wandern über einen herrlichen Pfad durch Buchenwälder, nur zu Gesicht bekommt man ihn erst, wenn man Eintritt bezahlt und sich langweilige Vorträge anhört. Haben wir dann nicht gemacht.

Der Hafen hat einen netten Hafenmeister und WLAN (wichtig, weil es kein UMTS-Netz gibt). Aber: Die Zugangsdaten auf den Rubbelkärtchen, die man für € 2,95 kauft, funktionieren nicht. Und die Telefonnummer, die der Betreiber auf seiner Website angibt, gibt es nicht. Ärgerlich.


23. Mai - Rønne & Hasle (Bornholm)

Jetzt aber los nach Bornholm. Vorhersage spricht von SE 5 Bft, und das bei Soll-Kurs 045°. Und so kam es wirklich, nur manchmal auch 6 Bft, dafür strahlende Sonne. Ein Reff ins Groß, und In 7 ½ Stunden den Weg nach Rönne, das war reinste Raserei.

Nörrekas ist noch gähnend leer, aber bereits international besetzt: Außer etlichen Deutschen Polen, Holländer, Finnen. Es gibt aber keinen Hafenmeister, nicht beim Anlegen und auch sonst nicht. Auch nicht zu seinen offiziellen Bürozeiten. Dafür ein Automat, an dem ein Schild erst mal verkündet, dass er teilweise kaputt sei. Man könne die Hafengebühren nur über eine Art Webbrowser anmelden und bezahlen. Und dann geht’s los: Bootsname, eigener Name, Heimatadresse, schließlich Kreditkartennummer und Prüfziffer. Neeee !! So machen wir das nun wirklich nicht ohne zu wissen, welche IT-Sicherheit hinter einem solchen öffentlichen System steckt. Wird sich schon am nächsten Morgen einer melden und fragen, warum wir nicht gezahlt haben. Tut aber keiner. Weit und breit immer noch keine harbour authority.

Also legen wir ab und tuckern im Pottennebel die paar sm nach Hasle. Dort ist übrigens der laut Hafenhandbuch ausgewiesene Gästehafen ein Kleinbootshafen mit Fingerstegen, viel zu klein für ausgewachsene Yachten. Und der eigentliche Gästehafen ist das Becken 1 des Fischereihafens, wo man längsseits liegt. Aber auch hier: Derselbe Unfug mit dem webbasierten Liegegeldticketautomaten und kein Hafenmeister.

In beiden Häfen übrigens sehr schlechter Erhaltungszustand: Da gibt es in Rönne kein Wasser auf den Stegen, an den Duschen sind die Münzautomaten zugetaped („defekt“), der Lüfter einer Toilette fehlt, um die losen Kabel herum Brandspuren. In Hasle Wasserhähne an den Stegen demontiert, vorhandene Schläuche gerade mal 10 m lang, jede dritte Steckdose ist tot. Na, wenn da mal die Saison kommt.


25. Mai - Simrishamn (gut eingeweht)

Das war ja mal eine Super-Wetterprognose des DWD. Schon am Samstag wird für Dienstag 0300 h NE 7-8 angegeben mit 9er-Böen für die Hanö-Bucht und umzu. Und da wollen wir ja hin. Also machen wir uns am Sonntag auf nach Simrishamn. Bei Sonne satt und auf 5 Bft zunehmendem West – Ideales Segeln.

In Simrishamn fehlen noch zwei komplette Schwimmstege. Also drängelt sich alles am schon fertigen Steg D, und tatsächlich ist der Hafen auf diese Weise trotz Vorsaison am Abend komplett dicht. Im Gegensatz zu Bornholm funktioniert hier aber alles. Strom, Wasser, erstklassige Sanitäranlagen – die reinste Erholung.

Am Montag dann umlaufende Flaute und Sonne. Das erzeugt einen Waschtag mit Trocknungsmimik an Über-Deck-Makramee, Strandspaziergänge, Radtouren. Am Nachmittag kommt ein Typ in Arbeitskleidung mit Klemmbrett in der Hand langsam den Steg entlang. Begleitet wird er von blubbernden Geräuschen im Wasser, zu denen ein Taucher unter dem Schwimmsteg gehört. ??? „Wir kontrollieren die Verankerung des Steges. Es soll Sturm geben“ ist die Antwort. Hat man sowas von Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein schon mal erlebt?

Und dann in der Nacht: Pünktlich 0400 h in der Früh holt das Boot über, es heult und pfeift, die Leinen knarzen. Ein Blick auf den Windmesser zeigt Böen 9 Bft aus NE. Am Morgen läuft der Hafen langsam voll. Zum Schluss neigen sich die Brücken der Schwimmstege leicht zum Land hin. Die beiden kleinen Tonnen, die die Einfahrt zum Yachthafen markieren, haben wohl zu kurze Ketten, sie saufen ab und sind nicht mehr zu sehen. Macht nichts, denn bei Grundseen von 2 m in der Hafeneinfahrt läuft hier sowieso keiner rein oder aus.

Also, zwei Tage Pause, Lesetag, Reparaturen. Donnerstag ist alles vorbei.


30. Mai - Hanö

Das hat Spaß gemacht: Endlich wieder Segeln. Nach zwei Tagen eingeweht und dann noch einem Tag mit umlaufender Flaute in Simrishamn raus und nach Norden. Rauschefahrt mit fast 8 kn über die Hanö-Bucht, die sich den Vormittag über von ihrer besten Seite zeigt (macht sie ja nicht immer). Zum Mittagessen schon in Hanö längs an der Mole, außer uns nur noch zwei Schiffe. Bis zum Nachmittag läuft der Hafen aber voll und gegen Abend haben wir schon das erste Dreier-Päckchen.

Hanö ist wie immer: Ruhig und gemütlich. Es gibt immer noch den perfekt deutsch sprechenden Hafenmeister, die Fähre macht immer noch einen Höllenkrach und die Landschaft und Aussicht sind super schön.


31. Mai - Utklippan (endlich wieder)

Von Hanö war nur schwacher Wind angesagt aus SE, also war unser Ziel der Skärengarten von Blekinge vor den Toren von Karlskrona. Und dann plötzlich 3 und 4 Bft. Heidewitzka, da ging‘s nach Utklippan. Schnell mal nachgeschaut im Web auf http://www.webbkameror.se/webbkameror/utklippan/webkamera_utklippan_1280.php : Im Hafen liegen nur drei Boote.

Ach, ist das schön dort! Die Vögel in der absoluten Überzahl. Menschen müssen sich vor diesem brütenden Getier in Acht nehmen. Möwen, Gänse der verschiedenste Sorten und Enten, irgendwelche tauchende Wasservögel, kleine, schwarz-weiße Vögel, die fast aussehen wie Pinguine. Und alles schnattert durcheinander. Die ersten geschlüpften Jungvögel werden schon ausgeführt und in die Kunst des Fressens eingewiesen.

Ein kleiner Ruderweg rüber zur Hauptinsel mit dem Leuchtturm. Die ist menschenleer, noch keiner da. Und dann kommt abends doch noch der Hafenmeister mit dem Ruderboot rüber und kassiert. Aber erst mal fragt er, wie es einem geht, ob es hier gefällt, woher, wohin usw. Super nett. Wo der Kerl wohl vorher gesteckt hat?

Und noch ein bisschen was Nautisches: Utklippan hat ja zwei Einfahrten, von West und von Ost. Es empfiehlt sich immer, die Einfahrt von Lee zu nehmen, dann kommt man mit den engen Verhältnissen im Hafen besser zurecht. Und wer immer Strom braucht: Es gibt nur einen Steckdosenpfosten, und der ist an der Ostmole.


2. Juni - Kalmar

Der Abschied von Utklippan fällt immer schwer, wie die Bilder erahnen lassen. Aber die Versorgungslage dort ist eben mau, und irgendwann braucht man was zu essen und Wasser.

Den Weg nach Norden haben wir nicht in eins gemacht, sondern wollten erst mal nach Kristianopel. Weil das Wetter aber so gut war und wir einen schönen, schnellen Anlieger gefahren sind, ging‘s gleich weiter nach Bergkvara. Die südliche Einfahrt dort ist nicht schwierig, großschiffgeeignet. Der Hafen geräumig, Liegeplätze satt. Im Gegensatz zu früher liegen dort jetzt aber Heckbojen aus, mit wenigen Ausnahmen sehr dicht bei den Stegen.

Das Hafenmanagement ist etwas komisch. Das Clubgebäude ist in der Vorsaison noch rappeldicht. Kein Mensch da. Stattdessen gibt es Schilder, man habe die Hafengebühren "in der Rezeption" zu entrichten. Wo ist die? Und was ist in einem Yachthafen eine Rezeption? Weit und breit kein Hotel!

Dann ein Hinweis von Einheimischen: Die "Rezeption" sei beim Campingplatz, einige 100 m in nördlicher Richtung. Das allerdings kann nicht stimmen, denn was hat ein Campingplatzt mit einem Yachthafen zu tun? Also erst mal nichts tun und warten, dass am Morgen der Hafenmeister klopft. Tut er nicht, gar nichts passiert.

Stattdessen entdecken wir beim Ablegen am Strompfosten ein winziges Schild, welches bekanntgibt, dass der Hafen doch dem Campingplatz gehört und dass, wer nicht bis 21:00 h Hafengebühren zahlt, fotografiert wird und dass dieses Foto per Mail an "alle Marinas" geschickt wird. Na, na, na! Ist das die feine englische Art? Oder ist das der lokale Trend? Vor vier Jahren hatten wir nämlich in diesem Hafen noch einen Disput mit der damals noch am Steg aufkreuzenden Hafenmeisterin verloren, die darauf bestand, dass eine 50% höhere Liegegebühr als am Hafenkiosk ausgehängt völlig in Ordnung sei und dass eine Quittung völlig unnötig sei. Also, trotz landschaftlicher Schönheit ein etwas suspekter Hafen.

Schließlich geht's weiter nach Kalmar. Früh aufgestanden und unter Segeln im Cockpit gefrühstückt, denn der Wetterbericht spricht von zunehmendem Wind bis 6 Bft gegenan. Brauchen wir nicht im Kalmar Sund. Also wird gekreuzt, erst ein Reff, dann zwei, und dann sind wir auch schon an der Südeinfahrt nach Kalmar. Plünnen runter und reinmotort - inzwischen tatsächlich 6 aus NNE.



Im Ölandshamn große Überraschung: Nix mit Vorsaison. Der ist kurz nach Mittag schon fast voll. Alles Holländer und Deutsche auf dem Weg nach Norden. Morgen schauen wir uns das mal genauer an.


3. Juni - Immer noch Kalmar

Es regnet den ganzen Tag leicht. Macht nichts, wir wollten sowieso erst mal hier bleiben.

Der Ölandshamn hat sich verändert. Vom Bahnhofskai her liegt jetzt ein Schwimmsteg mit Auslegern, großenteils belegt mit riesigen einheimischen Motoryachten. Am Ostkai ist ein niedrigerer Holzsteg vorgebaut, so dass auch Crews von niedrigeren Booten sicher an Land kommen. Ansonsten im Hafen alles beim Alten: Erstklassige Ausstattung mit reichlich Strom- und Wasseranschlüssen, die Sanitäranlagen vom Allerfeinsten, moderateste Hafengebühren: Für 11 m SEK 230 mit Strom. Dabei kostenlos: Dusche, Sauna, WLAN. Leider hat der exzellent sortierte ICA-Markt im Einkaufszentrum Baronen gleich am Hafen dicht gemacht - ohne Ersatz. Für Lebensmittel muss man bis in das alte Stadtzentrum laufen, da gibt es einen COOP-Laden, sehr klein.

Die Stadt selbst bereitet sich vor auf den Sommer: Überall stehen die Tische draußen und die Heizstrahler. Man hat den Eindruck, jedes zweite Haus der Innenstadt dient der Gastronomie. Noch ist keiner da. Das Schloss ist noch zu und wird teilweise renoviert. Die neue Kunsthalle dagegen hat auf, ist aber enttäuschend. Da versteht einer nichts vom Bilder-Hängen. Im engen Treppenhaus großformatige Ölgemälde, die man nur aus 2,50 Entfernung betrachten kann. Die Hauptausstellung "Landschaften" besteht aus sage und schreibe 58 Bildern, die in einem ca. 60 qm großen fensterlosen Raum hängen. Ein Konzept dieser Halle ist noch nicht richtig erkennbar.

Trotzdem: Das ganze Stadtensemble ist sehr schön mit seinen Parks, immer wieder Blick auf Schloss oder den Sund. Und in der Altstadt blühen tatsächlich schon die ersten Rosen.


4. Juni - Timmernabben

Na, Prost Mahlzeit. Deutscher Wetterdienst und die Norweger und Windfinder sind der Ansicht, dass es heute Vormittag im nördlichen Kalmarsund erst mal 0 Bft Wind gibt. Wir bereiten uns auf einen Motortörn vor, dementsprechend eine kurze Etappe.

Im Prinzip stimmt die Prognose dann auch, aber nur im Durchschnitt. Wind von 0 – 4 Bft und zurück aus 330° bis 100° und zurück. Wer jetzt noch nicht Segel trimmen kann, der lernt es by doing. Wir kommen aber dadurch flott voran, steuern aber trotzdem Timmernabben an, weil der Horizont bald Regen verspricht.

Warum nicht auf gleicher Höhe Borgholm auf Öland? Dort waren wir schon mal. Sehr netter geräumiger Hafen und sehr angenehm, bis, ja bis etwa 17:30 die ersten hoch motorisierten Motorboote kamen, einen Haufen Leute ausspuckten und in den Hotels und Clubs um den Hafen die Party losging. Und was für eine! Dass es Subwhoofer überhaupt gibt hatten wir bis dahin nicht gewusst. Später erzählte uns ein Schwede auf den Aaland-Inseln, er sei aus Timmernabben am Festland gegenüber, und dort könne man an manchen Tagen die Bässe aus Borgholm hören. Aber Timmernabben sei schön und wir herzlich willkommen.

Und es ist wirklich schön. Nur wenige Gästeplätze zwar (Die besten sind mit Heckanker an der Schwimmbrücke), aber eine herrliche Bucht mit vielen netten Häusern. Erstmals sieht hier Schweden aus wie Schweden.

Der Hafen ist noch dicht, kein Hafenmeister, Sanitäranlagen verschlossen, der ganze Ort ist noch zu. Nur vereinzelt ein paar Leute, zwei Katzen. Aber die Blumenkübel sind schon bepflanzt, der Rasen gemäht, die Stege montiert. Bald scheint es loszugehen.


5. Juni - Kiddeholm vor Anker

Jetzt haben wir die Schären erreicht. Nur 20 sm nördlich von Timmernabben und kurz vor Oskarshamn eine schöne, festlandsnahe Gruppe, die eine wunderbare Ankerbucht bildet: Kiddeholm.

Die Fahrt dorthin war anspruchslos: Man hangelt sich von Osttonne zu Osttonne immer weiter nach Norden, bei jeder Tonne fällt man ein bisschen weiter ab, und schließlich ist man da. Die Einfahrt in die Bucht ist nicht ganz einfach, innendrin aber massig Platz zum Manövrieren und guter Ankergrund.

Hier liegt man nur durch einige schmale Felsen von der offenen Ostsee getrennt und hört die Brandung, während um das Schiff herum sich keine Welle kräuselt. Schweden pur. Und dann zieht am Ende des ohnehin diesigen Tages plötzlich von See her Nebel auf, verschluckt alles. Gerade eben waren da noch Sommerhäuser und einige Ruderboote – alles weg. Ab ins Bett. Hoffentlich ist die Suppe morgen weg.



Und die Suppe ist weg! Strahlende Sonne! Endlich sieht man mal die ganze Bucht. Dazu gehören neben diversen Sommerhäusern auch wachsame Gänse auf den Felsen, die ihre Jungen beschützen. Und ein kleiner Fuchs, der hungrig über die Felsen turnt, um eben diese Jungen zu kriegen. Wer gewinnt?


6. Juni - Figeholm

Jetzt haben wir uns nur eine kurze Strecke vorgenommen. Von Figeholm hatten wir schon viel gehört, also dort hin. Zum ersten Mal dieses Jahr durch ein richtiges Schärenfahrwasser: Links ne Tonne, rechts ne Tonne, hier und da ein paar aufgeschichtete Steine (Kummel), zum Teil weiß angestrichen. Das ist doch was Anderes als immer nur geradeaussegeln. Und auf dem Weg nach Norden sieht man die ganze Zeit draußen im Kalmar-Sund, immer etwas von Dunst verhangen, den geheimnisvollen Felsen „Bla Jungfrun“.

Figeholm selber ist an seiner Wasserseite sehr hübsch. Der Hafen bietet unzählige Liegemöglichkeiten, und fast alle Bojen sind noch frei. Erst am Nachmittag ist ein bisschen Einlaufverkehr, alles Deutsche mit größeren HR oder Najad. Der Hafen muss wohl mal in der „Yacht“ gestanden haben.

Die Hafengebühren sinken: Hier sind es nur noch SEK 200,- incl. Strom. Dafür sind Duschen und Waschmaschine und Trockner (So ein Blödsinn: Trockner habe ich doch in meinem eigenen Rigg) kostenlos.

Das Highlight: Wenn man zu dem großen und gut sortierten COOP-Laden landeinwärts geht, steht auf halbem Weg ein unauffälliges Schild: „Bageri“ nach links in eine kleine Seitenstraße. Und dort findet man eine junge Bäckermeisterin, die neben Deutsch auch Englisch, Spanisch und Latein spricht, und die im Holzofen von Hand leckerste Brote, Brötchen und Kuchen backt. Darum herum ist ein verwunschener Garten mit unterschiedlichsten Tischen und Stühlen, wo man herrlich Kaffee trinken kann. Gut versteckt, unübertrefflich. Leider nur geöffnet Freitag und Samstag.


7. Juni - Stora Vippholmen (an der Boje)

Mal sehen, was sich heute windmäßig so machen lässt. Alle Prognosen haben so SE 2-4 auf dem Radar, ab Mittag aber Vollflaute. Bekalmt im Kalmar-Sund sozusagen (Sorry! Joke!). Wegen der jetzt überwiegenden Fahrerei in den Schärenfahrwassern haben wir gestern die Genua gegen die Selbstwendefock ausgewechselt. Dadurch wird eine Hand frei.

Und weil’s heute sehr eng wird, müssen wir zusehen, dass wir einigermaßen langsam sind, sonst verpasst man mal leicht eine Tonne, und: Bums! Langsam ist mit der Comfortina gar nicht so einfach, also lassen wir das Großsegel gleich unten und fahren halbwinds bis raumschots nur mit der Fock. Das zahlt sich aus, denn bald ist der Wind doch auf 5 Bft. Und die Kleine haut mit 22 qm dann trotzdem noch mit 5 kn ab.

Ein Erlebnis der besonderen Art: Auf der ansonsten „E 4 zu Wasser“ genannten Route sind wir fast alleine. Nur ein Finne kommt unter Motor entgegen. Das ist ein Gefühl wie in den 70er-Jahren zu Zeiten der Ölkrise und der Sonntagsfahrverbote. Da sind wir mit den Fahrrädern auf der Autobahn unterwegs gewesen. Und dann wird die Schärenlandschaft aufgelockert durch das riesige Atomkraftwerk Simpevarp mit seinen drei Blöcken. Liegt direkt am Fahrwasser.

Schließlich – verflixte Wetterfrösche – ist tatsächlich innerhalb von 10 Minuten der Wind völlig weg. Null. Wir sind kurz vor Stora Vippholen. Also Blinker links gesetzt und dort reingefahren. Das ist eine große Bucht 3 sm nördlich von Krakelund mit vielen verschiedenen Landliegemöglichkeiten, gutem Ankergrund und SXK-Bojen. SXK steht für Svenska Kryssarklubben, und weil wir da Mitglied sind, machen wir an „unserer“ Boje fest. Da klappert nachts die Kette nicht so. Außer uns nur ein Ankerlieger, Franzose mit einem etwa 2-jährigen Kind. Aber, es ist schon Pfingsten und das Wasser der Bucht hat schon 16° C. Bis 18:00 h sind dann doch 7 Boote in der Bucht und langsam wird’s eng.


8. Juni - Stugvik

Puuh! Das war aber fast zu viel. Der Weg nach Norden hat sich etwas anstrengend gestaltet. Losgefahren bei gutem West um 3 Bft, blitzblankem blauem Himmel, immer schön im Schärenfahrwasser, das heißt ohne Seegang. Auf der Höhe von Västervik kommen dann vier deutsche Boote von West ins Fahrwasser, die offensichtlich Geschwader fahren. Das verspricht eine spannende Regatta, weil alle Boote gut 1 m länger sind als wir.

Aber dann! Über eine ganze Serie von Böen legt der Wind zu und bläst zum Schluss mit konstant 5, manchmal 6 Bft. Für’s Reffen fehlt der Platz in diesen extrem engen Fahrwassern. Also brettern wir notgedrungen mit meist 8 kn durch diese schöne Landschaft, sehen fast nix davon, weil man den Blick keinen Augenblick von der Karte und den Seezeichen lassen darf. Das hätten wir mal so machen sollen wie tags zuvor, nur mit Fock. Das hätte ein schönes Segeln gegeben.

Ein Beispiel für das gesamte Fahrwasser:



Nachdem wir die Regatta mit den anderen Booten gewonnen hatten, Segel runter im Sund von Stora Alö und die Bucht für die Nacht angesteuert. Das liegt direkt N-lich des recht großen Leuchtturms Svartbodan. Ganz im Norden der Insel schneidet die Stugvik nach Westen ein. Und dort liegt ein Privathafen des Svenska Kryssarklubben, also eine Anlegebrücke mit Bojen. Auch Nichtmitglieder sind dort willkommen, müssen aber ihren Platz räumen, wenn der Hafen voll ist und noch Mitglieder kommen. Macht meist nix, weil der Ankergrund in der Bucht exzellent ist.

Voll ist es dort immer am Wochenende (Freitag und Samstag) sowie an Feiertagen. Wir sind am Pfingstsonntag da, also voll. Der Wasserstand ist im Moment 25 cm unter Normal, abzulesen am Pegel am Steg. An vielen Stellen kommt man also mit dem Boot gar nicht bis zum Steg. 1,90 Tiefgang sind eben doch ein bisschen viel. Macht nichts, über irgendein Nachbarboot geht das doch. An Land gibt es außer zwei Klohäuschen nicht viel. Aber wenn’s mal die große Fete sein soll: Jede Menge Tische, großer Grill, stabiler Tanzboden – alles da. Auch eine Menge Spielzeug für die Kleinen.


10. Juni - Arkösund vor Anker

Die nordischen Götter scheinen auf Wünsche und Flüche der Menschen ziemlich genau zu reagieren. Hatten wir uns vorgestern noch über windbedingt zu hohe Geschwindigkeit in den Schären beschwert, geht es heute absolut geruhsam weiter. Die Schweden üben schon mal Sommerwetter.

Gestern sind wir in der Stugvik geblieben. Dort kann man ausgedehnte Wanderungen machen in den Wäldern von Stora Alö. Es kam noch ein Boot dazu, sozusagen unser niederländisches Spiegelbild: Seit Frühjahr beide Rentner, jetzt wollen sie endlich nach Haparanda. Wolkenlose 2 – 4 Bft. halbstags bis raumschots schieben uns gemächlich zwischen den Felsen durch. Jetzt ist es auch nicht mehr so eng wie vorgestern, die Fahrwasser weiten sich.

Bei der Einmündung in das erste breite Fahrwasser, den Aspöfjärden, steht eine besondere grüne Tonne. Sie hat ein goldenes Krönchen auf und trägt den Namen „Kajsaren“. Deutsche Legenden, auch über Seefunk, behaupten, dieser Tonne müsse man mit einem Schnaps zuprosten. Ob das stimmt? Wenn ja, warum ist neben der Krone ein Teepott montiert?



11. Juni - Broken

Anker auf (war ein sehr guter Ankergrund) und weiter nach Norden. Durch die schönen Schären und vorbei an der gewaltigen Schwerindustrie-Kulisse von Oxelösund. Dass da manche Yachties hinwollen ….? Angesichts der riesigen Kohlenhalden fragen wir uns, was da bei geeigneter Windrichtung wohl so in der Luft unterwegs ist.

Aber wir wollen ja nach Broken, einer kleinen Schäre östlich von Nyköping. Dort hat der Nyköping-Bootklub einen Außenhafen in einer kleinen Bucht. Allererste Sahne! Wunderschön gelegen, erstklassiger Windschutz, Strom am Steg, und das wohl schönste Hafenklo, was ich je gesehen habe. Die nagelneue Sauna auf der anderen Seite der Insel ist noch nicht in Betrieb. Toll! Leider regnet‘s, also ab unter Deck.


Und Fehlanzeige! Als der Regen aufhört, kommt der Hafenmeister, ein Rentnerkollege, mit dem Boot vom Festland und freut sich, dass überhaupt schon Gäste da sind (Zur Info: Zwei. Laut Hafenmeister hat es in diesem Hafen schon 110 Boote gegeben). Dann schimpft er, wer denn die Sauna abgeschlossen hätte. Die sei doch immer offen und natürlich könnten wir die benutzen. Nein, das koste nichts extra. Und dann sitzen wir in einer Traumsauna mit Blick auf die Schären und das Fahrwasser, schrecken uns ab in der immer noch etwas kalten (16° C) Ostsee und lauschen auf das Rauschen der Bäume. Besser geht's nicht. Oder doch? Morgen fahren wir weiter.


12. Juni - Nynäshamn (im Winter)

Da haben wir doch einen schlechten Wetterbericht, der von „reger Schauertätigkeit“ spricht ab Nachmittag. Und außerdem: Sturm morgen und übermorgen mit 10 Bft in der Aaland-See, aber immerhin noch 9 hier im Süden Stockholms. Das schreit nach einem geschützten Hafen. Also ab nach Nynäshamn.

Unterwegs wird die komplette Trainingseinheit „Halsen“ absolviert bei beständigem West und einem Ticki-Tacki-Fahrwasser durch die Schären nach Ost. Im gut geschützten und gepflegten Clubhafen Fagerviken sind glücklicherweise noch Plätze frei. Also dort rein und fest. Den offiziellen Stadthafen mögen wir nicht so, weil wir da schon mal bei Starkwind Nord sehr, sehr unruhig gelegen haben. Da schwangen die Schwimmstege um ihre Längsachse, so dass man sich kaum auf den Beinen halten konnte.

Und kaum lagen wir fest, da … aber erst mal der Reihe nach und einige Bilder vom Wintersegeln in Ostschweden. Auch schön.



Also, kaum lagen wir fest, kamen die versprochenen Schauer: Hagelschauer, Gewitterschauer, man konnte gerade noch das Nachbarboot am Steg sehen, den daneben nicht mehr. Binnen Minuten waren Boot und Land unter Eis. Von so was will ich nicht draußen überrascht werden oder gar beim Anlegen. Glück gehabt.


14. Juni - Immer noch Nynäshamn

Oh, Oh! Jetzt müssen wir aber den Nynäshamern Abbitte leisten wegen unserer schlechten Meinung über den Stadthafen (Trehörningen). Eingeweht mit zwar nur 5 - 6 Bft aus Nord, aber ständigen Böen bis zu 9 haben wir uns mal mit den Fahrrädern so die ganze Küste angesehen.

Große Überraschung: Im Stadthafen ist ein riesiger Schwimmsteg im Norden der Tankstelle komplett neu gebaut worden. Der geht von Land weg zunächst 4 Pontons nach Osten, macht dann eine sichelförmige Krümmung und endet in südlicher Richtung auf Höhe des Gästesteges.

Ergebnis: Das Ding wirkt wie eine regelrechte Hafenmauer nach Norden. In dem dadurch entstandenen Becken kräuselt sich kaum eine Welle, obwohl draußen der bei Nordwind gefürchtete Nynäshamer Hack steht mit fast 1 m hohen Kreuzsehen. Der Gästesteg bewegt sich im Gegensatz zu früher trotz des jetzigen strammen Nord keinen Zentimeter. Und selbst der neue Schwimmsteg ist aus derart riesigen Pontons gebaut, dass auch er tischeben liegen bleibt. Allerdings geht die Gischt der Brandung weit über den Steg, die dahinter längsseits festgemachten Boote werden gut gepökelt.

Am Abend in der Sauna stellt sich im Gespräch mit einem Schweden heraus, dass die Stadt diese Anlage zum 100. Jubiläum der Segelolympiade in Nynäshamn 2012 gespendet bekommen hat. Und was steht über diesen Hafen im Hafenhandbuch des DSV-Verlages, nach eigenen Angaben eine "Amtliche nautische Veröffentlichung"? Immerhin auf einem Blatt mit dem Vermerk "Nachtrag 2012"? Der alte Hafenplan, wie es früher einmal war. Was soll man mit einer solchen offiziellen Verlautbarung?


15. Juni - Utö

So, jetzt wird wieder gesegelt. Heute nach Utö, einer großen Insel nordöstlich von Nynäshamn. Im Sommer ist die heillos überfüllt, wir wollen mal sehen, wie das jetzt so ist noch vor Mittsommer.

Der Hafen ist nicht sehr voll, mit der Fähre sind aber schon massenweise Leute angekommen. Wir liegen ganz prächtig im Wald auf der Nordseite, ein ganzes Stück weg vom Trouble.

Dachten wir. Aber dann machten mehrere große Motorboote fest, alle bestückt mit 10 – 12 Mann, und die Party ging los. Wenn’s das nur gewesen wäre. Das eigentliche Problem waren dann zwischen 01:00 und 04:00 h die Besoffenen am Steg auf dem Weg zu ihrem Boot. Begrenzte Nachtruhe nennt man das.

Utö ist eine Partyinsel, das steht fest. Die Leute kommen mit schnellen Motorbooten und mit der Fähre. Die Gastronomie dieser Insel ist bei Weitem umfangreicher als die Wohnmöglichkeiten. Das hat Tradition. Schon im letzten Jahrhundert hat sich hier Greta Garbo mit verschiedenen Künstlerkollegen getroffen, um Spaß zu haben.

Interessant ist auf Utö das alte Bergwerk mit einer komplett erhaltenen Bergarbeitersiedlung.


16. Juni - Malma Kvarn

Jetzt liegen wir friedlich in „unserem“ Clubhafen Malma Kvarn, schon ziemlich in der Nähe von Stockholm.

Das ist eine rundum geschlossene Bucht mit mehreren Anlegestegen und Heckbojen. Steht in keinem Hafenführer und gehört dem Svenska Kryssarklubben. Wie in Stora Alö dürfen hier aber auch Nichtmitglieder anlegen, zahlen aber erhöhte Preise.

Malma Kvarn aber ist richtig gut. Eine super Athmosphäre herrscht hier, die Hafenkneipe (gibt es tatsächlich) ist urgemütlich. Über allem weit oben ein hoher Felsen, auf dem einige Bänke stehen und von dem aus man den Sonnenuntergang bewundern kann. Und außerdem hat der Hafen ganz besonders ausgestaltete Klos:


Interessant ist, dass hier – obwohl der Hafen vorsaisonuntypisch voll ist – keine Holländer sind. Die haben uns bisher in großer Zahl immer begleitet. Sind die alle im Göta-Kanal? Stattdessen nehmen jetzt die Finnen zu. Ist ja von denen auch nur ein Katzensprung. Und deutsche Chartercrews mit schwedischen und finnischen Schiffen. Die sind aber ziemlich groß und haben in so kleinen Häfen schon arge Probleme.


18. Juni - Sandhamn-Lökholmen

Eigentlich wollten wir uns endlich mal Möja ansehen, die vielgerühmte Insel am Möjafjärd. Dafür hatten wir uns Kyrkviken ausgesucht, weil uns die anderen Häfen zu klein erschienen.

In Kyrkviken lagen schon zwei Boote, ziemlich weit vorne nahe der Einfahrt. Wir also in Schleichfahrt weiter in den Hafen hinein bis ins hinterste Ende, wo eigentlich eine brauchbare Anlegebrücke ist. Das Manövrieren dort war aber schwierig, weil ein sehr großes und sehr altes Motorboot achtern um fast 5 m über seinen Steg hinaus ragte und so den Hafen ziemlich zumachte. Ging trotzdem ganz bis hinten, aber auf dem letzten Meter wurde das Boot langsamer: Schlick am Kiel. Macht nichts. Der Heckanker hielt, die Vorleinen fest. Aber dann fiel uns auf, dass es sehr laut war, und zwar durch viele kleine Baufahrzeuge. Was bauen die? Eine Pizzeria, die bis Midsommar stehen muss, also in drei Tagen. Das riecht nach Arbeiten bis in die Nacht. Wasser gibt's auch nirgends, Strom auch nicht. Nix wie weg!

Beim Rausfahren dann sitzen wir richtig gründlich auf, und zwar im vorderen Bereich des Gästehafens, wo laut verschiedenen Plänen 3 m Tiefe sein soll. Wir haben 1,90 m Tiefgang. Hat ein bisschen gedauert, bis wir da wieder runter waren, war aber nur Sand oder Schlick.

Wohin jetzt? Wir wollten doch ein Plätzchen für Mittsommer haben. Auf nach Sandhamn, und dort natürlich nicht in den großen KSSS-Hafen, sondern nach Lökholmen auf der anderen Seite. Die Einfahrt dort findet man inzwischen viel leichter als früher, weil draußen vor eine abartig geformte riesige Boje liegt. Boje? Nein, das ist die Tömningsstation, die Absauganlage für den Fäkalientank. An der können allerdings bestenfalls zwei Boote gleichzeitig festmachen. Wie das organisiert wird bei im Sommer rund 800 Booten in beiden Häfen?

Lökholmen ist ein traumhafter Schärenhafen und jetzt noch fast leer, nur zwei Segler da und ein Motorboot. Platz hat das Ganze allerdings für rund 300 Boote. Noch ist es bis Mittsommer 2 Tage, und außerdem fängt es an zu regnen. Zeit für die Sauna, die man erst mal selbst anheizen muss und zwischen den Gängen auch selbst das Holz hacken muss. Dafür traumhafter Blick aus der Schwitzbude über den Sund zum königlichen Clubhaus.


20. Juni - Sandhamn-Lökholmen

Die Ruhe und Einsamkeit in Lökholmen ändert sich zügig im Laufe des Donnerstag vor Mittsommer. Und zwar läuft ein Motorboot nach dem anderen ein, eins größer als das andere. Zum Schluss liegt da dann auch tatsächlich ein 52-Fuß-Monstrum. Wie der wohl durch die nun wirklich enge Einfahrt gekommen ist?

Mit der Zahl der Motoryachten steigt auch die Zahl der Hunde auf der Insel. Es gibt alles: Ponygroße Doggen, Zwergpinscher, Yorkshire-Terrier, dominierend sind aber große Pudel mit einem abartigen Haarschnitt. Scheint aber Mode zu sein. Ab jetzt muss man im Wald aufpassen, wo man hintritt.

Am Freitag dann laufen die Vorbereitungen für den Midsommar-Afton an: Frauen und Mädchen überall im Wald beim Blumenpflücken, Männer schleppen Tische und Bänke. Dann wird die Midsommar-Stang geschmückt und aufgerichtet. Ja, und dann sollte eigentlich das Fest losgehen.

Aber mit Musik ist nicht viel, nur eine einsame Gitarre mit drei Akkorden. Das Gesangsvolumen gleicht dem einer mittelprächtig besetzten deutschen Kirche, eigentlich nur getragen von den rund 20 jungen Clubmitgliedern. Die versuchen auch immer wieder, das Tanzen in Gang zu bringen – vergeblich. Schon von Anfang an haben sich kleine Grüppchen gebildet, die eng zusammenbleiben und sich dann, als es auch noch anfängt zu regnen, gemeinsam und getrennt sich nicht ins vorhandene Zelt zurückziehen, sondern unter die jeweilige eigene Kuchenbude.

Das Ganze wirkt nicht wie ein Fest, sondern wie eine Pflichtübung. Das Einzige, was offenbar ohne Animation funktioniert, ist das zügig in Gang kommende Saufen.

Mittsommer in Sandhamn? Enttäuschend. Wir legen noch am Abend ab und suchen uns eine schnuckelige Ankerbucht


20. Juni - Lökaön am Anker

Die Flucht von Sandhamn-Lökholmen endet nach wenigen Meilen in einer uns schon bekannten Bucht, in Lökaön im Österviken. 4 Boote sind schon da, dreie davon über die Toppen geflaggt. Von denen kommt leise Akkordeonmusik herüber mit Gesang. Das wirkt schon eher wie Mittsommer.

Wir lassen den Anker fallen und haben eine ruhige, sufffreie Nacht.


21. Juni - Björkö

Björkö’s gibt es ja nun in Schweden mehr als 10-mal so viel wie in Deutschland Neustadt’s oder Segelyachten, die „Carpe Diem“ heißen. Welches isses denn nun?

Unseres liegt nördlich des Fjordes nach Norrtälje, nahe des Fährhafens für die Aaland-Fähren Kapellskär. Dort schneidet eine sehr schmale Bucht tief von Süden ein, optimaler Ankerplatz. In der Nacht soll der Wind von Süd über West nach Nordost drehen. Schlechte Bedingungen für einen Liegeplatz am Felsen.

Wir sind über Kobbfjärden und Kudoxafjärden hier hoch gekommen, immer mit schönem Anlieger bei Nordwest. Dann plötzlich in Höhe von Rödlöga: Der Wind schralt, schralt, schralt immer weiter. Notgedrungen eine Wende – und da können wir unseren Kurs wieder anliegen, nur auf dem anderen Bug. Das Wetter mal wieder! Versteh das einer!

Kurz vor dem Granhamnsfjärden, der großen Fährenautobahn von Stockholm nach Finnland, schalten wir zum ersten Mal seit der Hanö-Bucht das AIS ein. Ist schon nützlich bei solchem Querverkehr, die Erfindung. Schon von weitem sieht man diese riesigen Schwimmhotels sozusagen durch den Wald fahren. Manchmal wirken die Schornsteine, die man als Einziges über den Baumwipfeln sieht, wie Haifischflossen, die durch’s Wasser pflügen.


22. Juni - Norrtälje (wider Erwarten)

Das hätten wir uns nie träumen lassen, dass wir jemals in Norrtälje landen. Das liegt dermaßen ab vom Schuss – 9 sm schmalster Fjord fast schnurgeradeaus, und am Ende dann die Stadt. Und ein Teil des Yachthafens liegt laut Hafenhandbuch auch gegenüber des RoRo-Terminals, ein anderer gegenüber dem „Handelskai“. Einladend ist etwas anderes.

Und dann wachen wir in unserer Ankerbucht auf, und tatsächlich hat der Wind prognosegerecht auf NW gedreht, tatsächlich auf 5 Bft aufgefrischt und tatsächlich fängt es an zu regnen. Und zu allem Überfluss wird die Wetterprognose noch schlechter: Volle zwei Tage Regen, Wind NW – N, 6 Bft, in Böen 7 – 8. Jetzt reicht‘s! Jetzt wollen wir’s warm und gemütlich haben. Beim Frühstück gibt die bordeigene Juke-Box von ABBA „Hasta manana“, wo die erste Zeile ja lautet „Where ist the spring and the summer“.

Für Starkwind aus nördlichen Richtungen gibt es nicht viele gute Plätze hier, und so motoren wir in strömendem Regen nach Norrtälje. Gesegnet seien die Erfinder von Mikrofaser-Unterwäsche und Autopiloten, so dass wir einigermaßen geschützt das Ganze unter der Sprayhood abwettern können, die Fernbedienung in der Hand.

Pünktlich zum Anlegen hört der Regen erst mal auf. Bei Nordwind liegt man an den Stegen des Yachthafens recht dusselig, also sind wir rein in den flussartigen „Handelshafen“. Und da steht auch gleich einer und nimmt die Leinen an: Oh Schreck! Pro-Marina steht auf seiner Jacke. Das wussten wir nicht, dass die das hier gekauft haben. Nun ist es passiert.

Danach aber die schöne Überraschung: Die Hafenanlagen sind wirklich toll, gekrönt von einer perfekten Sauna mit Blick auf das Wasser und über die Bucht (Wir haben inzwischen den Eindruck, dass wir Sauna-Navigation machen). WLAN haben die auch kostenlos, reicht aber nicht über das Hafengebäude hinaus und das macht um 16:00 h zu. Mit dem Notebook im Regen?

Noch besser ist aber das Städtchen. Wunderhübsch angelegt, schöne Parks, ganz viele kleine Einzelhandelsgeschäfte, z.B. richtige Bäckerei mit richtigem Brot, ein veritabler Käseladen usw., aber natürlich auch ICA, hier riesengroß und allerbestens sortiert. Hier kann man gut eine Weile bleiben. Das umso mehr, als die sog. „Häfen“ stillgelegt sind. Stattdessen werden sie gerade zu einem Erlebniszentrum umgebaut.


25. Juni - Arholma

So, zwei Tage Regen, Eiseskälte und 6 Bft aus Nord sind vorbei. Wir können uns langsam wieder raustrauen aus Norrtälje. Im Cockpit unter der Kuchenbude hatte es schon ausgesehen wie in einem Wohnzimmer: Kissen und Decken, aufgeklappte Bücher, Teekannen und –tassen. Und über dem allem das dauernde Prasseln des Regens. In "Kleinwinzig", unserem Bei-Schlauch-Boot, das wir seit Lökholmen aufgeblasen hinterherziehen, stehen 4 cm Regenwasser. Auskippen!

Der Nordwind ist aber geblieben, und er soll auch bleiben für die ganze Woche. Das heißt kreuzen, wenn man nach Norden zur Höga Kusten will (wollen wir). Aber man kann ja auch Ganztages-Kreuzschläge machen: Ein Tag nach Nordost zu den Aalands, den nächsten Tag wieder zurück nach Nordwest und nach Schweden. So machen wir’s. fehlt nur noch der geeignete Absprunghafen nach Aaland. Bei dem Wind ideal: Arholma Österhamn. Das liegt ein paar Meilen nördlich von Kapellskär und Gräddö.

Der Weg dorthin klappt bestens und ohne Kreuzschlag. Nur saukalt ist es immer noch. In Arholma sind wir schon 14:00 h, gerade mal drei weitere Boote sind noch da. Das kennen wir aus der Saison völlig anders. Aber bis zum Abend füllt sich der Steg dann doch und es kommen auch einige Ankerlieger dazu. Die Hafensauna raucht (Tatsächlich! Die ist mit Holz geheizt, das man selber sägen und spalten muss).

Das schöne Bild der Bucht wird neuerdings verschandelt durch ein Riesentrumm von Schmutzwasserfloß. Das ist ca. 50 m von Steg und Sauna entfernt verankert und dient der Fäkalientankabpumpung. Immerhin: Die Schweden machen nicht nur Regeln, sie ermöglichen auch, die einzuhalten. Hoffentlich sind die Schläuche und die Anschlüsse dicht. Besonderer Extraservice: Auf dem Floß steht tatsächlich ein Klohäuschen. Wir stellen uns vor, wie im Sommer die Boote von den Schären ablegen, dorthin fahren, die Crew geht aufs Klo, und dann wieder zurück an die Schäre. Mal sehen. Noch ist das Ding außer Betrieb.

Am späten Abend kommt noch ein Holländer: Eine wunderschöne, echte Tjalk, perfekt historisch ausgerüstet mit Holzblöcken, Jungfern als Wantenspanner, bleiverglasten Fenstern an der Niedergangstür – nur die vier Winschen (natürlich aus Bronze) verraten das jüngere Baudatum. „Wann wird es endlich wieder Sommer“ (Rudi Carrell).


26. Juni - Käringsund (Aaland)

Das ging ja (fast) perfekt. Morgens raus aus dem Arholma-Archipel, und der Nordwind erlaubt uns tatsächlich einen Kurs von 020°. Kleine Selbstwendefock mit engem Schotwinkel und ein Reff im Groß bewähren sich hier bei rund 5 Bft sehr gut. Und dann böse Überraschung: Der Track auf unserem Plotter geht viel weiter südlich als wir steuern. ? (Aber natürlich: Seit 6 Tagen Nordwind zwischen 5 und 8 Bft! Der bottnische Meerbusen läuft leer, und in der Aaland-See ist die Engstelle.) Hinterher mal ausgerechnet: Das waren 2,3 kn Strom Richtung Süd.

Aber auf der anderen Seite liegen dann mächtig viele Schären im Wasser rum, der Strom wird schwächer, der Wind raumt ein wenig, und so kommen wir mit einem Holeschlag von 1 Meile gut zu unserem Ziel: Käringsund auf Eckerö. Ein perfekter Hafen mit einer endlos langen Holzpier entlang den Felsen im Süden und rund 40 Bojen davor. Leider liegen die sehr weit vom Steg, im Mittel so etwa 30 m. Da braucht man schon eine ziemlich lange Leine am Bojenhaken. Die Einfahrt ist etwas kompliziert, neuerdings liegen aber vor den beiden Unterwassersteinen im Hafen kleine Bojen als Nord- und Südtonne, das macht die Einfahrt sicherer. Die Bojen sind aber speziell gefärbt: Nordtonne Blau-Weiß, Südtonne Weiss-Blau.

Die Versorgung hier ist perfekt: Strom in ausreichender Steckerzahl, Wasser, sehr gute Duschen oben auf dem Felsen und eine erstklassige Sauna (18:00 - 20:00 für Mädels, 20:00 - 22:00 für Jungs). Alles inklusive in € 25,--. außerdem noch zwei Waschmaschinen und Trockner, die allerdings mit Münzautomat.

Am Hafen ist richtig was los. Der Hafenkiosk ist ein bisschen groß geraten, funktioniert deswegen wie eine kleine Hafenkneipe und zieht viele Dorfbewohner und Leute vom Campingplatz an.

Der Campingplatz ist nicht weit weg, dort kann man auch Kleinigkeiten kaufen. Und heute ist dort ein besonderes Highlight: Das Treffen der skandinavischen Kleinroller-Clubs. Es wimmelt von Messerschmidt-Kabinenrollern, Isettas, Heinkel's und was es alles in den 60-er-Jahren so gab.


Pikant: 10 Zelte daneben wohnt einer mit einem Chevrolet Impala, auch aus den 60ern.


28. Juni - Öregrund (wieder in Schweden)

Jetzt stand ja unser zweiter Ganztages-Kreuzschlag an, wieder von Aaland nach Schweden, und zwar nach Öregrund. Es musste was Größeres sein zwecks Einkaufen, auch muss endlich mal der Diesel-Vorrat aufgefrischt werden. Es fehlen schon so runde 40 l.

Trotz schlechter Wetterprognose war mal wieder alles anders und wir bekamen Sonnenschein und Süd-Südost um 5 Bft. Da ging es doch recht fix über‘s Aaland-Hav. Bizarr war die Durchfahrt durch die Signilskär-Gruppe, die äußerst westlichen Felsen Finnlands. Kahl und unwirtlich, kaum Sträucher, trotzdem einige Häuser darauf. In Schweden dann im Schärenfahrwasser platt vorm Laken immer nach NW. Inzwischen wieder gewohnte Wetterverhältnisse: Bewölkt und kalt. Vor uns fährt Einer Butterfly, dem wir kaum näherkommen. Ist sicher ein großes Schiff.

In Öregrund gibt es dann für den starken Südost der kommenden Nacht einen schönen Liegeplatz hinter dem Schwimmsteg in Lee. Neben uns packt der Butterfly-Segler gerade seine Segel weg: Eine klitzekleine Grinde mit Schweizer Flagge. Die hatten das Boot bis Gräddö in Schweden getrailert (3 t !!) und waren seit dort unterwegs. Ohne Innen- oder Außenbordmotor übrigens, stattdessen zwei enorme Ruder an der Reling festgelascht. Hatten das nicht mal die Vikinger so gemacht? Oder waren’s doch die Schweizer?

Nachts zeigt sich, dass die Liegeplatzwahl falsch war. Denn trotz hoher Felsen als Schutz gegen Ost und trotz aller Handbucheinträge, dass der Hafen gut geschützt sei außer gegen Nord geht bald bei zunehmendem Südost (!!) ein Hölleninferno los. Es plätschert und schlägt unter unserem Spiegel, dass das ganze Boot vibriert bis ins Vorschiff, wo wir schlafen. Wo kommen denn diese Wellen her? Im Sund draußen steht eine kräftige See, und die prallt quasi von innen auf die Nordmole (eine Südmole gibt es nicht). Von dort reflektiert das Ganze dann an allen Kaimauern und erzeugt so im ganzen Hafen eine steile Kreuzsee. Fazit: Öregrund ist ab Bft. 4 nicht nur unruhig bei Nord, sondern bei Südost über Ost über Nord bis Nordwest. Das ist ein Schönwetterhafen.

Das Städtchen selber ist aber sehr schön. Lohnt sich, es anzuschauen. Und Einkaufen kann man dort sehr gut – es gibt alles. Die angeblich vorhandene Tankstelle ist allerdings 2 sm weiter südlich bei der Werft.


29. Juni - Ängskärsklubb

Also, aus Öregrund mussten wir dringend weg, denn für die kommende Nach war Nordost 5 Bft angesagt, und noch eine Nacht ohne Schlaf wollten wir uns nicht antun. Vorläufig südliche Winde waren gut geeignet, mal wieder etwas Weg nach Norden zu machen. Und da ist unser Ziel Ängskärsklubb, ein winziger Hafen nur 16 sm nördlich von Öregrund.

Man kann da hin weit außen rum durch den Sund fahren, wir nehmen das Schärenfahrwasser innen rum. Und wieder kommen wir an einem netten kleinen Atomkraftwerk vorbei, diesmal Forsmark.

Der „Hafen“ entpuppt sich als eine kleine Anlegebrücke mit 13 Heckbojen unterschiedlichster Größe, nicht alle vertrauenerweckend. Das Schöne in dieser nach Norden offenen Bucht: Die alte, massive Anlegebrücke schiebt sich wie ein Riegel quer vor den Steg und die Bojen – perfekter Wind und Seegangsschutz.



Der Klitzklein-Hafen ist genial: Sanitärräume teilt man sich mit dem Wandrarhem und den Wohnmobilisten. Strompfosten stehen unsystematisch herum, man braucht schon recht lange Kabel. Wasser gibt’s nicht. Aber die Umgebung bietet eine grandiose Natur, so ziemlich die gesamte Flora nordischer Wälder findet man hier auf engstem Raum. Und der Hafenmeister ist ein Urviech. Erklärt einem alles, schnackt gerne, fragt, ob wir unterwegs schon Russen gesehen haben, weist aber auch Liegeplätze zu und hilft beim Anlagen – ein Unikum.

Und schlafen kann man hier! Eine Ruhe! Perfekt.


1. Juli - Granskär

Es wird wärmer. Und der Wind kommt nicht mehr aus Nord! Das ist also ein ganz gemütlicher Schlag ohne Regen, Böen, Reffs & Co in die Gegend von Gävle. Die Annäherung dort ist schon ein bisschen abschreckend: Über viele Kilometer an der Küste entlang eine riesige Industrieanlage nach der anderen. Aber dann, im Fjärden angekommen, sieht, hört und riecht man das alles nicht mehr. An den Ufern nur Massen von Sommerhäusern, inzwischen alle belebt.

Granskär ist eine Klubinsel nördlich von Gävle, die dem Svenska Kryssarklubben gehört und dem Segelclub Surfing aus Gävle. An der Ostseite gibt es dort eine ziemlich große Steganlage mit überschlägig etwa 40 Heckbojen. Da passen also eine Menge Boote hin. Heute sind wir nur vier: Ein echter Schwede, ein schwedisches Boot mit einem Cuxhavener drauf, der vor 30 Jahren ausgewandert ist, ein Finne und wir.

Versorgung gibt es dort außer Strom nicht, aber man liegt sehr ruhig.


2. Juli - Storjungfrun

25 sm haben wir heute hinter uns gebracht strikten Nordkurs. Der Ostwind erst mäßig, dann richtig gut erlaubte eine schnelle Reise unter Gennaker. Und zum Schluss für die letzten drei Meilen plötzlich Südwind Stärke 1 – 2. Das ging gar nicht mehr bei dem Restschwell. Also Motor an und rein nach Storjungfrun. Der Hafen liegt direkt unter dem gewaltigen alten Leuchtturm, ist also leicht zu finden.



Die Insel ist ziemlich groß, der Hafen klein. Es passen wohl 10 Boote rein. Weil das früher mal ein Fischerhafen war hat er nach Osten immer noch eine gigantische Mole. An der kann man mit Heckanker festmachen. An Versorgung gibt es nichts, kein Strom, kein Wasser (auch wenn das manche Hafenführer behaupten). Stattdessen eine absolut perfekte klitzekleine Sauna direkt im Hafen. Holz liegt bereit, muss man nur selber spalten und den Ofen selbst in Gang kriegen.



Und dann gibt es noch „Schwedens kleinsten Kaufmannsladen“. Der steht direkt an der Wurzel der Mole, heißt „Godis Boden“ und enthält eine kleine Auswahl wenig verderblicher Lebensmittel, die man mitnehmen kann und dafür das Geld dalässt. Ähnelt ein bisschen den Gemüseverkaufsständen an dänischen Straßen.



4. Juli - Kuggören an der Boje

Die Wetterverhältnisse werden immer besser, die UMTS-Netze immer schlechter. Kuggören!?!? Na ja, eine leidlich nette Bucht. Liegt östlich von Hudiksvall direkt am Fahrwasser. Sie hat aber einige Nachteile: 12 m tief, also zu tief zum Ankern. Ufer nicht geeignet zum Festmachen. der nette Fischerort daneben lädt eigentlich zum Anlegen ein, aber - Flachwassergebiet. Bleibt nur die Boje des SXK, die dort liegt, und die nehmen wir (sind ja Mitglied dort).

Am nächsten Morgen ankert da neben uns trotzdem einer, mitten in der Kabelpeilung mit ausdrücklichem Ankerverbot.

Und nun ein Rätsel. Was ist das:

Hat zwei Rümpfe? Richtig, ein Katamaran.

Hat einen 100 PS Außenborder? Richtig, ein Motorkatamaran.

Der Aufbau ist ein Wohnwagen? ??????????

Doch, das stimmt alles. Der hat neben uns geankert.


5. Juli - Lill Lubban

Auf dem Weg nach Norden geht allmählich der Proviant aus, wenn man sich nur draußen in der Natur rumtreibt. Also müssen wir auch mal einkaufen. Laut Gästhamnsguiden gibt es in Mellanfjärden Lebensmittel. Weit gefehlt. Der winzige Laden hat einige angegammelte Gurken, Butter und Knäckebrot. Aber daneben ist ein exzellenter Fischladen. Den kaufen wir fast leer.

Und nun? Es ist erst früher Nachmittag. Hierbleiben? Nee! Wir liegen direkt vor der angesagten Kneipe des Ortes, ein Top-Ausflugsziel, die sich allmählich füllt. Nichts wie weg und nach draußen. Wieder lockt ein Außenhafen des SXK, Lill Lubban. Das liegt südlich von Sundsvall.

Und siehe da: Ein ausgesprochen netter Steg mit ganz wenigen Booten, dafür mit einer exzellenten Sauna. Allerdings ein Bild der Verwüstung auf der Insel: Im letzten Winter muss eine gewaltige Bö da reingefahren sein. Die hat auf einer Länge von 200 m alle Bäume entwurzelt, selbst 100 Jahre alte Riesenkiefern. Unglaublich, was Wind so anrichten kann.


6. Juli - Kattskär

Weiter nach Norden mit richtig gut Wind. Inzwischen stellen wir fest, dass die auf Stor Jungfrun zum ersten Mal gesehenen Geröllfelder hier zur Standardausstattung der Küste gehören. Überall sieht man diese bewuchslosen großen Areale, die aussehen, als wäre da ein Trupp Autobahnbauer gerade fertig geworden. War aber die Eiszeit. Gelegentlich sind diese Felder grün bemoost. Dann erweckt das tatsächlich den Eindruck einer riesigen, super gepflegten Rasenfläche in einer Parkanlage. Unwillkürlich greift man zum Fernglas und sucht das dazugehörige Herrenhaus.

Aber auch die Felsen werden höher, im Hintergrund des Binnenlandes erscheinen hohe Gipfel. Die Höga Kusten naht.

Für die Nacht machen wir es aber noch mal eine Nummer kleiner: Kattskär. Wieder ein Außenhafen des Kryssarklubben. Der liegt aber in einer Bucht, die nur über einen etwa 20 m breiten und 2 m tiefen natürlichen Kanal zu erreichen ist. Beim Einlaufen müssen wir aufpassen, dass wir nicht mit den Wanten in die Bäume kommen. Die Bucht innen erweist sich als sehr betriebsam. Viele Häuser stehen darum herum, auch ein Ausflugslokal, das sowohl mit Auto als auch Motorboot angefahren wird.

Unser Steg ist kaum besucht: Ein Motorboot, ein Segler. Die gesamte Anlage ist etwas vernachlässigt. Top in Ordnung ist aber die Sauna, die aber verriegelt ist wie ein Hochsicherheitstrakt: Stahlbänder vor der Tür, knacksichere Nummernschlösser dran. Wir sollen irgendeine Nummer anrufen und unsere Mitgliedsnummer durchgeben, steht da. Dann kriegen wir den Code. Wir verzichten. Es ist warm, wir gehen lieber schwimmen.

Und dann kommt mit rauschender Bugwelle noch die Küstenwache vorbei und schaut sich um. Aber mit was für einem Boot: Kleiner geht’s nimmer.


Am nächsten Morgen beim Frühstück noch ein Besuch. Da kommt ein großes Stück Holz vorbeigetrieben, allerdings mit Bugwelle. Sowas geht nicht. Also, Fernglas her. Das Stück Holz ist der Kopf eines Bibers, der ganz gemächlich durch die Bucht schlendert. Bei der Ausfahrt aus dem Kanal können wir übrigens unten im Mudd unsere Kielspur vom Vortag sehen. Ist wohl nix mit 2,0 m, wir haben 1,9 m.


7. Juli - Lustholmen

Jetzt müssen wir aber wirklich mal wieder Lebensmittel haben. Bald gibt es nichts mehr zu essen. Auf dem Weg liegt Härnösand, was uns schon mehrfach von Schweden als Versorgungshafen empfohlen wurde. Also dort hin. Die Stadt hat drei Häfen, durch Klappbrücken getrennt, die nur zu wenigen Stunden öffnen. Man kann da also auch in der Falle sitzen.

Und weil der Wind entgegen der Vorhersage (0 – 2 Bft) tatsächlich 4 Bft. Liefert, machen wir einen grandiosen Segeltag mit Kreuzschlägen bis in den Nordhafen. Der entpuppt sich allerdings als Flop. Es gibt ein Klo, sonst nichts. Für alles andere wird auf den Nachbarhafen verwiesen, ca. 800 m weg. Einziger Vorteil: Über die Brücke rüber ist ein großer Lidl-Markt, wo es wirklich alles gibt. Das mit dem Verproviantieren klappt also.

Und danach schnellstens wieder ablegen, und 2 ½ Meilen weiter im Norden den Außenhafen des Härnösand-Segelclubs angesteuert: Lustholmen. Das ist eine komplett geschützte Bucht mit einem festen und einem Schwimmsteg. Dort gibt es alles: Strom, Wasser, Sauna (Holz zum Selberhacken), Clubhaus mit Küche, Sandstrand, Beach-Volley-Feld. Sogar UMTS-Verbindung kriegt man hier. Hier kann man sich’s gut gehen lassen. Machen wir.


8. Juli - Hummelviken am Anker

In Lustholmen hat sich einiges geändert, eigentlich so ziemlich alles. Es ist nicht mehr eine oder zwei Stunden warm am Tag, sondern dauernd, immer über 20° C. Und nachts auch. Also werden jetzt die Daunendecken weggepackt und die Sommerausrüstung hervorgekramt, super-dünne Seidendecken. Man muss sich trotzdem nachts oft freistrampeln. Das Wasser hat neuerdings draußen 20° C und in Buchten 23°. Vor drei Tagen waren es noch 14°. Also wird neuerdings viel geschwommen. Feststellung dabei: Wir sind in Süßwasser. Das bekommt unseren Seepocken überhaupt nicht, denn wir haben keine. Pullover kommen ins Schapp, kurze Hosen und T-Shirts raus – Jetzt ist Sommer.

Und dann ein schöner Kurs platt vor’m Laken nach Norden. Wir kommen an in Hummelviken, einer klitzekleinen Bucht mit einigen Häusern. Sehr schön zum Ankern und außerordentlich ruhig, nachdem ein schätzungsweise 70 Jahre alter Mann mit seiner wohl ebenso alten Frau fertig ist mit Herumheizen auf seinem Wasserscooter.


9. Juli - Trysunda

Trysunda ist eine größere Insel an der Höga Kusten, früher ein Fischerdorf. Und sie scheint sehr berühmt zu sein, weil der Hafen rappelvoll ist, als wir kurz vor 14:00 h einbiegen. Eine völlig neue Erfahrung in diesem Jahr. Und vor allem: Die Hälfte der Boote sind riesige Motorboote, wie wir sie sonst nur vom Skagerrak kennen.

Aber, kein Problem! Man klärt uns auf, dass hier auch in zweiter Reihe angelegt wird. Und so liegen wir kurze Zeit später mit der Heckboje an der Springklampe und mit den Vorleinen am Achtersteven einer HR 37 aus Umea mit dem Enkel eines deutschen Auswanderers als Skipper, und einer Dufour aus Stockholm. Das Ganze ähnelt sehr der Anlegesituation in Schleimünde oder Anholt zur Hochsaison.

Der Hafen ist international. Man kann nicht genau sagen, ob hier mehr Schweden sind oder Finnen. Jedenfalls sind auch noch Briten da, Holländer und ein Schweizer. Und wir natürlich. Ziemlich bekannt offensichtlich, der Hafen.



Die Infrastruktutr hier ist erstklassig. Tolles Servicegebäude mit edlen Duschen, überall Strom und Wasser, sogar einen Fischhändler gibt es. Und dann sehen wir das kleine Schild an der Tür zum Servicegebäude: „Gefördert von der EU“. Aha, jetzt wissen wir endlich, was die so machen. Das letzte derartige Schild – sehr viel größer – haben wir vor 13 Jahren gesehen in Ecuador an einer Brücke in einem Seitental.

Die Insel selber ist absolut sehenswert, nicht nur das Dörfchen. Durch den großen Wald führen schöne Wege, auf die enorm hohen Felsgipfel kann man zwecks Sundowner gut hochsteigen, und überall gibt es regelrechte Sandbuchten. Hier kann man gut eine Weile bleiben.


10. Juli - Trysunda (noch immer)

Bei angesagtem NE um die 3-4 Bft wollten wir eigentlich nach Järnäshamn. Das versprach das eine interessante Kreuz entlang dieser tollen Küste mit ihren beruhigenden Wassertiefen zu werden. Bei allerbestem Wetter in Trysunda abgelegt - aber leider ist das eine extrem geschützte Bucht. Kaum waren wir um die Ecke dieser enormen Felsen, ging die Refferei los, erst das erste, dann das zweite, und zum dritten hatten wir keine Lust mehr. Voll gerefft und mit kleiner Fock ist das Kreuzen nur ein übles Gebolze. Unser Windy zeigte beständig 6 und in Böen 7 Bft. Also wieder zurück und Insel erkundet.

Dabei haben wir nochmal tolle Ausblicke entdeckt und eine wunderhübsche und erstklassig erhaltene alte Holzkirche.



11. Juli - Järnäshamn

Heute dann aber los bei inzwischen SE und 3 -4 Windstärken. Und fast an der selben Stelle wie gestern die Windüberraschung kommt heute die Sichtüberraschung: Nebel, und zwar in Minuten und pottendicht. Also, volles Programm: AIS an, Posi's an, Nebelsignale geben. Glücklicherweise liefen wir nur etwa 3 kn. Sonne knallte von oben.

Dann ein Blick nach hinten: So etwas hatten wir noch nie gesehen – ein Nebelbogen!

Und nach 40 min war der Spuk vorbei, klare Sicht, Sonnenschein, und ein paar Meilen weiter sah man die Nebelbank stehen. Aus der tropften dann auch allmählich immer mehr Segler heraus.


Ja, und nach Rauschefahrt gen Nordost dann Ankunft in Järnäshamn, ungefähr in der Mitte zwischen Örnsköldsvik und Umea. Der winzige alte Lotsenhafen beherbergt nur einen Mast. Klasse! Und wie wir um die Ecke biegen ist er komplett voll, voll mit Motorbooten. Da bleibt nur eins: Weiter in die Bucht und an der Boje des SXK festmachen. Geht auch nicht, denn die ist nicht da. Also Ankern, was hier endlich mal wieder erstklassig geht. Die Bucht hat nur 4 m Tiefe, Sandboden. Überhaupt ist hier die Höga Kusten schon wieder zu Ende. Alle Hügel sind wieder schwedentypisch flach, die Wassertiefen geringer.


12. Juli - Klubbskat (Finnland)

Abendnebel hatten wir noch in unserer Ankerbucht, aber für den nächsten Tag war Südost-Wind angesagt, also bestens geeignet für den Sprung nach Finnland, und kein Nebel! Allerdings sollte es nur wenig blasen, langsame Fahrt also, und nach Vaasa sind es runde 60 sm. Das kann dauern.

Für Zwischenstationen gibt es nicht viel Auswahl, Gästehäfen in den weit westlich liegenden Mustasaaret gibt es fast nicht. Also beschließen wir, einen Fischereihafen anzulaufen, Klubbskat. Das liegt westlich von Waasa weit draußen und verkürzt die Reise auf 40 Meilen. Die Einfahrt dorthin ist perfekt ausgetonnt und mit Peilmarken versehen. Obwohl links und rechts äußerst unangenehmes Unterwassergestein liegt kommt man deswegen sicher rein.

Man biegt um die Ecke, und da liegen tatsächlich respektable Hecktrawler an der Pier. Von Yachten weit und breit nichts zu sehen, nur ein paar Motorboote. Wir tuckern zum zweiten Hafenbecken im Süden, wo nicht die großen Schiffe liegen. Ein Zuruf an Leute auf der Mole, ob wir wohl festmachen können? „Sicher!“. Festgemacht wird an einem riesigen, schweren Schwimmsteg, der sicher für mehr als unsere 6 Tönnchen gemacht ist.

Gleichzeitig kommt ein kleiner Fischkutter rein. Wir sprinten rüber, und auf unsere finnisch radebrechende Frage „Onko sinulle kala? (Hast Du Fisch)“ kommt die klare und deutliche Antwort des alten Fischers: „Klar, jede Menge. Was braucht ihr, Weißfisch oder Lachs?“ Der Mann war jahrelang auf einem DDR-Trawler gefahren. Und der Fisch war lecker! Hat auch nur zwei Bier gekostet.

Da liegt man nun als einziges Lustboot, wird ein wenig belächelt, und fühlt sich ein bisschen wie damals in Dänemark längsseits am Kutter, weil es noch gar keine Yachthäfen gab und der Begriff „Marina“ irgendetwas Mediterranes hatte. Obwohl kein Hafenmeister kommt und niemand Geld will, steht das Servicehaus offen: Dusche, WC, Sauna, Fernsehraum – alles kostenlos. Nur Wasser und Strom gibt’s nicht am Steg. Toll, solche Fischereihäfen.


Also: Wer nicht die Runde über Haparanda machen will und trotzdem Finnland „mitnehmen“ will, der findet hier im Quarken die wohl denkbar kürzeste Distanz zwischen zwei Häfen am West- und am Ostufer, nämlich Järnäshamn – Klubbskat.


13. Juli - Vaasa

Heute ist "Umkehrpunkt" unserer Reise. Von nun an geht es nicht mehr nach Norden. Entlang der finnischen Küste wollen wir runter nach Turku. Navigatorisch ist das eine ganz schön anspruchsvolle Sache. Völlig anders als in Schweden, wo man in den Schären so oder so oder auch anders fahren kann, wo hier und da mal eine Tonne steht und wo man meist auch genug Platz zum Kreuzen hat, ist man hier auf ganz wenige enge, akribisch und reichhaltig ausgetonnte Fahrwasser angewiesen.

Man glaubt in der Realität und auf der Karte große Wasserflächen zu sehen – Fehlanzeige! Der zweite Blick zeigt Wassertiefen zwischen 1 und 3 Metern. Nun gut, 3 m geht doch! Ja, aber nur, wenn da nicht überall unten große Findlinge rumliegen. Und die liegen da rum. Die Finnen und früher die Russen haben es irgendwann aufgegeben, das alles zu vermessen und zu kartieren. Sie haben sich auf die wesentlichen Fahrwasser beschränkt, und die kann man bedenkenlos fahren. Aber: Da stehen die Tonnen schon oft in 100 m Abstand und möchten beachtet werden. Zudem gibt es zwar Gästehäfen, aber meist nur mit 1,50 m Tiefe. Für uns befahrbare liegen dann schon mal in 40 sm-Abstand. Das ist also nicht das Revier für einen schönen Segelurlaub, aber da müssen wir durch, wenn wir in eines unserer Lieblingsreviere wollen, die Turku-Schären oder „Saaristomeri“. Dort wird alles besser. Andere müssen ja auch über den Atlantik, wenn sie auf eigenem Kiel nach Antigua wollen. Ist ja auch nicht der Hit.

Gestern sind wir in Vaasa angekommen, einer recht angenehmen Großstadt mit bester Versorgungslage. Nur eines haben die hier nicht: Hafenhandbücher. Crazy.

Die Stadt hat drei Häfen, wovon der größte ein Motorboothafen ist (Sehr beliebter Bootstyp hier. Hat wenig Tiefgang.) Wir haben im südlichsten davon festgemacht, der eine komplette Gästebrücke hat mit ca. 30 Heckbojen, wovon 4 belegt sind. Hochsaison in Skandinavien? Hier nicht.


16. Juli - Skagelbadan

Jetzt waren wir doch tatsächlich drei Tage in Vaasa. Nichts gegen die Stadt und den Hafen einzuwenden, aber dass die jedesmal eine Gewitterfront drüberschicken, wenn wir gerade ablegen wollen, ist doch dreist.

Jetzt aber ab nach Süden! Entgegen der Vorhersage kommt der Wind sogar aus einer Richtung, die wir gerade noch als Anlieger bewältigen können. In diesen engen Fahrwassern ist das eine Zitterpartie. Nicht etwa, weil etwas passieren könnte, aber ein bisschen schralender Wind, und der Motor ist an. War aber nicht so. Prima.

Dann laufen wir in Skagelbadan ein, einem kleinen Fischerhafen mit verzwickter Einfahrt, in dem aber nur ein kleiner „Quasi“-Fischkutter liegt. Da kann man prima längsseits festmachen. Strom und Wasser gibt es nicht, auch keinen Hafenmeister. Am Nachmittag kommt ein schönes Vollholz-Schiff rein unter finnischer Flagge und steuert direkt auf uns zu. Wir vermuten, der will ins Päckchen, aber wir werden schon von weitem von einer Frau auf dem Vorschiff ohne Gruß angeschnauzt: „Go away. This is our place. You are not allowed here“. Sorry, aber dies ist ein ausgewiesener Gästehafen. Wo steht denn etwas von „gesperrt“ oder „privat“? Da schaltet sich der Skipper ein, ein Mann Ende 70, und zwar auf Deutsch: „Verschwinden Sie! Sie müssen auf die andere Seite.“ Da ist tatsächlich noch ein weiteres, winziges Hafenbecken. Aber wie tief? Unsere Frage wird nicht beantwortet, stattdessen: „Verschwinden Sie! Verschwinden Sie!“ Und wir verschwinden, verlegen nach nebenan. Dort ist tatsächlich 3 m. Auf der Mole dann noch ein Gespräch auf Deutsch über Höflichkeit unter Seeleuten, was den alten Herrn enorm in Rage bringt, und er schließlich ausruft „Deutschland, Deutschland über alles!“ Von wem er das wohl hat? Schade!


17. Juli - Kristiinankaupunki

Jetzt sind wir in einer wirklich schönen alten Kleinstadt angekommen nach langer Fahrt nach Süden entlang einer unwirtlichen Küste. Überall liegen riesige Steine im Wasser rum, nur die eng betonnten Fahrwasser leiten einen da durch. An Land sieht man nichts, nur steinige Ufer und Bäume. Keine Häuser, kein Kirchturm, kein rauchender Schornstein. Und auf See sage und schreibe 6 Boote, denen wir auf 50 sm begegnen.

Dann plötzlich sind die Steine weg, man sieht wieder gewachsenen Fels, und da ist auch schon die Stadt. Zwar noch gesegnet mit einer komplizierten Einfahrt, aber gut machbar. Die Seekarte zeigt das scheußlicher, als es ist, es gibt jede Menge zuverlässige, inoffizielle Tonnen.

Der Liegeplatz ist mitten in der Stadt, 100 m von einer Fontäne entfernt. Man liegt direkt vor einem etwas heruntergekommenen Hotel, in dem auch Hafengebühren zu zahlen sind und wo man Duschen und Sauna nutzen kann. was nicht geht: Bootstankstelle benutzen. Die gibt es zwar direkt in dem 3 m tiefen Hafen, aber die Anlegepier hat nur1,50 m, selbst wenn er Tankwart etwas anderes behauptet. Wir sind da kurz vor dem Festmachen mit dem Kiel regelrecht gegen eine Sandböschung gefahren. Anlaufen für Segler nicht möglich.



Das Städtchen ist absolut super. In der Innenstadt ist man irgendwie in die Zarenzeit zurückversetzt. Massenweise alte Holzhäuser, riesige Kaufmannshöfe, breite Straßen mit vielen Bäumen – absolut Klasse. Der Besuch hier lohnt sich wirklich.


19. Juli - Krookka

So eine Gemeinheit. Kaum haben wir noch bei schönstem Sonnenschein gefrühstückt und abgelegt, da bildet sich über Land ein Wärmegewitter und folgt uns auf dem Weg nach Süden wie ein treues Hündchen, immer mal blitzend und donnernd, sonst nichts. Nach 30 Meilen müssen wir aber ein Fahrwasser landeinwärts nehmen, und da lauert uns das Ding auf mit Massen Regen, glücklicherweise keine Böen.

Na ja, wenigstens ist die Einfahrt hervorragend betonnt und mit Peilmarken ausgestattet, also kein Problem. Über den Hafen wissen wir fast nichts, nur dass er 3 m Wassertiefe hat. Wir sind gespannt. Als wir um die Ecke kommen ist der Hafen buchstäblich leer, kein einziges Boot welcher Art auch immer. Und das am Wochenende. Alle Bojen sind leer. Der ganze Hafen für uns alleine. Krookka liegt gar nicht weit nördlich von Pori, einer Großstadt.

Dafür tobt an Land das pralle finnische Landleben. In dem Hafenrestaurant wird eine Hochzeit gefeiert, vor dem Kiosk sitzen ein paar alte Männer und tratschen, ein vollpubertärer Mopedfahrer kommt alle 20 min, dreht seine Runde und zieht wieder ab. Später hat er dann doch noch einen Zweiten gefunden, dann einen Dritten - weg sind sie. An einer Wasserzapfstelle nahe der Hafenkante füllt ein Autofahrer nach dem anderen einen oder mehrere Wasserkanister und fährt wieder weg. Es geht wohl ins Sommerhaus.

Die deutsche Flagge zeigt in dieser Gegend Reaktionen. Gleich drei Passanten, teils mit Motorboot, sprechen uns an, fragen woher, wohin, und wundern sich, was Deutsche wohl hier wollen. Und dann kommt der junge Mann vom Touribüro, ein Job zwischen Abitur und Studium, und spricht uns in perfektem Deutsch an, ob wir noch etwas brauchen, ob wir klarkommen usw. Nein, Hafengebühren gebe es nicht, nein, Toiletten und Duschen seien kostenlos. Hat man da noch Worte?

Das war eine Super Idee, den Hafen hier anzulaufen. Machen wir wieder, wenn wir mal wieder hier sind.


20. Juli - Laitakari

Jetzt werden die Fahrwasser navigatorisch einfacher: Breiter, öfters mal einige Zeit geradeaus, weniger Tonnen, und manchmal sogar 2 – 3 Meilen tiefes Wasser um einen herum. An Land sieht man immer wieder einige Häuser, die Zahl der Boote nimmt zu. Eindeutig: Wir nähern uns den Turku-Schären.

Die großen Städte lassen wir links liegen, insbesondere Pori, wo gerade das Jazz-Festival tobt. Da findet keine Maus einen Platz. Unser Ziel ist ein kleiner Yachthafen (tatsächlich, so etwas gibt es wieder) etwas weiter südlich: Laitakari. Das ist ein sehr netter kleiner Hafen mit zwei Schwimmstegen und Heckbojen.



Die Beschreibung in der finnischen Hafenliste „Vierassatamat“ stimmt aber in keiner Hinsicht. Angeblich sind beide Stege Gästestege, in Wirklichkeit ist es nur der hinterste vor dem Pub. Angeblich sind hier 2,0 m Wassertiefe, in Wirklichkeit sind es 2,60 m. Angeblich gibt es kein Wasser am Steg, gibt es aber doch.

Außer schöner Landschaft gibt es hier aber sonst nix. Zur Erkundung des Hinterlandes braucht man Fahrräder, direkt am Hafen findet außer Clubleben nichts statt.


21. Juli - Kylmäpihlaja

Das Skandinavienhoch hat sich wieder massiv verstärkt, die Isobaren liegen hunderte von Kilometern auseinander. Ergebnis: Bei bestem Wetter wenig Wind. Und deswegen verhungern wir dann auf dem Weg nach Süden am Nachmittag draußen vor Rauma.

Wohin jetzt? Doch nicht in diese große Hafenstadt. Aber da gibt es draußen eine kleine Insel mit einem riesigen Leuchtturm: Kylmäpihlaja. Und dort zeigt die Karte einen winzigen, sehr tiefen, rechteckigen Hafen. Das sieht aus wie ein alter Lotsenhafen, die Zufahrtstiefen passen auch. Mehr Informationen gibt es wie üblich nicht.

Also fahren wir rein. Toll!! Das Ganze wirkt ein wenig wie Utklippan, nur etwas besser ausgestattet. In das Hafenbecken passen um die 20 Boote, festgemacht wird an Heckbojen und längsseits. Um den Leuchtturm herum gibt es ein Kaffee, zugleich Hafenmeister, ein Museum, und im Leuchtturm ein regelrechtes Restaurant. Allerdings ist hier alles noch viel teurer als in Finnland üblich. Hafengebühr 20,-- €, allerdings incl. Strom, Dusche, Sauna.

Die kleine Insel ist super. Überall führen die verschiedensten Zugvögel ihre Jungen aus. Bald müssen die aber weg. Was hier der Winter anrichten kann sieht man daran, dass die beiden Klohäuschen beim Anleger für das Ausflugsschiff am Felsen vierseitig festgekettet sind. Im Moment machen die Gänse noch Abendessen vor unserem Bugkorb und werden böse, wenn wir das Boot verlassen wollen. Dann eben nicht.


22. Juli - Uusikaupunki

Vom Land ab in die Stadt. Jetzt sind die Fahrwasser breiter, auch daneben fast keine Untiefen mehr, die Betonnung wird sparsamer. Und die Bevölkerung auf dem Wasser wächst sprunghaft an. Ständig hat man mindestens 5 Boote im Blickfeld, die irgendwo hinfahren, allerdings immer noch recht wenige Segler.

Die Einfahrt nach Uusikaupunki ist unattraktiv. Lange Zeit hat man die großen Industrieanlagen im Blick, fährt dabei aber an todschicken Sommerhäusern vorbei, deren Standort so geschickt gewählt ist, dass die Bewohner von Industrie nichts sehen.

Dicht beim Fahrwasser dann zwei kleinere, unbewohnte Inseln, auf denen mal Bäume gestanden haben. Von denen sind nur noch kahle Gerippe übrig geblieben. Was ist passiert? Kormorane! Beide Inseln haben sich diese Vögel als Standort ausgeguckt und sitzen zu Hunderten in den Ästen. Ja, und da kacken sie auch – Bäume und der Untergrund darunter sind mit einer dicken weißen Schicht überzogen, es weht ein leichter Ammoniakduft herüber. Kormorane können tatsächlich Waldsterben verursachen.

Der Yachthafen in Uusikaupunki beim Pakkahuone (Packhaus) ist schön gelegen und macht einen angenehmen Eindruck. Er ist schon recht voll, aber nicht überfüllt. Auch hier merkt man nicht viel von Hochsaison. Hier ist übrigens der erste Hafen, der wieder im deutschen Hafenhandbuch steht – und falsch! In der aktuellsten Ausgabe werden mit Foto zwei Silos als Ansteuerungsmarke angegeben, nur die Silos gibt es gar nicht mehr. Und natürlich stimmt die Telefonnummer des Hafenbüros nicht.

Die Stadt selbst wird viel gerühmt wegen ihrer alten Holzhäuser, aber wenn man zweie davon gesehen hat, hat man eigentlich alle gesehen. Der alte Kern ist eine Kunststadt gewesen, vom König so gewollt, nur eben vor 250 Jahren. Aber etwas ganz tolles haben die: Eine Buchhandlung, wo man tatsächlich nautische Literatur bekommt, Hafenführer, Seekarten, einfach alles. Na also! Geht doch.


23. Juli - Kaurissalo am Anker

Von „Stadt“ hatten wir eigentlich genug. Nach umfangreichen Einkäufen, Wasser und auch mal wieder Diesel bunkern, geht es wieder ab nach draußen, weiter nach Süden.

Hier wird man auf eine neue Art durch die Fahrwasser geleitet: Mit Richtlinienpeilung. Man muss sich eine hochkant gestellte spanische Flagge vorstellen, etwa 2 x 4 m groß, die an Land steht. Das ist die Unterpeilung. Und etwas weiter hinten und weiter oben steht dasselbe Ding nochmal. Wenn die beiden in Deckung sind, ist man auf richtigem Kurs und in tiefem Wasser.

Ganz so einfach ist das aber doch nicht. Manchmal fährt man nicht auf so eine Peilung zu, sondern davon Weg. Ein Boot steuern mit Blick nach hinten? Anstrengend. Und manchmal stehen die Dinger mitten im Wald und damit im Schatten. Sowas ist nur mit Fernglas auszumachen, und dann auch nur mit Mühe. Und wann muss man abbiegen in die nächste Peilung? Dann steht an Land neben dem Kurs ein weißes „Kummel“, ein gemauerter Steinhaufen, weiß angestrichen. Manchmal besteht das auch aus Betonringen von Abwasserschächten, ebenfalls weiß.




Und jetzt Segel runter und ab in unsere Ankerbucht südlich Kaurissalo. Sehr schön, sehr ruhig, sehr guter Ankergrund (eine Art Klei). Auf einer Halbinsel wird gerade ein altes Haus renoviert. Die beiden Zimmerleute packen gerade ihre Sachen ins Boot und fahren weg. Eine Bucht für uns alleine. Wir schwimmen und schwimmen und schwimmen. Ach ja: Turku Radio hat eine Wetterwarnung herausgegeben, eine Hitzewarnung! Wir haben abends 21:30 MESZ 28° C, Wassertemperatur 24° C.


24. Juli - Fiskö (jetzt wieder in Aaland)

Fiskö ist ein Flop. Das war eine Empfehlung des Svenska Kryssarklubben, aber keine gute. Das Ganze liegt strategisch ziemlich günstig am Weg von Uusikaupunki oder Jurmo nach Süden, z.B. Kumlinge Aber die Zufahrt gestaltet sich schon schwierig. Angeblich sollen hier in der Einfahrt 3,50 m sein, unter unserem Kiel (1,90 m) zeigt das Echo nur 10 cm.

Der Schwimmsteg ist tatsächlich sehr stabil und gut verankert. Aber an Land ist nichts. Gut, Strom und Wasser war nicht versprochen, aber auch die Toilette ist nicht da und auch nicht der kleine Laden. Wir verbringen eine ruhige Nacht in einer etwas morbiden Umgebung und verschwinden am nächsten Morgen.

Ab jetzt, also westlich des großen Fahrwassers „Kihti“, sind wir in der autonomen Region Aaland mit eigener Verwaltung und Flagge! Also wird die finnische gegen die aaländische Gastlandsflagge getauscht. Wenn man hier weiter die finnische benutzt, erzeugt das Unmut.


25. Juli - Seglinge

Hier ist es schon besser! Aber der Weg hierher war nicht gut. Noch gegen 10:00 h Bordzeit, also 11:00 h Ortszeit, absolute Flaute. Dann sind wir also erst mal unter Maschine los. Nach knapp 3 Stunden dann doch noch Wind, aber gegenan. Das lässt sich hier in diesen Gewässern aber schon ganz gut kreuzen. Und dann das Ergebnis der tagelangen Hitze: Algenteppiche überall, die sich auch schon zu größeren Agglomeraten zusammengeklumpt haben.

Im kleinen Hafen von Seglinge ist es aber urgemütlich. Der füllt sich im Laufe des Nachmittags komplett.

Es ist also doch noch Saison, obwohl die Auswahl an Eis in der Kühltruhe des kleinen Ladens arg geschrumpft ist. Der macht wohl bald zu für den Winter. Die Duschen hier befinden sich an der Badeleiter des eigenen Bootes, was auch geht, da der "Hafen" nach 3 Seiten offen ist und so kein Hafenwasser entsteht. Ein bisschen salzig ist es hier aber schon wieder. Für etwa 40 Boote gibt es 4 Steckdosen, der Rest wird mit Unterverteilern und Kabeltrommeln gemacht. Geht! selbst unser Elektr. Wasserkocher (1.800 W) kriegt die Sicherungen nicht klein. Hübsch hier. Wir kommen wieder.


26. Juli - Olympiahafen

Der nächste Törn geht wieder raus in die Natur. Wir haben uns eine Bucht im Süden von Bänö ausgesucht (in der Nähe von Sottunga), die eine sehr einfache Einfahrt hat und vor allem drinnen bis dicht vor die Ufer überall 4 - 5 m Wassertiefe. Ideal zum Ankern.

Das ist eine einigermaßen berühmte Bucht, weil hier die Flotte der schwedischen Spitzensegler auf dem Weg zur Olympiade in Helsinki 1954 geankert und übernachtet hat. Sie heißt deswegen bis heute scherzhaft "Olympiahafen".

Die Bucht ist super. Viele kleine Unterbuchten am Ufer sorgen für Windschutz bei jeder Windrichtung. Man muss es sich nur aussuchen. Wir wollen heute überhaupt keinen Windschutz haben und ankern weit vom Ufer weg. Denn erstens kühlt der Wind doch ein bisschen (30° C im Schatten), und zweitens haben bei dieser Hitze die Mücken im Eiltempo ihre Zweitbrut erledigt, und wir müssen uns jetzt doch noch mit dem Viechzeug beschäftigen. Also: Mückengaze in die Fenster, Räucherspiralen aufstellen, und vor allem: Wind! Das hilft bis weit in die Abendstunden.


27. Juli - Lappo

Batterien sind halb leer, der Wassertank fast ganz - wir brauchen mal einen Hafen mit Vollversorgung. In der Nähe liegt Lappo, in manchen Verzeichnissen als der beste Yachthafen der Aalands bezeichnet. Das wollen wir sehen.

Der Weg dorthin ist der reine Genuss: 4 Bft Wind aus Süd, wir fahren nach Ost. die Fahrwasser sind breit und tief, haben aber verdächtig große Tonnen. Wer fährt denn hier sonst noch? Die Frage wird bald beantwortet, es ist das Fährenfahrwasser Turku - Mariehamn.

Lappo selbst ist kein eigentlicher Hafen, sondern ein riesiger Steg mit Bojen in einer Bucht. Das ist eine tolle Lage bei Südost über Süd und West nach Nordwest, nicht aber bei Nord und Ost. Die knallen hier voll rein. Nun, wir haben Südost, alles bestens.



Der Hafen bietet in der Tat alles: Wasser und Strom am Steg, Sauna, Waschmaschine, Trockner, kostet aber auch € 23,--. Direkt beim Hafen gibt es ein kleines Restaurant und einen Laden. Allerbestens für die Versorgung.

Nach einem gewittrigen Tag, den wir lieber hier bleiben, kühlt es endlich ein wenig ab. Und am Abend kommen dann noch die Vikinger, jedenfalls sieht ihr Boot von weitem aus wie ein Langschiff.

Es ist aber eines der traditionellen aaländischen Boote, wie sie noch bis in die 50er-Jahre hinein zum Transport und zum Fischen verwendet wurden.


29. Juli - Houtskari am Anker

Zwei Hafentage sind genug, auch wenn wir dabei einen Einhandsegler aus Kiel getroffen haben und einen anderen aus Schweden, der sich aber als in den 60er-Jahren ausgewanderter Töpfermeister aus Österreich entpuppte, und der sein Geld als Keramikkünstler verdient hat. Lange Gespräche zwischen dem und meiner Frau, die als Kunstlehrerin Jahrzehnte die Tonwerkstatt der Schule gemanagt hatte.

Jetzt aber ab in die Natur und wieder nach Osten. Bald müssen wir in Turku sein. In Rauschefahrt geht es Zick-Zack durch die Schären, dann ein langer Schlag über das Grenzfahrwasser zwischen Aaland und Finnland "Kihti", und schon sind wir wieder in Finnland (Nicht vergessen: Richtige Gastlandsflagge) und in unserer Ankerbucht im Südosten der großen Insel Houtskari. Kein Mensch dort, auch im gut betonnten Fahrwasser fährt keiner mehr vorbei.

Abends sehen wir zwei Haubentaucher-Pärchen zu, die jeweils ein Junges herumführen. Beim Frühstück kommt ein Adler ziemlich niedrig über die Bucht, schraubt sich dann immer höher. Ob er Beute macht, sehen wir nicht. Wir haben den Eindruck, in einer schalltoten Kammer übernachtet zu haben, so ruhig war es hier.


30. Juli - Korpoström

Auf dem Weg nach Osten sind wir nach Korpoström hochgekreuzt. Das hier in den Turku-Schären (die Finnen nennen es „Saaristomeri“) ist eine grandiose Landschaft. Die Felsen am Ufer sind teilweise über 100 m hoch, brechen senkrecht zum Wasser ab, und unter Wasser geht es dann genauso senkrecht weiter bis 40, 50 m Wassertiefe.

Die Schweden geben immer ein wenig an mit ihrer „Höga Kusten“ und meinen, Finnland sei flach. Die sollen mal hierher kommen. Man kann an den Ufern aber auch erkennen, wie geschützt diese Gewässer hier sind. Hier gibt es offenbar nie Seegang, denn die Bäume stehen bis zur Wasserlinie, auch Kornfelder und Weiden steigen übergangslos aus dem Wasser.

Korpoström selbst ist ein langweiliger Hafen im Süden der großen Insel Korppoo. Dort wollten wir eigentlich nur hin wegen einiger Ersatzteile. Und von früheren Reisen wussten wir, dass hier ein recht großer Bootszubehörhandel ist. Glaubten wir zu wissen. Der ist schon seit drei Jahren dicht. War wohl nix. Der Hafen aber ist international: 4 Schweden, drei Deutsche, ein Holländer, ein Russe. Wir nähern uns den Ballungszentren.


31. Juli - Turku (eigentlich: Ruissalo)

So, Etappenziel erreicht. Wir sind in Turku. Eigentlich wollten wir wegen der Verkehrsanbindung im Gästehafen der Stadt festmachen, drinnen im Fluss Aurajoki. Die beiden Hafenmeister waren aber derart patzig, als wir drei Tage Liegezeit ankündigten, dass wir kurzerhand kehrt gemacht haben und zurück sind zu dem Clubhafen der „Turun Purssi Seura“, der Segelvereinigung Turku auf der Insel Ruissalo. Dort waren wir herzlich willkommen, obendrein ist das Liegen dort ausgesprochen billig: € 18,-- am Tag incl. Strom, Wasser, Sauna, WLAN. Na super!

Nach Turku rein sind es mit dem Fahrrad nur 20 min auf einem herrlichen Radweg, der fernab von jeder Straße immer am Ufer entlangführt. Und die Stadt selbst ist allererste Sahne. Man könnte sie eine „Sommerstadt“ nennen, so viel ist los auf den Straßen.

Man liegt hier, in Sichtweite der beiden Inseln Iso Pukki und Pikku Pukki, wie in Abrahams Schoß. Es herrscht absolute Ruhe, der Hafen ist nachts sogar bewacht. Das kommt uns gelegen, weil wir das Boot drei Tage alleine lassen müssen.

Umgeben von herrlicher Landschaft sitzen wir auf der Saunaterrasse und schauen dem Treiben im Fahrwasser nach Turku zu. Da kommen alle Schiffe vorbei, auch die großen Fähren nach Tallinn, Mariehamn und Stockholm.

So, jetzt ist erst mal Schluss mit Segeln. Ab ins Binnenland nach Tampere.


4. August - Svartholm am Anker

So, wieder zurück an Bord. Mitgebracht haben wir meine Schwägerin, so dass wir jetzt drei Hände haben. Noch einmal zurück zu Turku: Hier gab es auch endlich den Yachtausrüster, den man im Norden Finnlands vergeblich sucht. Darauf angesprochen, lacht der nur: Das sei klar. In Finnland gäbe es nur drei Geschäfte, eins in Helsinki, eins in Tampere für das Binnengeschehen, und seins. Der Laden heißt "Meredin" und liegt keineswegs am Hafen, sondern mitten in der Stadt in der Fußgängerzone nahe dem bekannten Kaufhaus Stockmann. Der hat definitiv alles auf zwei Stockwerken. Für die alten Leute, die sie noch kennen: Modder Tingleff in Sonderburg war nichts dagegen.

Und dann spielt auch noch das Wetter mit. Heute morgen zwar innerhalb von zwei Stunden wieder 32° C, aber Südwind 4 - 6 Bft. Für jemanden wie uns, der nach Westen will, der reinste Turbolader. Wir sind auch schon 14:00 h am Ankerplatz - gerade rechtzeitig, um keinen Hitzschlag zu bekommen. Smiet wech dat Isen! Und dann kopfüber ins Wasser. Da bleiben wir jetzt.


5. August - Remmarhamn

Zum Frühstück in der Ankerbucht kriegen wir noch Besuch: Ein Adler streicht über die Bucht und hält erst mal von den Baumwipfeln Ausschau. Foto ist leider nicht ganz scharf.

Das perfekte Segelwetter (keine Wolke, Südost mit 3 - 6 Bft) hält an, und wir rauschen gen Westen, wieder von Finnland auf die Aaland-Inseln. Die Geschwindigkeit (6 - 7 kn) ist gar nicht so gewollt, weil hier eine ganze Menge verflixt enger Stellen auf der Route eingebaut sind. Aber inzwischen ist hier Saisonende, kaum einer segelt noch, und deswegen muss man nur auf sein eigenes Boot aufpassen.

In Remmarhamn an der Westseite der großen Insel Kumlinge stimmt nichts von dem im Hafenhandbuch angesagten: Die verwinkelte Steganlage aus dem (neu aufgelegten) Hafenhandbuch ist einem einzigen langen Steg mit Heckbojen gewichen. Entgegen allen Ansagen gibt es hier kein Trinkwasser und die Tankstelle existiert auch nicht. Trotzdem Hafengebühr € 20,--. Aber man liegt hier sehr geschützt. Unheil anrichten kann wohl nur ein sehr starker Südwest.

Beim Segel-Bergen zeigt sich dann die erste Havarie der Reise: Ein Mastrutscher ist gebrochen, und trotz eines riesigen Ersatzteillagers für Alles und Jedes an Bord haben wir keinen Ersatzrutscher. Hätte das blöde Ding denn nicht drei Tage früher in Turku zerbröseln können? Jetzt müssen wir nach Mariehamn, was wir gar nicht wollten.


6. August - Rödhamn (Lieblingsinsel)

Heute wollten sie uns mit 6 Bft aus SE beglücken, und die haben wir auch. Da wir nach Südwest wollen bleibt das lädierte Großsegel einfach unter der Persenning und wir rauschen nur mit Fock und sog. "100 %-Reff" rüber nach Lumparland. Das ist eine der Hauptinseln der Aalands und nicht etwa Lummerland. Dort kriegen wir es auch wieder mit dem Großfahrwasser zu tun und mit den Fähren. Acht solche Riesentrümmer passieren uns in einer Stunde.

Das Einlaufen in Rödhamn ist dann reinste Erholung: Seegang weg, Wind halbiert, Fähren weg. Und der Hafen, in dem sonst meist drei Boote an einer Boje liegen, hat jetzt im August noch 20 freie Bojen. Zuletzt waren wir 2008 hier, seitdem hat sich vieles zum Positiven geändert. Es gibt einen neuen Grillplatz mit großer Terrasse und Tischen, die alte Funkpeilstation ist jetzt als Museum hergerichtet und kann kostenlos besichtigt werden. Nicht geändert hat sich das Angebot an Räucherfisch und Kuchen im Kaffee, wo man auch für nächsten Morgen frische Brötchen bestellen kann. Die liegen dann beim Aufstehen schon auf dem Vorschiff, auf der Tüte steht mit Edding der Wetterbericht.

Der Inselrundgang ist nach wie vor wunderschön: Tolle Felsen wechseln sich ab mit Heide, vom Gipfel kann man alle Fahrwasser überblicken und den Verkehr, am Westufer liegen mit vielen, vielen Steinen merkwürdige Ornamente ausgelegt. Die sind bestimmt aus der Steinzeit, manche meinen aber auch, sie wären von Kindern vom letzten Jahr.


7. August - Mariehamn und zurück

Jetzt geht's an das Beschaffen des gebrochenen Großsegelrutschers. Laut WWW gibt es in Mariehamn eine Niederlassung von North-Sails mit Segelmacherei. Das wäre erste Adresse: Am Telefon auf englisch ein Mann, sehr kurz angebunden: Nein, ich mache nichts mehr mit Segeln. Nein, ich bin nicht mehr in Mariehamn, sondern in USA. Das ist eine Rufweiterleitung. Oh!

Der Hafenmeister in Rödhamn weiß aber Rat. Ein erstklassiger Laden für Bootszubehör ist Baathuset in Mariehamn. Er hat sogar die Adresse und meint, die hätten das Teil bestimmt. Die Website spricht von 24 h-Service, Motorenservice, Riggservice usw. Also auf nach Mariehamn, leider mit 6 Bft. gegenan, also die 9 sm mit Maschine. Dort angekommen Fahrrad ausgepackt, bis ins Gewerbegebiet jenseits des Stadtrandes gestrampelt, und - da ist ein Gerümpelladen mit maritimem Inventar. Einige Teile sind neu, die meisten aber aus alten Booten ausgebaut. Und den Rutscher haben sie natürlich auch nicht. Tja, das ist nun der Top-Yachtausrüster in der Hauptstadt der autonomen Provinz Aaland.

Also wieder zurück nach Rödhamn, diesmal bei nur noch 5 Bft, inzwischen aus Süd, also wieder gegenan. In Rödhamn eine ziemliche Überraschung: Der Hafen ist voll, und alle haben so komische Flaggen im Vorstag. Wir erwischen gerade noch die letzte Boje. Die Boote hier sind alle ziemlich groß und ziemlich teuer. Es ist die Saisonschluss-Regatta des Swan-Sailing-Clubs of Sweden. Entsprechend hat sich das Bild an Land geändert. Statt Seglern stolzieren dort maximal aufgemachte, meist sehr junge Gattinnen, blasierte Jugendliche, die durchaus mal zu zweit einen Steg so zumachen können, dass keiner mehr vorbeikommt, und (tatsächlich) bezahlte Hands, die in eigenen Grüppchen ihre Erfahrungen austauschen.

Na ja, am nächsten Morgen ist der Spuk vorbei, und Rödhamn ist wieder Rödhamn.


9. August - Gräddö (wieder in Schweden)

Und heute wieder nach Schweden! Erst mal müssen wir uns ein wenig freikreuzen von den Felsen um Rödhamn, dann dreht der Wind und frischt auf, und in wenigen Stunden sind wir über die Aaland-See in Schweden. Wir wollen nach Fejan, und dazu muss man in das große Fahrwasser beim Leuchtturm Söderarm, das auch die Finnland-Fähren nach Stockholm und Kapellskär benutzen. Glücklicherweise ist das breit genug, so dass man sich aus dem Weg gehen kann. So ein Kaventsmann kommt dort alle halbe Stunde, Durchschnittsgeschwindigkeit 18 kn.

Der Plan mit Fejan war aber nix. Beide Stege sind rappelvoll mit Motorbooten, an Land Musik, Festzelte usw. Wer weiß, was da los ist, aber anlegen können wir dort nicht. Die Ausweichbucht Lidö in der Nähe mit ihrem hübsch gelegen Steg fällt wegen der nächtlichen Windrichtung West aus, weil die Bucht nach West offen ist.

Bleibt also nur Gräddö, ein Hafen, den wir nicht in bester Erinnerung hatten. Aber er hat sich geändert. Viel weniger große Motorboote, nur noch die kleinen Zubringer zu den Sommerhäusern auf den Inseln. Viel weniger Lärm. Hier kann man also bleiben. Aber dann die Preisgestaltung: Innenseite des Gästesteges (ohne Schwell von der Tankstelle) 240,-- SEK (ca. 27,-- €) und damit 80,-- mehr als die Außenseite. Und der Strom soll dann noch mal 60,-- SEK kosten. Dafür ist die Sauna schon außer Betrieb – Saisonende. Also nehmen wir doch keinen besseren Eindruck von Gräddö mit und verschwinden morgen wieder.


10. August - Furholmen

Eine kurze Reise heute, nur 20 sm. Aber es soll schlechtes Wetter geben, also wollten wir in einen sicheren Hafen, keine Schäre mit Heckanker oder Ankerbucht. Von Gräddö weg hatten wir erst mal das Vergnügen mit einem halben Dutzend Großfähren in deren (zugegebenermaßen) Fahrwasser, dem Furusund. Dann aber ging's links ab in das Parallelfahrwasser, den Blidö-Sund. Zwischen den Fähren und uns lag ab jetzt die langgestreckte Insel Yxlan.

In diesem schmalen Sund fährt man gewissermaßen durch eine schwedische Sommerhausausstellung, von der 100 Jahre alten Holzvilla bis zum modernistischen Monstrum ist alles da.

Dann abbiegen nach Süden, und nach 2 sm kann man sich rechts in die Büsche schlagen zum sog. Klubholmen des Viggbyholms Batklub an der Nordseite der Schäre Furholmen. Das ist zwar deren Privatinsel, es dürfen dort aber auch Gäste hin. 5 Boote sind noch dort – die Saison geht zu Ende. Es ist das erste Mal, dass wir wieder einen komplett leeren Steg sehen.

Die Einfahrt ist verzwickt, und man muss sich wirklich an die Peiltafeln halten, sonst sitzt man auf. Auch am Steg kann man nicht überall hin, die linke Hälfte ist zu flach für Segler. Dafür ist die Insel landschaftlich sehr schön und absolut ruhig.


Gedanken über Finnland

Jetzt sitzen wir hier an unserer Minischäre fest. Das Barometer fällt 2,5 hPa in drei Stunden seit heute Nacht. Über Schottland bewegt sich ein 980-er Tief nach Nordost (wir haben hier noch 1016 hPa). 600 sm für 35 hPa Luftdruckunterschied? Da kommt was!

Wir bleiben lieber am Haken, bauen die Kuchenbude auf und denken über die Wochen in Finnland nach.

Erster und wichtigster Eindruck: Finnland ist bei Weitem nicht so voll im Sommer wie Schweden, oder gar Schwedens Westküste. Hier findet man immer noch einen Platz am Steg oder in einer Bucht.

Andererseits: Mit Ausnahme der südlichen Aaland-Inseln und der Turku-Schären (Saaristomeri) sind gute Ankerbuchten oder Plätze, wo man mit Heckanker an Land festmachen kann, äußerst selten.

Die wenigen Yachthäfen (Vierassatamat) sind meist keine Häfen im eigentlichen Sinne, sondern Anlegebrücken, die gegen die eine oder andere Windrichtung geschützt liegen, gegen den Rest aber nicht. Man muss da also den Wetterbericht im Auge behalten. Das gilt sogar für große Häfen wie Mariehamn Westhafen, der bei strammem Südwind äußerst ungemütlich ist. Und es fehlt eigentlich immer irgendwas: Mal gibt es kein Trinkwasser, mal keinen Strom oder nur über fliegende Leitungen und ‘zig Unterverteiler, mal nichts von alledem.

Die Seekarten sind sehr gewöhnungsbedürftig. Zwar sind die neueren Ausgaben jetzt dem üblichen Bild angeglichen (Flachwasser blau, in älteren Karten ist das grün), aber die verschiedenen Seezeichen so zu interpretieren, dass man sie in der Realität wiedererkennt, ist eine echte Aufgabe.

Wenn da z.B. eine Tonne eingezeichnet ist mit „zwei Dreiecken Spitze oben“, dann ist das nur dann eine Nordtonne, die in der Realität eine Stange ist, oben schwarz, unten gelb, wenn da sonst nix daneben steht. Wenn daneben aber steht „22 m“, dann ist das keine Tonne, sondern ein 22 m über die Wasseroberfläche ragendes Rohr mit einem riesigen Radarreflektor oben drauf und irgendwo unter Wasser auf einem Felsen festgeschraubt. Allerdings ist auch hier die obere Hälfte schwarz und die untere Gelb.

UMTS-Empfang gibt es in 3G-Qualität nur in den Häfen der großen Städte, sonst nur 2G oder gar nichts. Für Wetterberichte (z.B. Seewis oder Windfinder) kann man sich also hierauf nicht verlassen.

Fazit: Finnland ist anstrengend, aber schön. Es lohnt sich auf jeden Fall, hierher zu fahren. Was aber nun wirklich nicht sein muss ist die Küste nördlich Kristinankaupunki, also die Ostseite des Seegebietes Quarken. Dort gibt es nichts zu sehen, keine schönen Häfen, nur anstrengende Fahrwasser und viele Untiefen.


12. August - Lökholmen (schon wieder)

Wir haben ja jetzt auf dem Rückweg schon mehrfach unser eigenes Kielwasser gekreuzt, aber heute sind wir zum ersten mal in einem Hafen, den wir dieses Jahr schon besucht hatten. Die Verwandtschaft wollte unbedingt da hin.

Und siehe da: Auch hier ist die Saison bereits vorbei (im Juni hatte sie noch nicht angefangen), ganze 15 Boote verteilen sich in dem großen Naturhafen. Na prima! Kein Fenderreiben, kein Ablegegetöse am Morgen, Platz in der Sauna. Es soll übrigens Sauwetter aus Süd geben. Da liegen wir hier hinter 25 m hohen Felsen genau richtig.


13. August - Nämdö

Weiter geht es nach Süden. Das Wasser wird salziger und kälter, heute schon nur noch 19° C. Der Salzgehalt reicht auch schon für Quallen – heute haben wir die ersten in diesem Jahr gesehen. Nach der Kaltfront vorgestern ist es insgesamt kühler. Der Weißwein hat wieder richtige Temperatur, die Daunendecken sind in den Kojen wieder im Gebrauch. Und es wird verflixt früh dunkel, schon so gegen 21:00 h. Das sind wir ja gar nicht gewöhnt, da muss man ja richtig früh anlegen.

Langvik im Norden von Nämdö (das liegt nicht weit nordöstlich von Dalarö) haben wir vor vielen Jahren entdeckt und hielten es nur für eine super Ankerbucht bei Südwinden, bis – ja bis plötzlich einige Männer am Ufer ein Wasserflugzeug vom Strand schoben, einstiegen und wegflogen. Was haben die denn hier gemacht? Die Inspektion der Stelle ergab, dass dort eine öffentliche Sauna steht, die man sich selbst heizen kann. Holz liegt schon da und Streichhölzer. Man soll nur – bitteschön – pro Person 30,- SEK dalassen.

Seitdem laufen wir diese Bucht an, wenn es möglich ist, und heute ist es sogar angezeigt. Es kachelt mit 6 Bft. Aus Süd. Ab in die Sauna!


17. August - Haskö

Die letzten Tage gab es nur schon besuchte Ziele. Nynäshamn, natürlich wieder im Clubhafenb Fagerviken mit dem netten Hafenmeister und der tollen Sauna. Broken, der Inselhafen des Nyköping-Bootclub. Der ist diesmal nicht leer, sondern trotz Saisonende noch mittelvoll - alles Clubmitglieder. Und was machen die? Ignorieren den einzigen Gastlieger vollständig. Kein Blick, kein Gruß, kein Wort. Stummes Beiseitegehen, wenn man den Weg entlangkommt und grüßt. Das ist ja eine feine Gesellschaft. Sowas von Dünkel haben wir das ganze Vierteljahr über nirgends erlebt. Na gut, dann eben in Zukunft nur noch in der Nebensaison, wenn keiner von den Schnöseln da ist.

Heute ging's dann bei feinem Wind, immer nur Anlieger, strax nach Süden und dann in eine Super-super-Ankerbucht: Haskö. Das liegt etwas ab vom Fahrwasser (der E4 zu Wasser) zwischen Valdemarsvik und Harstena. Die sehr enge Einfahrt wird erleichtert durch zwei gut sichtbare Peiltafeln auf der Nachbarinsel. Und drinnen kann man dann machen, was man will, denn die Ufer sind alle glatt und steil abfallend. Man kann überall Ankern, überall an den Felsen gehen mit Heckanker, und man kann sogar in einem kleinen Hafen festmachen. Ja, den gibt es, obwohl er nirgends steht. Der Fischer in der Bucht hat einen Steg gebaut, an den etwa 10 Boote mit Heckanker passen. Dort gibt es auch Strom. Daneben steht eine Sauna, die auch Ankerlieger benutzen können, und ein Fischer verkauft natürlich auch Fisch, auch geräuchert, Eis und noch ein paar Kleinigkeiten.


18. August - Västervik

Puh, da setzt uns also das große, böse Südskandinavientief unter Druck. Ab Dienstag will es hier in Ostschweden Südwind machen, und das mit mindestens 6 Bft, wenn's geht auch mal mit 8 und 9. Wenn das abgeht, wollen wir in Västervik sein. Also Frühstart in unserer Bucht und Frühstück unterwegs. Aber - Pustekuchen! Der Wind kommt genau gegenan, und zwar jetzt schon mit 6 Bft. Das kann man in diesen engen Gewässern nicht kreuzen. Kurze Überlegung, ob wir bei nächster Gelegenheit raus gehen auf die offene See und dort mit zwei Schlägen nach Süden gehen? Nee, dann werden aus den 35 sm 48, und falls der Wind noch zulegt über 50. So wird der Tag zum Ausdauertest für unser oft vernachlässigtes Motörchen. Hat er mit Bravour bestanden. Unterwegs haben wir massenweise andere Segler gesehen, alle mit Kurs Nord. Wir waren die einzigen mit Südkurs.

Den Aussichtsturm Västervik sieht man schon weit draußen in den Schären. Er steht unmittelbar im Hafen.



In Västervik selbst geht der Kurs direkt zum Clubhafen der Segelsällskap Wikingarna auf Notholmen. Dort haben wir früher schon mal hervorragend gelegen bei sehr netten Leuten. Damals waren wir bei aufkommendem Sturm mit schon 8 Bft aus Ost direkt zum Stadthafen gelaufen, um dort im strömenden Regen anzulegen. In dem großen Hafen kurvte ein Schlauchboot herum. Hurra, der Hafenmeister will uns einweisen! Weit gefehlt. Der schickte uns weg, wie wir später erfahren haben, weil ihm die Bojen vertrieben und die Ringe aus den Stegen rissen. Aber bei den Vikingern nebenan kamen gleich drei Gestalten in Ölzeug angestürzt, halfen beim Anlegen, erzählten, dass die Sauna noch warm sei - toll eben.

Der Hafen ist inzwischen erheblich erweitert, hat zwei neue Schwimmstege, alle mit Auslegern und sämtlichen Versorgungsleitungen. Die Leute hier haben richtig was unternommen. Im Hafenhandbuch des DSV steht allerdings immer noch das alte Hafenlayout – ärgerlich.

Der Hafen ist denn auch bis auf wenige Bojen proppenvoll. Völlig leer dagegen ist nebenan der offizielle Gästehafen, der jetzt von ProMarina bewirtschaftet wird. Etwa 10 Boote verteilen sich auf 250 Gästeplätze. Aber man muss denen zugute halten: An den Stegen sind jetzt richtig gute Ringe, mit Stahlklammern angebolzt. Die halten. Und die Bojen machen alle einen neuen Eindruck. Was mit den Bojensteinen ist kann natürlich niemand sagen.

Und dann ab in die Stadt, was nicht weit ist. Die ist in den meisten Teilen sehr schön, viele alte Holzhäuser, Parks und immer wieder Einblicke in urgemütliche Höfe mit vielen Blumen. Viele Stadtszenen der Pipi-Langstrumpf-Filme sind hier gedreht worden.

Mitten drin steht eine beeindruckende und sehr alte Kirche. Darin hängt eines der schönsten Votivschiffe, die wir entlang den Küsten gesehen haben.

Wer stiftet heute noch seiner Gemeinde ein Modell seiner X, Bavaria oder Comfortina als Dank für die sichere Heimkehr. Und welcher Pfarrer würde das aufhängen?

Logbucheintrag: Schwägerin geht von Bord. Ab heute wieder 2-Personen-Crew.


22. August - Figeholm (once again)

Vier Tage Sauwetter in Västervik. Wenn es nicht geregnet hat, dann Südwind mit 6 Bft und mehr. Beides macht keinen Spaß, wenn man durch diese engen Fahrwasser nach Süden will. Also erst mal ausgiebig Stadt ansehen und dabei tolle Sachen finden. Alte Bootsmannshäuser, die man jetzt als Tourist mieten kann, ein altes Gefängnis, das jetzt Hotel ist und in dem man in Original-Zellen übernachten kann.

Und dann doch West bis Südwest, und wir können endlich wieder segeln. Südlich von Västervik ist die Landschaft super, vorbei an Sparö mit seiner riesigen Bake. Hier begegnen uns noch zwei deutsche Boote auf dem Weg nach Norden – beides Einhandsegler. Der eine ist auf Rufweite und meint, er wolle noch 14 Tage nach Norden und dann zurück. Nein, kein Rentner, er war ungefähr 40. Erst südlich von Simpevarp ist das Fahrwasser dann so eng und verwinkelt, dass hier Segeln unmöglich wird. Motor an.

In Figeholm selber ist noch deutlich mehr los, als im Frühsommer. Die Hälfte der Gastlieger sind Deutsche auf dem Weg nach Hause. Der Kalmar-Sund ist aber auch der Flaschenhals, durch den alle durch müssen.

Und dann stellt sich heraus, dass dieses Wochenende hier noch eine Regatta stattfindet, deswegen die vielen Schweden. Die Vorbereitungen dazu stellen sich dann als mittlere Katastrophe dar. Erst rutscht ein älterer Segler mit dem Takelmesser ab, schneidet sich die Handvene durch und eine halbe Beugesehne ab, glücklicherweise nicht die Arterie. Da war erst mal ein Druckverband nötig, anschließend sehr bestimmtes Auftreten, damit der Herr sich ins Krankenhaus bequemte. „Blutet doch nicht mehr“. Er wollte segeln. Dann läuft eine einheimische Wasa 39 (etwas sehr Schnelles) unmittelbar nach dem Segelsetzen praktisch direkt hinter seinem Liegeplatz auf einen Felsen und rührt sich nicht mehr. Musste von der Küstenwache freigeschleppt werden, alle anderen waren zu schwach. Still afloat, aber mit Regatta war nun nix.

Ansonsten ist Figeholm wie immer: Ein sehr, sehr angenehmer Hafen.


24. August - Sandvik auf Öland

Schöner Wind ist heute angesagt: Südwest so um die 4 Bft. Das passt ganz prima für Sandvik an der Westküste von Öland. Mal kurz an einigen Tönnchen vorbei in der Einfahrt zu Figeholm, dann ist man draußen, und mit 150° geht's an der Blauen Jungfrau vorbei nach Sandvik. Das Ganze entpuppt sich als Anlieger und ist sehr schnell.

Na ja, immer nur Schärensegeln ist auch nicht gut. Hin und wieder mal ein Stück geradeaus wie heute geht auch. Sandvik ist fast leer. Der Hafen ist recht groß, aber bei westlichen Winden stark schwellbelastet. Und an der Mole, an der das am wenigsten ausmacht, ist jede Boje besetzt. An Land, wo das Dörfchen sehr touristisch ausgerichtet ist, sind bereits alle kleinen Geschäfte dicht. Nur die Hälfte der Gastronomie hat noch offen. Es wird Herbst.

Öland selber bietet ja nicht sehr viel. Im Wesentlichen ist das karge Ebene mit vereinzelten Steinbrüchen, deshalb bleiben die Fahrräder drin und wir machen Lesetag. Bald soll die Tiefdruckzugbahn so werden, dass nördliche Winde kommen. Dann machen wir Strecke. Inzwischen haben wir immer mal wieder einen kleinen Schnack mit zwei Schweizern auf einer HR 29 nebenan, die nach 12 Jahren Ostsee jetzt den Landtransport des Bootes in den Genfer See organisieren. Die Örtlichkeiten zum Kranen variieren stündlich zwischen Västervik, Kalmar, Greifswald und Flensburg (Nein, wir nehmen keine Wetten an).


25. August - Borgholm

Eigentlich wollten wir gar nicht los, aber dann passt am Mittag die Windrichtung plötzlich so gut, und so sind wir mal schnell die 15 sm nach Borgholm runter.

Dieses Städtchen hatten wir gar nicht in so guter Erinnerung, weil wir hier mal zur Hochsaison waren, und das auch noch am Samstag. Damals war der Hafen ziemlich leer, und das fand meine Frau schon beim Einlaufen komisch. Nee, ist doch gut, so viel Liegeplatzauswahl!.

Aber am frühen Abend ging es dann los: Ein Motorboot nach dem anderen jeder Größe rauschte herein, spuckte eine Unmenge Leute aus, und an Land ging die Party los. Im nahegelegenen Hotel, unter Zelten im Park, in Restaurants und an Imbissbuden - überall wurden die Verstärker aufgedreht, Techno und dröhnende Bässe bis in den frühen Morgen.

Heute (Montag, Nachsaison) ist hier absolut nichts los. Alles schlendert gemächlich herum, der eine oder andere Segler läuft ein, und in dem Städtchen ist es richtig gemütlich. Wer sagt's denn. Borgholm ist in der Nebensaison also ein echter Tip.

Das Hafenmeisterbüro ist zu, man soll sich im Hotel "Strand" anmelden. Gesagt, getan. Kostet SEK 180,-- Nachsaisonpreis incl. Strom, Sauna, Schwimmbad, Whirlpool und Fitnessraum im Hotel. Das ist angemessen. Abends in der Sauna kommen wir uns etwas verloren vor. Das ist ein Riesen-Ding mit drei Etagen und hochmodernem Auto-Aufguss-System ohne Steine. Plötzlich klappert die Tür wie im Taubenschlag und Einer nach dem Anderen kommen rund 20 junge Leute rein (die passen rein!), alle Mädels mit Traumfigur, die Jungens breitschultrig mit Waschbrettbauch: Das sind die Teilnehmer an einem Casting für eine Modezeitschrift hier im Hotel. Und ich sitz da ohne Haare, der Rest hellgrau, knappe 90 kg auf der Waage. Na ja, wenigstens sehen die trotz ihrer Solarien gegen uns recht blass aus.


26. August - Noch mal Kalmar

Wer aus Borgholm raus will nach Süden, der muss erst mal einen Bogen nach West fahren. Eng stehende gelbe Tonnen unterhalb der Festung Borgholm signalisieren ein Sperrgebiet, zwei unauffällige, aber starke weiße Motoryachten fahren darin ziellos herum. Da wohnt der König, der hat dort sein Sommerhaus.

Aber danach hat man freie Fahrt und wir auch und eigentlich war das richtig schönes Segeln. Doch dann: Wind weg, dräuende Wolken, und nix war's mit einem langen schlag gen Süden, sondern, weil gerade in der Nähe, gleich hinter der Ölandsbron Verkrümeln in Kalmar.

Und schon ging das Gepladder los, garniert mit etwas Gewitter und permanenten Winddrehungen.

In Kalmar trifft sich der ganze Zug der "Graugänse". Das sind ergraute Segler, die im Frühjahr nach Norden ziehen und im Herbst wieder zurück. Viele Deutsche, Holländer, Briten, vereinzelt auch Franzosen. In der Sauna wird dann erzählt, wo man so war: Haparanda und zurück, "Einmal um den Ententeich", was bedeutet Polen, Baltikum, Finnland und retour, Saimaa-See usw. Gemeinsamkeit: Jetzt erst mal nach Hause und Boot wieder in Ordnung bringen. Es gibt ja so manchen Verschleiß.


30. August - Ystad

Von Kalmar aus ging’s in bekannte Gegenden. Zuerst in rauschender Fahrt voll und bei den Kalmarsund runter bis nach Utklippan. Hier waren überraschenderweise große Motoryachten in der Überzahl: 4 :3. Erst mal waren die Segler aber noch unter sich.

Laut war es dann am Nachmittag auch noch. Erst der Donner schwerer Geschütze, dann Flugabwehr – Das ist eben die Hanöbucht mit ihren verschiedenen Schießplätzen und dem großen Marinehafen Karlskrona. Draußen konnte man Fregatten hin- und herrauschen sehen, beim Einlaufen nach Utklippan hatten wir Nahkontakt mit einem U-Boot.

Den nächsten Tag mit strahlender Sonne haben wir komplett auf den Felsen verdöst.

Aus Rache blieb der Wind am Tag darauf nur knapp bei 2 Bft, und wir mussten mit „Hybridantrieb“ nach Simrishamn. Beim Auslaufen letzte Grüße von den einheimischen Robben:

2 Bft raumschots können 6 Tonnen nicht bewegen, aber wenn die Schraube ein klein bisschen mitschiebt, so 1.200 U/min, und so ein klein bisschen Fahrtwind erzeugt und so den scheinbaren Wind ein klein bisschen verstärkt und vorlicher kommen lässt, ja dann kommen eben doch 4 ½ Knoten zustande.

Simrishamn ist um diese Jahreszeit schon fast ausgestorben, selbst der Hafenmeister ist weg. Und schließlich mit ständig hinterher drehendem Wind rund um Sandhammaren nach Ystad. In dem Hafen hat sich allerhand getan. Die alten, halb abgesoffenen Schwimmstege mit ihren Heckpfählen aus Eisenbahnschienen sind einer modernen Schwimmsteganlage gewichen mit verschieden breiten Auslegerboxen. Hier kann man jetzt sehr komfortabel liegen, allerdings quietschen die Ausleger mächtig, wenn Schwell in den Hafen kommt. Und Schwell ist bei Südwinden in Ystad eigentlich immer.

Einen besonderen Gag enthält die Gebührengestaltung: Sauna ist kostenlos in der Liegegebühr enthalten. Toll! Aber die Dusche nach der Sauna geht nur mit Tally-Card. Schlau, nicht? Ähnelt ein bisschen dem alten Witz aus der Schulzeit über die billigste Disko der Stadt: Eintritt frei! Wer raus will, zahlt DM 5,--.

Macht nix. Ystad ist sehr schön, lädt zum gemütlichen Bummeln ein in den Gassen zwischen den alten Häusern.


2. September - Skanör

Großartiger Segeltag! Die ganze Zeit Nordost, zum Schluss Ost, immer so mit 4 oder 5 Bft, dazu Sonne satt. Und die Wetterkarte sagt, dass das jetzt erst mal so bleibt. Also ist ein kleiner Umweg über Skanör fällig.

Skanör ist ein sehr schönes Plätzchen. Freie Aussicht auf den Öresund bis zur Brücke und runter bis Mön, draußen nur noch wenige Segler, dafür Massen von Frachtschiffen.



Der Hafen ist sehr gut ausgestattet und perfekt gegen Schwell von außen geschützt. Aber erst die Umgebung! Das ist absolut sehenswert mit den hohen Dünen, den langen Stränden und den schönen Häusern im Ort, teilweise regelrecht herrschaftliche Villen von der Jahrhundertwende. Dafür braucht man allerdings Fahrräder, aber die gibt's kostenlos beim Hafenmeister.

Auf einer Tour in den Süden kann man dann die vielen kleinen Strandhäuser bewundern.

Dahinter gibt es dann auch noch eine Menge merkwürdig herumlaufende Menschen: ein Golfplatz. Und ganz im Süden beim Leuchtturm dann eine größere Zahl merkwürdig herumstehender Menschen mit starrem Blick gen Norden: Vogelliebhaber in Erwartung der Zugvögel, bewaffnet mit enormen Spektiven auf Stativ und den entsprechenden Fotoapparaten.


4. September - Stubbekøbing

Super Wetter heute. Keine Wolke, 5 Bft aus Ost. Da wird das ursprüngliche Ziel Klintholm rasch verworfen, weil wir dort schon 13:00 festmachen würden. Stattdessen geht es gleich mit fast ständig 8 kn rüber in den Grönsund und nach Stubbeköbing.

Dort aber warten die Überraschungen: Eine Box nach der anderen im Yachthafen erweist sich als versandet. Wir bleiben jeweils in der Mitte der Box stecken, und zwar in den Hafengebieten, die mit 2,30 m Tiefe ausgewiesen sind (wir haben 1,90m). Das wird hier nix, also rüber in den Fischereihafen, aber auch dort sitzt man in den paar Gästeplätzen mit Heckpfählen auf. OK, dann eben längsseits an die innere Kaje.

Dort steht ein Typ mit Fahrrad, der sich als Hafenmeister entpuppt, meint, dass das hier nicht für uns wäre und schickt uns an die Kaje an der Mole vor einen Fischer. Machen wir. Und wie wir da längsseits stoppen, böse Überraschung: Keine Ringe, keine Klampen, keine Poller, nichts. Erst mal also das Schiff sozusagen in der Hand halten. Festmacheringe waren dann doch da, aber unter größeren Müll- und Gerümpelhaufen. Und schon steht der Hafenmeister da, begrüßt uns und hält ein EC-Karten-Lesegerät in der Hand. Du kriegst die Krise: Wir haben noch nicht alle Leinen fest, der Motor läuft noch, die Fender sitzen nicht an der richtigen Stelle, und der Herr will kassieren.

Also, das ist jetzt unser Geheimtip: Unbedingt nach Stubbeköbing. Spitzenservice! Aber immerhin sind wir schon in Dänemark. Es ist nicht mehr weit bis zur Schlei.


5. September - Omø


So viele Jahre in der westlichen Ostsee gesegelt, und noch nie in Omø gewesen. Aber jetzt! Von Stubbeköbing liegt das genau in der richtigen Distanz. Unterwegs schiebt der Strom noch ganz gewaltig mit, zeitweise mit 2,5 kn.

Wir finden ein ausgesprochen nettes Inselchen vor. Original dänisch. Der Hafen ist vielleicht etwas nichtssagend, aber gut einen Kilometer weiter das Dorf strahlt die typische dänische Hyggeligkeit aus. Hunde liegen auf der Straße in der Sonne, Hühner flattern im Sand herum und ein alter Mann füttert Enten, das alles zwischen mehr oder weniger gut erhaltenen Fachwerkhäusern mit Reetdach.

Im Süden kann man weit laufen bis zum Leuchtturm, in dessen Umgebung die Leute hier tatsächlich Deiche gebaut haben. Manchmal kann also offenbar auch in diesen geschützten Gewässern die Ostsee die Zähne zeigen.

Nochmal zum Hafen: Der ist etwas anders zum Anlegen. Erstens gibt es pro Boot nur einen Pfahl, und die stehen sehr weit auseinander (Prinzip „Schleimünde“), und zweitens stehen die Pfähle höchstens 9 m vom Steg weg. Das heißt, Achterleine reicht nicht, man muss auch schon eine Spring parat haben.


6. September - Marstal

Das war ein Segel-Abschiedsgeschenk vom Feinsten vom sonst so launischen Wetter. Zwar schlechte Sicht, aber Südost 4 Bft, und ab ging die Post Nord um Langeland rum und dann runter nach Rudköbing.

Dort allerdings wurde das genau in der engen Rinne beim Rifbjerg Grund zum Anlieger. Entgegen kam eine Hanse 420 raumschots auf Backbordbug, allerdings auf der westlichen (aus seiner Sicht also linken) Fahrwasserseite. Ich konnte gerade meine rechte Seite halten und zwar auf Steuerbordbug, und so fuhren wir aufeinander zu. Noch hatte ich das Vertrauen, dass der mein Kneifen erkennt und auch ein bisschen was weiß über die Regelungen der KVR in engen Fahrwassern, also zog ich immer noch ein bisschen weiter nach StB, er aber nach Bb. OK, Manöver des letzten Augenblicks: Aufschießer. Da stehe ich mit killenden Segeln im Wind und quer im Fahrwasser, hinter mir rauscht die Hanse durch, am Ruder ein grinsender Skipper. OK, der hatte es gerade dem Tolpatsch mal so richtig gezeigt. Backbordbug vor Steuerbordbug, gell? Kein Däne übrigens, Deutscher.

Weiter nach Marstal, Dort sehen wir von Norden in Richtung Hafen laufend mit richtig Brassfahrt unter Segeln, wie eine Bavaria, die vorher gemütlich nur unter Motor die Rinne von Südosten hochgedackelt kam, plötzlich eine schäumende Bugwelle kriegte. Offenbar hatte der ein Wettrennen zur Hafeneinfahrt beabsichtigt, das wir aber um etwa 4 Bootslängen gewannen. Das war für unseren Bavaria-Freund aber nix, so hinter uns her in den Hafen zu fahren. Hebel auf den Tisch, und mit sage und schreibe 6 kn und einem Abstand von tatsächlich nur 2 m zu unserem Heck im Hafen Marstal hinter uns hergebrettert. Das war zu gefährlich: Wir Genua eingerollt, Groß dichtgenommen, rechts ran - der Herr (ein Deutscher) durfte vor uns anlegen.

Wir dann aber auch, traditionsgemäß am Rondell an Steg 10 - ein herrlicher Platz mit toller Aussicht auf die Strandhäuschen und extrem kurzem Weg zum Strand. Bin gerade noch beim Regulieren und Festmachen der Luvvorleine, da schiebt sich ein Hintern in mein Blickfeld, zu dem zwei Beine gehören, die über meiner Leine grätschen. Ich blicke auf, und da fummelt einer an seinem E-Stecker, der in dem Pfosten direkt neben meiner Klampe steckt. Ob er nicht warten könne, bis ich mein Boot festgemacht habe? Nein, meint er, er müsse sein Kabel retten, weil das sonst durch meine Leine beschädigt würde. Sprach‘s, und zog sein ganzes Kabel durch die Klampe, während ich da stand und mein Schiff frei in der Hand hielt. Super nett! Hatte übrigens denselben Clubstander wie wir in der Saling.

Willkommen in Deutschland also. Drei Erlebnisse an einem Tag, die wir so in 4 Monaten nirgends hatten. Wir haben dazu übrigens vor einiger Zeit mal einen Nachtrag zu dem großen zoologischen Nachschlagewerk „Brehm’s Tierleben“ erdacht:

Gemeines graues See-Ekel

Vorkommen: deutsche Küstengewässer

Besondere Merkmale: Zeichnet sich durch ein durchgängig asoziales Verhalten aus und durch ausgeprägte Egozentrik.

Nun aber Schluss mit Sarkasmus und nochmal zu Marstal: Ein tolles Städtchen mit einem sehr, sehr guten Hafen. Schöne, alte Gassen, Pubs, Eisdielen, ein super Strand. Man sollte sich aber auf den Besuch dort vorbereiten, und das geht am besten mit einem Buch: „Wir Ertrunkenen“ von Carsten Jensen. Das ist die romanhafte Geschichte von Marstal – toll.


7. September - Kappeln (Ende der Reise)

Was für ein Nebel am Morgen beim ersten Kopf-aus-dem-Niedergang-stecken. Man kann gerade zwei Stege weit gucken. Also erst mal Kaffee kochen und wieder in die Koje. Gegen 9 wird es dann heller, und siehe da, man kann schon die Mole sehen und die Strandhäuser. Sieht mystisch aus.


Dann also los zur letzten Etappe trotz minimalem Wind, und der auch noch aus West. Aber das lässt sich alles überraschend gut segeln, aus der erwarteten Kreuz wird wegen ständig raumendem Wind nicht, und so erreichen wir Schleimünde nach einem 20 sm langen großen Bogen durchs Wasser.

Ach, der arme Leuchtturm, wie sieht der denn aus?! Aber die Klinkerarbeiten im unteren Teil lassen erahnen, dass der nächstes Jahr ganz schön sein wird.

Weiter die Schlei hoch, jetzt mit Motor als Mitglied der bekannten Prozession, pünktlich die Brücke in Kappeln erreicht - und fest. Hier geht's ins Winterlager, am Donnerstag wird gekrant. Die Kinder sind schon da mit dem Bulli. Auf zum großen Ausräumen - Holla, da hatten wir doch noch eine Flasche Calvados. Wo kommt die denn her? Und wer hatte diese Unmengen Schokolade gebunkert? Nächstes Jahr wird alles besser. Das war sie, die erste große Reise. Ganz anders, als erwartet, aber schön und spannend bis zuletzt.

Zu Hause dann noch in der Zeitung - sehr passend - der folgende "Hägar":